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Neue Stiftungsprofessur für seltene Erkrankungen

Computertastatur mit Aufschrift "Seltene Erkrankungen"

Neue Stiftungsprofessur für seltene Erkrankungen

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Erschienen in: pädiatrische praxis

Bei Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen stößt die klassische Medizin oft an ihre Grenzen. Bundesweit sind rund vier Millionen Menschen davon betroffen. Um die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen auszubauen und die Forschung weiter voranzutreiben, hat der Förderverein für Seltene Erkrankungen (FSER) e.V., ermöglicht durch Stifter aus der Region, eine Stiftungsprofessur für seltene Erkrankungen eingerichtet. Zum 01.01.2024 wurde Professor Dr. Dr. Christoph Hammers an das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) berufen. Mit seiner langjährigen Expertise unterstützt er das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSER) am UKR im Bereich der Patientenversorgung und Forschung.

Selbst die Kleinsten können bereits von seltenen Erkrankungen geplagt sein. So zählt Maximilian B. zu den jüngsten Menschen, die am ZSER betreut wurden. Seit seiner Geburt leidet er an einer ausgeprägten Hautrötung am ganzen Körper, kontinuierlicher Schuppenbildung und starkem Juckreiz. Auf der Suche nach der Ursache hatten die Eltern des zehn Monate alten Babys bereits eine ganze Odyssee an Kinderarztbesuchen hinter sich – ohne die erhoffte Besserung und eine genaue Diagnose. Die ersten Lebensmonate des Säuglings waren geprägt von zahlreichen schwereren Infektionen, welche bereits mehrfache Antibiotikatherapien erforderten. Eine mögliche Gedeihstörung, ein verzögertes Wachstum sowie eine mangelnde Gewichtszunahme brachten den kleinen Jungen schließlich an das Zentrum für Seltene Erkrankungen Regensburg.

Dort bestätigte sich schnell der Verdacht auf das sogenannte Netherton-Syndrom, eine seltene Hautkrankheit. »Neben der genauen Diagnosestellung besteht die Schwierigkeit bei seltenen Erkrankungen – wie es die Bezeichnung schon vermuten lässt – darin, dass es kaum oder keine Therapiemöglichkeiten gibt«, erklärt Professor Christoph Hammers, wissenschaftlicher Koordinator des ZSER und Rufinhaber der Stiftungsprofessur. In einer interdisziplinären Fallkonferenz nahmen Expertinnen und Experten der Fachbereiche Dermatologie, Pädiatrie und Humangenetik Maximilians Krankenakte genau unter die Lupe und diagnostizierten das Netherton-Syndrom. Unter Einbezug humangenetischer Befunde und basierend auf wissenschaftlichen Fallberichten, konnte eine innovative Therapie eingeleitet werden. »Dadurch konnten wir die Hautrötungen und den Juckreiz bereits nach kurzer Zeit deutlich zurückdrängen und die Häufigkeit der Infektionen ließ spürbar nach«, so Professor Hammers weiter.

Bestmögliche Versorgung und gesteigerte Lebensqualität als Ziel

Die Lebensqualität möglichst vieler kleiner und großer Patientinnen und Patienten so elementar zu verbessern wie im Falle von Maximilian, ist Professor Hammers ein großes Anliegen. »Von seltenen Erkrankungen spricht man, wenn weniger als fünf von 10.000 Menschen darunter leiden. Bezogen auf die ganze Region Ostbayern erscheinen die jeweiligen Krankheiten da gar nicht mehr so selten. Es gibt zahlreiche Betroffene. Ich möchte, dass diese Menschen und ihre individuellen Belange mehr Sichtbarkeit bekommen! Dafür möchte ich unter anderem die Sprechstunden für Betroffene ausbauen, und individuell auf die Patientinnen und Patienten anpassen sowie an internationale wissenschaftliche Studien anknüpfen und diese weiter vertiefen, damit die Ergebnisse den Patienten so schnell wie möglich zugutekommen können.«

Professor Dr. Mark Berneburg, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, freut sich über die Unterstützung durch den neuen Kollegen aus Schleswig-Holstein. »Die Expertise von Professor Hammers hat Strahlkraft über die Region hinaus, sodass Patienten weite Wege – auch aus dem angrenzenden Ausland – in Kauf nehmen, um am ZSER behandelt werden zu können. Dank seiner langjährigen Erfahrung können wir weitaus mehr Patienten helfen und ihnen bestenfalls weiteres, jahrelanges Leiden ersparen. Jeder einzelne Patient, für den wir eine Lösung finden können, macht uns stolz und motiviert uns weiter unser Bestes zu geben.«

Interdisziplinäre Vernetzung soll Betroffenen zugutekommen

Dank der neuen Stiftungsprofessur ist das ZSER nun deutlich breiter aufgestellt und es kann regelmäßig eine Spezialsprechstunde für Betroffene, bei denen selbst Fachärztinnen und -ärzte nicht mehr weiterwissen, angeboten werden. Professor Hammers, der selbst langjährige klinisch-wissenschaftliche Expertise in der Dermatologie mit besonderem Schwerpunkt im Bereich der blasenbildenden Autoimmun-Hautkrankheiten aufweist, sieht sich dabei auch als Lotsen für seltene Erkrankungen über seinen Fachbereich hinaus: »Natürlich sind unter den Erkrankten nicht nur dermatologische Fälle. Deshalb ist uns der interdisziplinäre Austausch so wichtig. Je nach Fall beziehen wir Experten verschiedenster Fachbereiche mit ein, um auf die richtige Diagnose und passende Behandlungsansätze zu kommen, im besten Fall können wir den Patienten direkt an den entsprechenden Experten weitervermitteln.«

Als besonders hilfreich bei komplexen Fällen empfindet Professor Hammers zudem den Austausch mit dem Bayerischen Arbeitskreis für Seltene Erkrankungen (BASE), an dem sechs Zentren für Seltene Erkrankungen der bayerischen Universitätsklinika (Regensburg, Würzburg, Erlangen, Augsburg, LMU sowie TU München) neben dem Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen beteiligt sind. All diese Standorte haben, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, im Jahr 2021 das sogenannte BASE-Netz gegründet, ein gemeinsames Onlineportal, durch das Patientendaten elektronisch erfasst und zur standortübergreifenden fachärztlichen Beratung untereinander transferiert werden können. Zudem können Patientinnen und Patienten selbst Unterlagen digital übermitteln und virtuelle oder persönliche Beratungstermine vereinbaren. Die bestehende Struktur weiter zu intensivieren, gehört ebenfalls zu Professor Hammers’ Anliegen. Auch in KI sieht der Professor eine große Chance für seinen Fachbereich und hofft etwa auf die Weiterentwicklung von Patienten-Apps zum unkomplizierten Dokumentieren scheinbar voneinander unabhängiger Symptome.

Quelle: Universitätsklinikum Regensburg (UKR); (zur Pressemitteilung)

Weitere Informationen:

Zentrum für Selten Erkrankungen (ZSER) am Universitätsklinikum Regensburg: https://www.ukr.de/zentrum-fuer-seltene-erkrankungen

Bayerischer Arbeitskreis für Seltene Erkrankungen:  https://www.base-netz.de/

Bilderquelle: © momius – stock.adobe.com; Symbolbild

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