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UroSkop: KHVVG-Kabinettentwurf wirft urologische Belegärzte aus der stationären Versorgung heraus

Am Parlamentarischen Abend der DGU referierten (v.l.) Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel, Johanna Sell, BMG-Abteilungsleiterin, sowie DGU-Präsident Prof. Jürgen E. Gschwend. Foto: Runkel

UroSkop: KHVVG-Kabinettentwurf wirft urologische Belegärzte aus der stationären Versorgung heraus

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Erschienen in: UroForum

Zugegeben, es ist kompliziert: § 135e Abs. 4 Satz 3 Nr. 7 SGB V des Gesetzentwurfes zur Krankenhausreform schließt in Verbindung mit einer Anlage aus, dass urologische Belegärzte die Anforderungen der Leistungsgruppe Urologie erfüllen. Bis jetzt bleibt dieses Privileg vier nicht urologischen Arztgruppen vorbehalten – eine Art Berufsverbot also für Urologen. Die Aufregung bei DGU und BdB ist verständlicherweise riesig.

Worum geht es? Am 27. Mai schrieb der Bundesverband der Belegärzte und Belegkrankenhäuser (BdB) einen Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sowie an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Trotz vieler positiver Bekundungen zur Überwindung der Sektorengrenzen im Gesundheitssystem lauere im Kabinetts-Entwurf des KHVVG ein für viele Belegärzte tödlicher Passus. „Diese Hürde (im KHVVG, d. Red.) betrifft die neu geschaffene Regelung in § 135e Abs. 4 Satz 3 Nr. 7 SGB V in Verbindung mit der Anlage 1 zum Gesetzentwurf `Qualitätskriterien für bestimmte Leistungsgruppen´. … Der § 123 e Abs. 4 Satz 3 Nr. 7c SGB V stellt klar, dass `Anforderungen an die personelle Ausstattung auch durch Belegärzte erfüllt werden können, sofern dies in der Tabelle der Anlage 1 vorgesehen ist´“.

Am Parlamentarischen Abend der DGU referierten (v.l.) Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel, Johanna Sell, BMG-Abteilungsleiterin, sowie DGU-Präsident Prof. Jürgen E. Gschwend. Foto: Runkel
Am Parlamentarischen Abend der DGU referierten (v.l.) Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel, Johanna Sell, BMG-Abteilungsleiterin, sowie DGU-Präsident Prof. Jürgen E. Gschwend.

Aussagen zu urologischen Belegärzten fehlen

Der Haken: Unter 65 Leistungsgruppen wird nur für ganze vier formuliert, dass die Verfügbarkeit auch durch vertragliche Regelungen mit Belegärzten erbracht werden kann. In allen übrigen Leistungsgruppen gebe es dazu keine Aussage. „Unter Berücksichtigung der textlichen Regelung (…) bedeutet dies aber, dass alle übrigen Leistungsgruppen nicht durch Belegärzte erbracht werden dürfen, da ein Belegkrankenhaus die Anforderungen an die personelle Ausstattung nicht erfüllt, wenn es in der Tabelle nicht vorgesehen ist. Diesen Sachverhalt bitten wir zu überdenken, da dies bedeuten würde, dass belegärztliche Leistungen zukünftig nur noch in den Leistungsgruppen Augenheilkunde, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Frauenheilkunde und Hals-Nasen-Ohren möglich sind“, warnt der Belegärzte-Verband.

BMG-Abteilungsleiterin rudert zurück

Eine gute Woche später fand der Parlamentarische Abend der Deutschen Gesellschaft für Urologie in den Räumen der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin statt. Es ging um das „deutsche Gesundheitssystem in Veränderung – Chancen erkennen und Risiken benennen“. Riskant ist der KHVVG-Entwurf in der Tat für die verbliebenen 370 urologischen Belegärzte, denen eine Art von Berufsverbot droht. Mit Spannung erwarteten der BdB-Vorsitzende Dr. Andreas W. Schneider und DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel daher den Auftritt von Johanna Sell, Leiterin der Unterabteilung 21 für Gesundheitsversorgung und Krankenhauswesen im Bundesministerium für Gesundheit.

„Ich kann nachvollziehen, dass die Regelungen
an dieser Stelle derzeit zu scharf sind“,

räumte Sell am 4. Juni in Berlin ein. „Ich muss der Fachgesellschaft recht geben, dass dies so streng normiert ist, dass die Qualitätskriterien tatsächlich nur in den vier Leistungsgruppen durch Belegärzte erfüllt werden können. An der Stelle prüfen wir, wie wir das korrigieren können.“ Die falsche Schärfe des Entwurfs habe sich aus der Übertragung des NRW-Plans in das Gesetz ergeben. „Wir sind bemüht, dafür im parlamentarischen Verfahren einen Lösungsweg zu finden. Es soll geregelt werden, dass Belegärzte auch außerhalb dieser vier Leistungsgruppen berücksichtigt werden können“, versprach BMG-Abteilungsleiterin Sell.

