Angenehmer Tragekomfort darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kontaktlinsen ein Fremdkörper im Auge sind und das Risiko für teils schwere Infektionen der Hornhaut erhöhen. Darauf weist die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) anlässlich ihres Jahreskongresses in Berlin hin. Wie man sich am besten vor zunehmend häufiger vorkommenden Erregern wie Pilzen und Amöben schützt, erläuterte Prof. Dr. Gerd Geerling auf der Vorab-Online-Pressekonferenz.
Der Fremdkörper Kontaktlinse verändert die Sauerstoffversorgung und Befeuchtung der Augenoberfläche mit Tränenfilm und kann mikroskopisch kleine Schäden der Hornhaut auslösen, sagte der Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Düsseldorf. Diese verheilen in der Regel unproblematisch wieder, können jedoch auch Schmerzen auslösen und Eintrittspforte für Infektionserreger sein, die sich auf jeder gesunden Augenoberfläche finden, jedoch durch einen intakten Tränenfilm und das Epithel der Hornhaut vor dem Eindringen in das Auge abgehalten werden. Neben dem Bindehautsack können sich auch im Kontaktlinsenaufbewahrungsgefäß Bakterien vermehren und einen Biofilm, eine Art vom Erreger selbst hergestellten Schleim, bilden. Neben regulären Bakterien finden sich gerade bei Trägerinnen und Trägern von weichen Kontaktlinsen auch seltene Infektionserreger wie Amöben und Pilze. Diese kommen – eventuell auch bedingt durch klimatische Änderungen in unseren Breiten – heute zunehmend häufiger vor und können zum Teil sehr schwere Infektionserkrankungen der Hornhaut und des Augeninneren auslösen, die ggf. eine monatelange Behandlung mit Augentropfen und Tabletten erfordern. Bei besonders schweren Verläufen kann eine Hornhauttransplantation oder im schlimmsten Fall sogar die Entfernung eines Auges notwendig werden.
Regeln für Kontaktlinsentragende
Daher müssen Kontaktlinsentragende einige Dinge besonders beachten. Zum einen sind die Hygienevorschriften, die für jede Kontaktlinse unterschiedlich sind, strengstens einzuhalten. Je nach Empfehlung ist die Reinigung mit enzymatischen Lösungen oder auch mit Wasserstoffperoxid durchzuführen und die Reinigungslösung – je nach verwendetem System – unter Beachtung größter Sauberkeit (Hände waschen!) hinterher mit einer sterilen Lösung zu entfernen. Beschädigte oder verschmutzte Linsen oder Aufbewahrungsbehälter sind zu entsorgen. Bei Augenerkrankungen oder allergischen Reaktionen sollte der betreuende Augenarzt gefragt werden, ob die Linsen weitergetragen werden können oder ob zum Beispiel bei Notwendigkeit einer Tropfbehandlung eine Kontaktlinsenkarenz einzuhalten ist.
Auch Tageslinsen können gefährlich werden
Aber selbst bei Linsen, die täglich gewechselt beziehungsweise weggeworfen und durch neue ersetzt werden, kann es leichter zur Ausbildung einer Infektionserkrankung kommen, da Tränenfilm und Augenoberfläche dem Fremdkörper Kontaktlinse ständig ausgesetzt sind. Wenn Kontaktlinsen länger als empfohlen (zum Beispiel ununterbrochen durch die Nacht) oder etwa beim Schwimmen in natürlichen Gewässern getragen werden, ist die Infektionsgefahr nochmals erhöht.
Daher sollten Kontaktlinsenträger nicht nur bei der Anpassung der Kontaktlinse, sondern auch bei akuten Beschwerden wie Sehminderung, Sekretabsonderung, Rötung oder Schmerzen des Auges und darüber hinaus in regelmäßigen Abständen zu Kontrolluntersuchungen einen Augenarzt aufsuchen, riet Gerling im Vorfeld der DOG 2023.
Literatur:
1. Walther G, Stasch S, Kaerger K, Hamprecht A, Roth M, Cornely OA, Geerling G, Mackenzie CR, Kurzai O, von Lilienfeld-Toal M: Fusarium Keratitis in Germany. J Clin Microbiol. 2017 Oct;55(10):2983-2995.
2. Roth M, Holtmann C, Daas L, Kakkassery V, Kurzai O, Geerling G; and German Fungal Keratitis Registry Study Group: Results From the German Fungal Keratitis Registry: Significant Differences Between Cases With and Without a History of Contact Lens Use. Cornea. 2021 Nov 1;40(11):1453-1461.
3. Daas L, Szentmáry N, Eppig T, Langenbucher A, Hasenfus A, Roth M, Saeger M, Nölle B, Lippmann B, Böhringer D, Reinhard T, Kelbsch C, Messmer E, Pleyer U, Roters S, Zhivov A, Engelmann K, Schrecker J, Zumhagen L, Thieme H, Darawsha R, Meyer-Ter-Vehn T, Dick B, Görsch I, Hermel M, Kohlhaas M, Seitz B: Das Deutsche Akanthamöbenkeratitis-Register: Erste Ergebnisse einer Multicenterstudie. Ophthalmologe. 2015 Sep;112(9):752-763.
Quelle: Vorab-Online-Pressekonferenz zur DOG 2023 am 21.09.2023
DOG-Terminhinweis:
Symposium: „Katastrophen“ der okulären Oberfläche – aktuelle Handlungsanweisungen: Wann? – Was? – Wie?
Samstag, 30. September 2023, 15:00–16:15 Uhr, Raum 3
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