Zwei Tage nach dem Uroskop zur neuen Gebührenordnung für Ärzte in der vergangenen Woche hat der Berufsverband der Deutschen Urologie darauf reagiert und seine Sicht der GOÄ neu bekräftigt. Erneut wird der Widerstand eines Teils der niedergelassenen Urologinnen und Urologen einfach ignoriert.
Zunächst ist der bekannte Kommunikations-Reflex bereits bekannt: Alles ist gut, alles ist harmonisch, und am Ende sind UroForum und das Uroskop an allem schuld. „Die Stimmung kocht hoch – kolportierte Spaltung in der Urologie entspricht der jeweiligen Verantwortung der Verbände für die GOÄneu“, schreibt der Berufsverband in seiner Pressemitteilung. Das ist zweifach widersprüchlich. Zum einen ist der Widerstand in der ambulanten Urologie gegen die neue GOÄ keine „kolportierte Behauptung“, sondern entspricht der Realität. Es gibt genügend Stimmen zur BvDU-Mitgliederversammlung und zum Hauptausschuss auf dem DGU-Kongress 2024 in Leipzig, die den Widerstand belegen.
Unterschiedliche Bewertung der GOÄ
Zum anderen bedient sich der Berufsverband dann einer propagandistischen Rabulistik. „Die Bearbeitung der operativen Urologie wurde durch die Fachgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), übernommen. Der BvDU agiert in enger Abstimmung und im Schulterschluss mit der Fachgesellschaft. Entsprechend wurde der Berufsverband über die Positionierung der Fachgesellschaft informiert und sie wurde im Konsens mit dem BvDU getätigt. Eine Längsschnittberechnung eines Falles in der operativen Urologie, beginnend bei der Aufnahme eines Patienten bis zu seiner Entlassung, liegen dem BvDU nicht vor. Längsschnittbewertungen eines Krankenhausfalles von der Aufnahme bis zum Entlassungsbrief beanspruchen Zeit. Sie werden durch die Fachgesellschaft bearbeitet und bewertet“, unterstreicht der BvDU. Wenn also diese wie auch immer geartete „Spaltung in der Urologie der jeweiligen Verantwortung der Verbände für die GOÄneu“ entspricht, dann wirft das Fragen auf.
Entweder ist sich die Urologie als Fachgruppe insgesamt einig oder sie ist es nicht. Die Uneinigkeit ändert ihr Wesen auch dann nicht, wenn sie aus einer „Verantwortung der Verbände“ heraus erfolgt. Uneinig ist man sich auch dann, wenn der eine Verband die ambulanten GOÄ-Leistungen gut findet und der andere die operativen GOÄ-Leistungen nicht so gut findet. Man ist sich halt nicht einig, was übrigens keine Katastrophe ist.
Kontroverse Formen der Einigkeit
Eine wahrhaft steile These vertritt dann BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa. „Unterschiedliche Kapitel der GOÄneu unterschiedlich zu bewerten“, so Belusa, „ist keine Spaltung der Verbände. Ganz im Gegenteil war der Kontakt zwischen Fachgesellschaft und BvDU seit langem nicht mehr so gut wie heute. Die Meinung Einzelner, die grundsätzlich frotzeln, stellt für uns keine erwähnenswerte Nachricht dar.“ Abweichende Meinungen der Urologie, die natürlich aus vielen Einzelgruppen besteht, sind also in der GOÄneu-Frage keine Spaltung, sondern – wie soll man es nennen – eine kontroverse Form der Einigkeit. Mit dem grundsätzlichen Verhältnis von DGU und BvDU, das sich übrigens in der Tat verbessert hat, hat die Einzelfrage GOÄ neu gar nichts zu tun. In leicht beleidigtem Ton stellt Belusa hier Bezüge her, die gar nicht existieren.
Ambulante Urologie kommt in der GOÄneu eher gut weg?
