Zum Auftakt der neuen Legislaturperiode hat der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Dr. Dirk Spelmeyer, an die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken appelliert, zügig gesundheitspolitische Maßnahmen zu ergreifen. Zur Eröffnung der Borkum-Woche äußerte sich der Urologe vor rund 1.000 Ärzten.
„Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken, gesundheitspolitisch bisher ein völlig unbeschriebenes Blatt, muss nach einer unvollendeten Legislatur unter Karl Lauterbach wesentliche Reformvorhaben innerhalb kürzester Zeit angehen. Mit den Staatssekretären Tino Sorge und Georg Kippels stehen ihr zwei sehr erfahrene Gesundheitspolitiker zur Seite, die gemeinsam mit der neuen Ministerin einen gesundheitspolitischen Neustart wagen müssen. Zu groß sind die Herausforderungen, die besser gestern als heute in Gesetze hätten fließen müssen. Stichworte sind hier die Notfall- und Rettungsdienstreform, eine funktionsfähige Digitalisierung und eine anständige Bezahlung aller Kolleginnen und Kollegen“, unterstrich der KVWL-Vorstandsvorsitzende.
„Auf die genaue Umsetzung kommt es an“
Anders als Lauterbach, der sich vor allem auf seine eigene Expertise verlassen habe, müsse die neue Gesundheitsministerin den Dialog mit den Partnern der Selbstverwaltung suchen. „Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam gesetzliche Anpassungen erarbeiten können, die in der Versorgung spürbare Verbesserungen bewirken. Der zwischen Union und SPD geeinte Koalitionsvertrag liefert im Kapitel Gesundheit und Pflege durchaus gute Ansätze, die zu einer verbesserten ambulanten und stationären Versorgung beitragen könnten. Am Ende wird es auf die genaue Umsetzung ankommen“, betonte Dr. Spelmeyer.
Ganz entscheidend für die gesundheitspolitischen Vorhaben seien die finanziellen Rahmenbedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung. „Beitragssätze können und dürfen nicht ins Unermessliche steigen. Hier muss die Regierung so schnell wie möglich ansetzen. Die noch ungeklärte Frage der Finanzierung wird die Legislatur aller Voraussicht nach entscheidend prägen.“ Einige Punkte aus dem Koalitionsvertrag stimmen Dr. Dirk Spelmeyer derweil positiv: „Die Einführung einer Bagatellgrenze, die Sozialversicherungsbefreiung von Poolärzten oder die Einführung eines Praxis-Patienten-Kontaktes – das sind alles Themen, die wir als KVWL in den vergangenen Jahren massiv vorangetrieben haben.“
Und auch das Thema Patientensteuerung finde in den Plänen der neuen Bundesregierung Berücksichtigung. „Die Implementierung eines verbindlichen Bezugspraxensystem kann bei einer passgenauen Ausgestaltung zu einer verbesserten und vor allem effizienteren Versorgung beitragen.“ In diesem Zusammenhang verwies Dr. Dirk Spelmeyer auch auf das Positionspapier („Baustein für Baustein: Ein starkes Fundament für die ambulante Versorgung der Zukunft“), das die KVWL erst vor wenigen Wochen veröffentlicht hatte.
„Gemeinsam haben wir Vorschläge erarbeitet, die den ambulanten Bereich spürbar verbessern würden. Neben einem Bezugspraxensystem, dass sowohl Hausärzte, Kinderärzte und grundversorgende Fachärzte in die Lage versetzt, Patientinnen und Patienten zu leiten, befürworten wir die voranschreitende Digitalisierung, die Etablierung von Teampraxen und die Reformierung der Vergütungssystematik“, sagte Dr. Spelmeyer. Die KV werde in den kommenden Monaten jede Gelegenheit nutzen, um ihre Ideen in den politischen Diskurs einzubringen.
Bildquelle:© KVWL/Lars David Neill



