Infektionen der oberen Atemwege treten bei Kindern sehr häufig auf und führen, vor allem bei Auftreten von Fieber, oft zur Vorstellung in der kinderärztlichen Praxis. Probiotika werden als ein neuer zusätzlicher Behandlungsansatz für Infektionserkrankungen diskutiert. Studien zur Anwendung von Probiotika bei respiratorischen Erkrankungen erfahren zunehmend Beachtung und untersuchen vorwiegend den Effekt auf die Prävention von Atemwegsinfektionen, doch die Ergebnisse sind heterogen. Eine aktuelle, in JAMA Network Open veröffentlichte Studie geht daher der Frage nach, ob Probiotika die Fieberdauer bei Kindern mit oberen Atemwegsinfekten verkürzen könnten.
Kinder leiden vor allem in den ersten 5 Lebensjahren an 5–8 Infektionen der oberen Atemwege (upper respiratory tract infections [URTIs]) pro Jahr, ein Großteil davon ist primär virusbedingt. Die Symptome erreichen nach 3–5 Tagen ihr Maximum und dauern etwa 14 Tage an. Derzeit gibt es noch keine evidenzbasierte Routinebehandlung für URTIs. Fieber ist ein häufiges Symptom und ist vermehrt mit Antibiotikagabe und gelegentlich auch mit einer inadäquaten Verschreibung von Antibiotika assoziiert. Antipyretika senken zwar vorübergehend die Körpertemperatur, haben jedoch keinen Einfluss auf die Gesamtdauer des Fiebers.
Neuer Behandlungsansatz mit Probiotika
Probiotika werden als ein potenzieller neuer Behandlungsansatz für Infektionserkrankungen diskutiert. Interaktionen zwischen dem Darmmikrobiom, Entzündungsprozessen und der Immunantwort legen nahe, dass ihre Wirkung auf das Infektionsgeschehen nicht nur auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt ist. Es konnte gezeigt werden, dass Probiotika die humorale Immunantwort verstärken können, im Besonderen die Aktivität von Makrophagen und dendritischen Zellen. Auch wurde ein positiver Effekt auf die Produktion von Antikörpern sowie eine antivirale Aktivität nachgewiesen. Bifidobakterien und Laktobazillen können proinflammatorische Zytokine wie IL-1, IL-6 und TNF modulieren. Die Datenlage zur Wirkung von Probiotika bei respiratorischen Atemwegsinfekten von Kindern ist widersprüchlich. Einerseits wurde über eine Assoziation zwischen Probiotika und reduziertem Auftreten von URTIs sowie der Schwere der Symptome berichtet, andererseits zeigen rezente Studien uneinheitliche Evidenz.
Bettocchi et al. untersuchten in einer rezenten, in JAMA Network Open veröffentlichten Studie den fieberverkürzenden Effekt einer probiotischen Mischung aus Bifidobacterium breve M-16V, Bifidobacterium lactis HN019 und Lactobacillus rhamnosus HN001 auf URTIs.
Methodik
Die Prüfer-initiierte, dreifach-verblindete, placebokontrollierte randomisierte klinische Studie wurde in einer pädiatrischen Notaufnahme in Mailand, Italien, durchgeführt. Die Forschungsgruppe rekrutierte Patientinnen und Patienten im Alter von 28 Tagen bis 4 Jahren mit diagnostizierter URTI und Fieber (Körpertemperatur ≥38,5° C rektal gemessen). Personen mit Diarrhö, Probiotikaeinnahme in den vorangegangenen 2 Wochen, chronischen Autoimmunerkrankungen, laufender immunsuppressiver Therapie und erforderlicher Hospitalisierung wurden ausgeschlossen. 128 Patientinnen und Patienten (69 männlich [54 %] und 59 weiblich [46%]; mittleres Alter [SD] 2,5 [1,3] Jahre), wurden randomisiert entweder der Probiotikagruppe (63 [49 %]) oder der Placebogruppe (65 [51 %]) zugeteilt. Kinder der Probiotikagruppe erhielten täglich eine Einzeldosis von 0,5 ml einer probiotischen Mischung aus Bifidobacterium breve M-16V, Bifidobacterium lactis HN019 und Lactobacillus rhamnosus HN001 über 14 Tage. Die Kontrollgruppe erhielt für 14 Tage 0,5 ml eines Placebos.
Mit Probiotika 2 Tage kürzere Fieberdauer
Die mediane Fieberdauer war in der Probiotikagruppe kürzer als in der Placebogruppe (Median [IQR]: 3 [2–4] Tage vs. 5 [4–6] Tage, adjustierte Risk Ratio [RR] 0,64; 95 %-KI: 0,51–0,80). Einige milde Nebenwirkungen wurden berichtet, diese unterschieden sich nicht signifikant von der Placebogruppe, darunter Obstipation (Probiotikagruppe: 6 [16 %], Placebogruppe: 6 [12 %]; p = 0,80) und Bauchschmerzen (Probiotikagruppe: 3 [8 %], Placebogruppe: 2 [4 %]; p = 0,65). Lt. den Autorinnen und Autoren reduzierte die Bakterienmischung weder die Inzidenz von Diarrhö bei Antibiotikagabe noch die spätere Antibiotikaverschreibung. 70 (55 %) teilnehmende Personen waren vollumfänglich adhärent, 17 (13 %) teiladhärent und 41 (32 %) schieden aus der Studie aus.
Limitationen und Stärken der Studie
Die Forschungsgruppe weist auf einige Limitation ihrer Studie hin. Hinsichtlich der Ursache der URTIs wurde nicht zwischen viraler und bakterieller Genese differenziert, auch war die Antibiotikaverschreibung nicht standardisiert. Jedoch weisen Bettocchi S. et al. darauf hin, dass dies die Generalisierbarkeit des Ergebnisses erhöht. Die Probiotikaeinnahme erfolgte nicht im selben Krankheitsstadium, dies war dem Studiensetting geschuldet. Daher wurde auch die Fieberdauer vom Tag des Studienbeginns berücksichtigt und adjustiert für die Anzahl der Tage mit Fieber vor der Supplementierung. Die Fiebermessung erfolgte zu Hause, jedoch erhielten die Betreuungspersonen Instruktionen, um die Fehlerrate zu minimieren.
Die Forschenden betonen, dass im Vergleich zu rezenten Studien, die keinen Effekt von Probiotika auf URTIs bei Kindern zeigen konnten, für ihre Studie ausschließlich Erkrankte mit URTI und Fieber ausgewählt wurden. Auch waren die Effekte der Probiotika in der Per-Protokoll-Analyse und in der Intention-to-Treat-Analyse konsistent.
Fazit für die Praxis
Bettocchi S. et al. konnten in ihrer Studie zeigen, dass die Einnahme einer Mischung aus den Probiotika Bifidobacterium breve M-16V, Bifidobacterium lactis HN019 und Lactobacillus rhamnosus HN001 bei Kindern mit URTIs die Dauer des Fiebers um 2 Tage verkürzte. Die Autorinnen und Autoren heben hervor, dass sich die Probiotikaeinnahme als gut verträglich erwies. Lt. den Forschenden könnten Probiotika daher ergänzend bei oberen Atemwegsinfektionen eingesetzt werden, um die Fieberdauer zu reduzieren.
Originalpublikation: Bettocchi S, Comotti A, Elli M, De Cosmi V, Berti C, Alberti I, et al. Probiotics and Fever Duration in Children With Upper Respiratory Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open 2025; 8: e250669.
Link zur Originalpublikation: https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2831509
Autorin: Dr. med. Charlotte Gröschel, PhD
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