Der zweite Punkt, den ich erwähnen möchte, ist die Bewertung der neuen GOÄ im ambulanten Bereich. „Insgesamt kommt die konservative Urologie eher gut weg im Vergleich zur bestehenden GOÄ. Die durch den BvDU vorgenommenen Längsschnittbewertungen haben gezeigt, dass, bezogen auf die konservative Urologie, ärztliche Leistungen, die in der GOÄneu eine höhere Bewertung erfahren als bislang, die Defizite ausgleichen, die in den technischen Leistungen durch eine niedrigere Bewertung als aktuell, entstehen. Laut Berechnungen der BvDU-Sonder-Arbeitsgruppe „GOÄneu“ kommt die ambulante Urologie, anhand konkreter Werte verschiedener Modellpraxen, im Vergleich zur Honorierung in der bestehenden GOÄ insgesamt eher gut weg“, behauptet der BvDU. Ob Längsschnitt oder Vertikalschnitt oder irgendetwas dazwischen, eine größere Zahl niedergelassener Urologen sieht Verluste beim Labor und unbefriedigende Resultate in der Bildgebung. Die Schnitt-Philosophie des Berufsverbands verfängt da eher mäßig.
Erzwungene Harmonie ist keine Lösung der GOÄ-Frage
Der dritte Punkt betrifft die Kampagne „GOÄneu- so nicht“. Plattformgeber ist die Deutsche Röntgengesellschaft, so der BvDU. „Bei den unterzeichnenden Fachgesellschaften und Berufsverbänden der gemeinsamen Stellungnahme stehen technische Leistungen im Vordergrund und nicht die ärztliche Leistung einer sprechenden Medizin. Dass Tätigkeiten, in denen Maschinen Leistungen übernehmen, in einer GOÄneu schlechter bewertet werden als in der aktuellen GOÄ, ist nicht neu, sondern bekannt. Auch die Urologie ist hiervon betroffen. Dass labortechnische und radiologische Fächer die GOÄneu für ihre Mitglieder ablehnen müssen, ist für den BvDU nachvollziehbar.“ Wenn die Urologie also von technischen Leistungen durchaus betroffen ist, wie der Berufsverband selbst einräumt, sind nach dieser Logik auch ablehnende Haltungen der Fachgruppe doch eigentlich „nachvollziehbar“ und vollkommen normal. Warum der BvDU dann trotzdem eine Uniformität der Fachgruppe mit der Brechstange erzwingen will, bleibt sein Geheimnis.
GOÄ neu oder Bürgerversicherung?
Der letzte Punkt betrifft die gesundheitspolitischen Folgen einer Ablehnung der neuen GOÄ. Hier ist die Verbandsspitze offenbar der Ansicht, dass ein Gesundheitssystem ohne GOÄ neu in die Bürgerversicherung mündet. Die Delegierten des Deutschen Ärztetages „müssen abwägen zwischen dem Nutzen einer GOÄ neu und dem politischen Signal einer Einigung in der deutschen Ärzteschaft und der Ablehnung aufgrund begründeter Kritik.“ Keine Ärztin und kein Arzt könne abschätzen, was im Fall einer Ablehnung der GOÄ neu passieren werde. „Es gibt genügend politische Kräfte, die eine Bürgerversicherung favorisieren.“
Wenn die Wahl zwischen der neuen GOÄ und der Bürgerversicherung besteht, ist die Entscheidung pro GOÄ neu eindeutig und zwingend. Wo aber sind die Belege für diese These? Die Logik bleibt diffus. Die Delegierten des Ärztetags werden in der kommenden Woche entscheiden müssen. Es gibt gute Argumente für die Ablösung dieser antiquierten und insgesamt nicht mehr überzeugenden alten GOÄ, keine Frage! Es gibt aber auch substanzielle Einwände – vor allem in Bezug auf die technischen Leistungen, an denen auch in der Urologie kein Mangel herrscht. Wie immer der Show-down in Leipzig ausgehen wird, die Causa GOÄ neu ist überreif für eine Entscheidung.
Bildquelle:© BvDU/Urologische Praxis Rabenstein
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Ihr
Franz-Günter Runkel
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