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UroSkop: BvDU vollzieht nach internem Streit Kehrtwende bei der GOÄ

BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa lobte in der DGU-Pressekonferenz die bessere urologische Vergütung in der neuen GOÄ. Foto: BvDU

UroSkop: BvDU vollzieht nach internem Streit Kehrtwende bei der GOÄ

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Erschienen in: UroForum

In der DGU-Pressekonferenz hatte BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa die Neufassung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gebilligt und die ambulante Urologie als Gewinner bezeichnet: „Die Vergütung würde besser werden.“ Sieben Tage später teilte der Verband dann in einer Pressemitteilung überraschend mit, der BvDU habe seine Beurteilung verändert. Dazwischen lagen eine emotional erregte Mitgliederversammlung und eine denkwürdige Sitzung des Hauptausschusses auf dem DGU-Kongress.



BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa lobte in der DGU-Pressekonferenz die bessere urologische Vergütung in der neuen GOÄ. Foto: BvDU
BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa lobte in der DGU-Pressekonferenz die bessere urologische Vergütung in der neuen GOÄ.

Der Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologie (BvDU), Dr. Axel Belusa, trat in der DGU-Pressekonferenz am 25.09. ans Rednerpult. In seinem berufspolitischen Statement sprach er auch die neue GOÄ an. Derzeit sei eine sehr emotional geführte Debatte um die GOÄ-Novelle im Gang. Am 12. September wurden die Verbände und Fachgesellschaften über diesen mit der PKV abgestimmten Entwurf inklusive sämtlicher Leistungen und Preise informiert. Nach 13 Tagen Zeit zur Prüfung kam der Berufsverband am 25.09. vor der Presse zu einer eindeutigen Einschätzung.

„Ambulante Urologie … würde zu den Gewinnern zählen.“

„Am Ende sind wir als BvDU für die ambulante Urologie zum folgenden Ergebnis gekommen. Es ist eine völlig neue GOÄ mit einer vollkommen neuen Struktur. Die ambulante Urologie würde bei Einführung der GOÄ neu zu den Gewinnern zählen. Die Vergütung würde besser werden. Die bisherige Unwucht der Begünstigung radiologischer Fächer bzw. der Laboratoriumsmedizin wird zugunsten der anderen Fächer geglättet. Die gute Lobby-Arbeit von BvDU und DGU hat dazu geführt, dass wir unsere Interessen im Wesentlichen platzieren konnten. Für die Urologie wäre es gut, wenn die GOÄ neu käme“, sagte Belusa. Der BvDU-Vorstand hatte geprüft und stimmte der GOÄ neu zu. Belusas Schlusswort war klar: „Es wäre gut, wenn die Ärzteschaft geschlossen hinter dem Präsidenten der Bundesärztekammer steht und gemeinsam für diese neue Gebührenordnung kämpft.“ Der Vorstand des BvDU verlangte also Gefolgschaft.

Einen Tag später, am 26.09., war alles Makulatur. Im Congress Center Leipzig fand die Mitgliederversammlung des Berufsverbands statt. Wie UroForum von Teilnehmern erfuhr, entpuppte sich die Diskussion um die neue GOÄ und ihre Auswirkungen auf die Urologie als verbandsinternes Desaster. Alles lief aus dem Ruder. In der aufgeladenen Versammlung brachen negative Emotionen los, sodass die eigentlich unter „Verschiedenes“ angesetzte GOÄ-Diskussion zum Highlight der Versammlung wurde. Als sich der Hauptausschuss des BvDU am Folgetag (27.09.) traf, hatten sich die Wogen keineswegs geglättet, sondern es ging munter weiter.

Wiederum wurden die Folgen der neuen Gebührenordnung für die Urologie emotional und negativ erörtert. Im Gegensatz zur Mitgliederversammlung soll es nach Informationen von UroForum eine Abstimmung über die GOÄ neu gegeben haben. In den kommenden Tagen ist das GOÄ-Desaster in den Gremien-Sitzungen des BvDU wohl bei den Verantwortlichen gesackt – man zog die Reißleine. Am folgenden Mittwoch (02.10.) veröffentlichte der BvDU eine Pressemitteilung, die das glatte Gegenteil der Erklärung von Dr. Belusa am 25.09. beinhaltete.