Zwar sei es urologischen Belegärzten grundsätzlich immer gestattet, dort zu behandeln, wo die Leistungsgruppe Urologie zugewiesen worden sei. Aber: „Ohne die Leistungsgruppe Urologie an einem Krankenhaus kann es auch keinen urologischen Belegarzt geben. Der Belegarzt zählt nach aktuellem Entwurfstand in der Urologie nicht für die Erfüllung der Qualitätskriterien. Das wollen wir aber noch ändern.“

BMG bekräftigt Korrektur-Zusage

Zwei Tage nach dem Parlamentarischen Abend fand eine Videokonferenz statt, an der Dr. Doris Wilke für das Bundesgesundheitsministerium und Dr. Andreas W. Schneider sowie BdB-Vorstand Marcus Fleischhauer, Sektion Belegkrankenhäuser, teilgenommen haben. „Hauptdiskussionspunkte“ waren die mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen des derzeit kursierenden Entwurfes des KHVVG. „Sie konnten nachvollziehen“, so fasste Dr. Schneider danach zusammen, „dass der derzeitige Entwurf, der nur noch die Leistungsgruppen Augenheilkunde, HNO, MKG und allgemeine Frauenheilkunde für das Belegarztwesen erwähnt, die existentielle Bedrohung aller anderen nicht erwähnten Leistungsgruppen bedeuten würde. Dies stünde im krassen Gegensatz zur Versicherung des Bundesgesundheitsministers Prof. Lauterbach, auch weiterhin das Belegarztwesen zu fördern.“ Sowohl Frau Sell zwei Tage zuvor beim Parlamentarischen Abend der DGU in Berlin als auch Dr. Wilke hätten dem Verband zugesichert, die entsprechende Tabelle nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Der Belegärzte-Verband hat seinerseits vorgeschlagen, die Formulierung in § 135e SGB V in der Form zu ändern, dass grundsätzlich Leistungsgruppen auch durch Belegärzte erbracht werden können; die Mindestanzahl der Vollzeitäquivalente entspräche dann jeweils der Anzahl der vertraglich eingebundenen Belegärztinnen und Belegärzten. Alternativ wäre die Tabelle zu ergänzen, sodass Belegärzte auch für alle weiteren, relevanten Leistungsgruppen akzeptiert würden.

„Tischvorlage“ zeigte Auswege auf

Tödlich für das Belegarztwesen, so der BdB in einer Tischvorlage für das BMG, sei auch der Erlaubnisvorbehalt der KV. Die Vergütung des Belegarztes werde zudem immer unattraktiver, da das Kapitel 36 im EBM nicht adäquat weiterentwickelt werde. „Die attraktivere Vergütung der Hauptabteilung, die auch weiterentwickelt wird, übt einen unwiderstehlichen Sog aus und verdrängt den Belegarzt. Die alternative Vergütung nach §121 Abs. 5 SGB V (Honorarbelegarzt) ist aufgrund des 20%-Abschlags nach §18 Abs. 3 KHEntgG wirtschaftlich nicht umsetzbar.“

Honorarverträge nach § 121 Abs. 5 SGB V seien daher aufgrund der pauschalen Vergütungsminderung von 20% in § 18 Abs. 3 KHEntgG kaum möglich. Honorarbelegarztverträge seien wirtschaftlich nicht für Krankenhäuser umsetzbar, da neben der Vergütung des Belegarztes auch alle anderen ärztlichen Leistungen wie z.B. Labor, Radiologie, OP-Kosten usw. komplett durch das Krankenhaus getragen werden müssten – wie für jede Hauptabteilung auch. Die Minderung der normalen Hauptabteilungs-DRG um 20% sei wirtschaftlich nicht rentabel. Daher hätten die Krankenhäuser nur die Alternative der Umwandlung in eine Hauptabteilung mit angestellten Ärzten.

Sollte die pauschale Reduktion der Hauptabteilungs-DRG von 20% in § 18 Abs. 3 KHEntgG entfallen, sei der Honorararztvertrag für belegärztliche Leistungen eine gute Lösung, die auch zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Belegärzten sowie Krankenhäusern führen würde.

Höchste Zeit zu handeln

Nackte Zahlen verdeutlichen, dass Gefahr im Verzug ist im deutschen Belegarzt-System. Gab es 2012 laut Bundesarztregister und KBV noch 5.628 Belegärzte, so waren es 2023 nur noch 3.515, davon 370 in der Urologie. Viel Luft nach unten ist nicht mehr. Die Politik muss jetzt handeln.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum

Bildquelle:© Runkel

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