Für ihre Forschungen zur Struktur und Funktion der Fovea erhielt Jenny Lorén Witten (ehemals Reiniger) von der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Bonn den Wissenschaftspreis der Stiftung Auge. Sie konnte erstmals zeigen, dass das Abbild eines fixierten Objekts entgegen bisheriger Annahmen stets leicht versetzt etwas oberhalb der Fovea entsteht. Zudem sammelte sie für den Klinikalltag relevante Erkenntnisse zur Anordnung der Fotorezeptoren auf der Netzhaut sowie zum Blickverhalten.
Die Fovea ist eine nur etwa 1,5 Millimeter messende Einkerbung in der Mitte der Netzhaut auf der Macula lutae. Dort liegen besonders viele Fotorezeptoren, Nervenzellen also, die auf die Wahrnehmung von Lichtimpulsen spezialisiert sind. „Bislang ging man davon aus, dass dort auch der bevorzugte Fixationspunkt liegt, also der Punkt, an dem das Abbild eines Objekts, das man mit den Augen fokussiert, entsteht“, erklärt Prof. Dr. Frank G. Holz, Vorsitzender der Stiftung Auge. Witten konnte in ihrer Arbeit in der im Emmy-Noether-Programm der DFG geförderten Arbeitsgruppe von Dr. rer. nat. Wolf Harmening zeigen, dass dieser Fixationspunkt etwas oberhalb der Netzhaut auf der Sehachse liegt.
Zudem ging die Bonner Forscherin der Frage nach, ob eine Beziehung zwischen der Anordnung der Fotorezeptoren auf der Netzhaut und dem visuellen Fokusverhalten des Menschen besteht. Dazu untersuchte sie die strukturelle Anordnung der lichtempfindlichen Zapfen. Diese ist bei jedem Menschen unterschiedlich, dennoch liegt der Fixationspunkt immer wieder bei einer bestimmten kleinen Gruppe von Zapfen. Zudem liegt dieser Punkt in beiden Partneraugen gespiegelt vor. „Das lässt darauf schließen, dass es eine Verbindung gibt zwischen der Entstehung des bevorzugten Fixationspunktes durch die Zapfenanordnung und dem Blickverhalten“, so Netzhautexperte Holz.
Der Einsatz neuer Bildgebungsverfahren machte diese Forschung möglich. Mittels der adaptiven Optik Scanning Laser Ophthalmoskopie (AOSLO) und In-vivo-Bildgebung konnte Witten die Lage und Dichte der Rezeptoren an verschiedenen Orten in der Netzhaut genauer bestimmen, als dies bisher bei der Untersuchung von histologischen Gewebspräparaten der Fall war. „Vor allem die Beschreibung der Rezeptorenlage in der Foveamitte und des normalen Blickverhaltens sind dabei für den klinischen Alltag relevant“, ordnet Holz die Erkenntnisse ein, die die Stiftung Auge der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) mit dem mit 2.500 Euro dotierten Wissenschaftspreis auszeichnete. Die Preisverleihung erfolgte im Rahmen des DOG-Kongresses, der vom 29. September bis 2. Oktober 2022 in Berlin tagte.
Literatur: Reiniger JL et al. Human gaze is systematically offset from the center of cone topography. Curr Biol 2021; 31 (18): 4188-4193
Quelle: Stiftung Auge
Foto: Wolfgang Harmening