BvDU stimmt der neuen GOÄ aktuell nicht zu

Der Kernsatz lautete: „Unter den derzeitigen Bedingungen und vor einer Klärung der oben genannten Sachverhalte stimmt der BvDU dem BÄK-Entwurf einer GOÄ neu demzufolge aktuell nicht zu.“ Was war passiert? UroForum sprach mit Dr. Holger Uhthoff, der die Regularien der Vorstandsarbeit als ehemaliger Vizepräsident des BvDU genau kennt. Plausibel erscheint folgende Erklärung: „Wenn im Hauptausschuss gegen die GOÄ neu abgestimmt worden sein sollte, müsste sich Dr. Belusa laut Verbandssatzung korrigieren.“

Plötzlich dominierten beim Verband die Zweifel an der GOÄ. „Sowohl die Nachvollziehbarkeit der entscheidungsrelevanten Hintergründe als auch die durch die Bundesärztekammer anberaumte Auferlegung zur Vertraulichkeit der Legende wie die kurze Frist für die Prüfung vor ursprünglich geplanter Vorstellung der GOÄ neu am 9. Oktober 2024 durch die BÄK führten seitens der Ärzteschaft und einzelner Verbände zu einem Proteststurm und teilweise zur Ablehnung des Entwurfes der GOÄ neu.“ Im Unterschied zur kritiklosen Zustimmung in der Pressekonferenz wurden nun plötzlich „deutliche Unterschiede zwischen dem ursprünglichen Regelwerk und der nun durch die BÄK den Verbänden zur Prüfung vorgelegten Version feststellbar, was die Entrüstung weiter befeuerte“.

Aufruhr gegen die GOÄ-Novelle während des DGU-Kongresses

Der DGA-Berufspolitik-Beauftragte Dr. Holger Uhthoff beziffert in der GOÄ neu 40 % Verlust beim PSA-Wert und 60 % Verlust bei der Testosteron-Bestimmung. Foto: BvDU
Der DGA-Berufspolitik-Beauftragte Dr. Holger Uhthoff beziffert in der GOÄ neu 40 % Verlust beim PSA-Wert und 60 % Verlust bei der Testosteron-Bestimmung.

Die folgende Passage spricht dann Bände. Dieser Aufruhr gegen die GOÄ-Novelle sei in der urologischen Ärzteschaft besonders deutlich während des DGU-Kongresses geworden. „Ambulant tätige Kolleginnen und Kollegen haben Existenzängste, die ihren Ursprung in der Sorge um die eigene wirtschaftliche Zukunft in der ambulanten Versorgung findet“, erkannte BvDU-Präsident Dr. Belusa sehr spät. Der Berufsverband teilte der Bundesärztekammer am 02.10. schriftlich mit, dass „innerhalb der durch den Berufsverband repräsentierten urologischen Fachärzteschaft insbesondere deutliche Vorbehalte bezüglich der Plausibilität der Leistungsbewertung bestehen“. Der BvDU-Vorstand erkannte jetzt, dass „die urologische Ärzteschaft eine solide Kalkulationsgrundlage in Form einer zukunftweisenden neuen GOÄ benötige“. Man möchte fragen: Was denn bitte sonst?

Auch sonst schonte die Absetzbewegung des BvDU nun auch die Bundesärztekammer nicht mehr. „Der Unmut und die Unruhe unter den Kolleginnen und Kollegen aller Fachgebiete bis in die Gremien der Landesärztekammern hinein, die aktuell auch medial intensiv vorgetragen wird, ist zum Großteil durch das kommunikative Verhalten der BÄK entstanden“, so der Berufsverband. Die plötzliche Dynamik im Vorgehen und der zeitliche Druck auf die Verbände, eine grundsätzliche Einschätzung abzugeben, werde aus Sicht des Berufsverbands der Bedeutung der dringend notwendigen GOÄ-Novellierung in keinerlei Weise gerecht.

Teilweise starke GOÄ-Verluste für die Urologie

Was aber steht nun in der GOÄ-Novelle drin? UroForum sprach darüber mit Dr. Holger Uhthoff, mittlerweile Beauftragter für Berufspolitik im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (DGA), der die neue GOÄ nach eigener Aussage „sehr genau kennt“. „Der Paragrafen- und der Bewertungsteil der GOÄ neu müssen getrennt betrachtet werden. Im Paragrafenteil gibt es das Problem der fehlenden Steigerungsoptionen. Eigentlich stimmt das aber gar nicht“, betont Dr. Uhthoff im Gespräch mit UroForum. Es gebe einen nicht unterschreitbaren Betrag. Allenfalls bei bestimmten Beamten-Sondertarifen (Beihilfe-Patienten) sei eine Unterschreitung möglich, aber sonst nicht. „In der Relation zur alten GOÄ entspricht der Normalsatz dem 2,3-fachen Satz.“ Der Urologe könne aber zum Beispiel den dreifachen Satz einer Gesprächsleistung in Rechnung stellen.

„Nach dem Modell der Abdingung zahlt der private Versicherer den Regelsatz und der Versicherte den überschießenden Betrag aus eigener Tasche. Eine Steigerung ist also grundsätzlich noch möglich, aber nur noch im Rahmen der Abdingung. Das ergibt Diskussionen mit dem Patienten, die es in der Form in der alten GOÄ nicht gibt“, erläutert Dr. Uhthoff. So sei die fehlende Steigerungsoption selbst dann ein Problem, wenn der Urologe den Umweg über die Abdingung einschlage.

Nur noch gut 12 Euro für die PSA-Bestimmung

Negativ schätzt Dr. Uhthoff dann aber die Preise der neuen GOÄ für urologische Leistungen ein. „Die Bewertung der Gebührenordnungsziffern zeigt für den PSA-Test, dass die neue GOÄ eine Abwertung von knapp 40 % bedeutet. Der PSA-Test wurde in der alten GOÄ mit dem Faktor 1,15 gesteigert und ergab dann 20,11 Euro“, teilte Dr. Uhthoff mit. Die GOÄ neu ergäbe bei 40 % Reduktion nur noch eine Vergütung des PSA-Tests von gut 12 Euro. Beim Testosteron-Wert sieht es noch schlimmer aus. Hier beträgt die Abwertung der GOÄ neu sogar 60 %. „PSA- und Testosteron-Bestimmung sind zwei Parameter, die wir im Rahmen des urologischen Präsenzlabors täglich bestimmen. Für den PSA-Test im Rahmen der erweiterten Krebsvorsorge ist das ein herber Einschnitt“, unterstreicht Dr. Uhthoff.

Die Zystoskopie als endoskopische Leistung sei nur ungefähr auf EBM-Niveau vergütet. Die operativen Leistungen sind etwa gleich bewertet. Die Gesprächsziffern und die Sonografie sind laut Dr. Uhthoff die einzigen Leistungen, die etwas besser bewertet sind. Das Gesamturteil macht nachdenklich: „Wir haben in einer GOÄ, die seit fast 30 Jahren nicht mehr an Preissteigerungen angepasst wurde, teilweise signifikante Verschlechterungen des Punktwerts und teilweise leichte Verbesserungen. Es kann aber eigentlich nicht sein, dass ich einen Patienten bis zum Exzess sinnlos sonografiere, um auf das Vergütungsniveau der alten GOÄ zu kommen.“

Die neue GOÄ verlange eine Behandlung nach der Maxime „Viel reden, wenig Labor, viel Sonografie“, um die Defizite auszugleichen, aber das könne nicht der Sinn einer neuen Gebührenordnung für Ärzte sein. „Wenn ich es geschickt mache, kann ich in unserer Praxis durch das neue Wahlleistungspaket der GOÄ etwa 20 Euro mehr erwirtschaften. Aber wir Urologen wollen nichts durch Tricksereien herausholen, sondern aktuelle, wissenschaftlich korrekte Medizin betreiben“, fordert Uhthoff. Dafür aber sei diese neue GOÄ-Version in keiner Weise hilfreich.

Unterschätzte der BvDU-Vorstand die Stimmung der Basis?

Ob nun Abstimmung im Hauptausschuss oder nicht – die klare 180-Grad-Kehrtwende in der GOÄ-Frage zeigt eines sonnenklar: Dr. Axel Belusa und seine Vorstandskollegen unterschätzten auf fahrlässige oder arrogante Weise die Stimmungslage in der Mitgliederversammlung und im Hauptausschuss. Belusa & Co müssen die Ohren geklungen haben angesichts der Klatsche, die sie erlitten haben. Zugleich ist es jedoch ein ermutigendes Zeichen für die demokratische Kultur im Hauptausschuss, denn die Damen und Herren zeigten dem Vorstand die rote Karte. So viel Vitalität hatte man dem Gremium nach der satzungsbedingten Kastration kaum mehr zugetraut. Es ist ein ermutigendes Lebenszeichen der BvDU-Basis.

Die Haupt-Verantwortung für das GOÄ-Desaster muss man Dr. Axel Belusa zuschreiben. Er ist einerseits Präsident und andererseits Team-Verantwortlicher für die BÄK-Arbeit. Leider ist nicht mit Veränderungen im Verband zu rechnen – mit der Ausnahme des maßlos erhöhten neuen Regelbeitrags von jetzt 499 Euro pro Jahr. Gutes hat eben seinen Preis.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum

Bildquelle:© BvDU

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