Für Kinder mit Myopie sind Kontaktlinsen durchaus eine gute Alternative. Doch viele Eltern sind verunsichert und fragen sich, ob das Tragen von Kontaktlinsen in jungen Jahren überhaupt möglich ist und worauf bei der Wahl der richtigen Linse zu achten ist. Antworten auf die wichtigsten Fragen bietet Augenarzt Dr. Peter Kaupke.
Wie oft diagnostizieren Sie in Ihrem Arbeitsalltag eine Myopie und wie oft sind Kinder betroffen?
Wir sind eine große Praxis mit drei Standorten in Hamburg, 14 Ärzten und Ärztinnen und über 50 Mitarbeitenden, dementsprechend hoch ist die Zahl. Wir stellen die Erstdiagnose Myopie circa 140-mal am Tag. Die Patientinnen und Patienten sind dabei nahezu zu 100 Prozent Kinder und Jugendliche.
Warum ist es so entscheidend, eine beginnende Myopie frühzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln? Was ist das Therapieziel?
Eine frühe Diagnose ist wichtig, weil eine Myopie bei Kindern insbesondere in den Wachstumsphasen sehr schnell fortschreiten kann. Die Therapie zielt darauf ab, das Fortschreiten der Myopie zu bremsen oder sogar zum Stillstand zu bringen, auch um Spätfolgen der Kurzsichtigkeit, wie z. B. Netzhautablösungen, Makuladegeneration und der Entwicklung eines Grauen oder Grünen Stars vorzubeugen. Eine frühe Behandlung ist außerdem für die Lebensqualität, die soziale Teilhabe an der Gesellschaft und an allen Lernprozessen wichtig.
Welche Rolle können Kontaktlinsen bei der Therapie von Myopie spielen und unter welchen Bedingungen?
Aus meiner Sicht gibt es keine stringente Altersbegrenzung für den Einsatz von Kontaktlinsen zur Behandlung einer Sehschwäche. Bei Indikationen wie z. B. einer Aphakie passen wir therapeutische Kontaktlinsen sogar bei Säuglingen an. Grundsätzlich ist die wichtigste Bedingung für den Einsatz von therapeutischen Kontaktlinsen bei Kindern eine sehr hohe Compliance der Eltern. Kinderaugen wachsen und verändern sich. Regelmäßige Kontrollen sollen mögliche Risiken wie z. B. Reizungen oder gar Hornhautschäden durch unpassende Kontaktlinsen reduzieren. Darüber klären wir die Eltern und auch jugendliche Patientinnen und Patienten vorab gründlich auf. Werden diese wichtigen Termine dann dennoch nicht wahrgenommen, stellen wir die Kontaktlinsentherapie ein.
Welche Vorteile sehen Sie als Augenarzt in der Anpassung von Kontaktlinsen bei Kindern – sowohl aus medizinischer als auch aus praktischer Sicht?
Unabhängig davon, ob therapeutische Kontaktlinsen oder eine Brille getragen werden: Beim Myopie-Management profitieren die Kinder in erster Linie davon, dass die Progression der Kurzsichtigkeit ausgebremst und zugleich korrigiert wird. Letzteres ist für Kinder und Jugendliche unter anderem wichtig, um dem Schulunterricht folgen zu können und uneingeschränkt am sozialen Leben teilzunehmen.
Eine Behandlung mit gut angepassten und regelmäßig kontrollierten Kontaktlinsen bietet im Gegensatz zur Brille mehr Freiheit und ist z. B. vorteilhaft beim Sport. Manche jungen Patientinnen und Patienten wünschen sich aber auch Kontaktlinsen, weil sie Angst davor haben, dass ihre Peergroup negativ auf ihre Brille reagiert.
Wie können Augenärztinnen und Augenärzte dazu beitragen, dass mehr Eltern über diese Möglichkeit informiert werden?
In unserer Praxis erhalten Eltern nicht nur viele Informationen auf Gesprächsebene, sondern auch in Form einer Broschüre. Aber damit wir auch außerhalb der Praxis, z. B. in Schulen, über das Thema Kurzsichtigkeit aufklären dürften, müssten die Schulen auf uns zukommen, denn wir selbst dürfen uns nicht anbieten. Ich wurde z. B. schon einmal zu einem Vortrag zum Thema „Sehen und Lernen“ vor Lehrkräften eingeladen. Das war sehr sinnvoll, denn manche Kinder werden zu unrecht als unkonzentriert oder unaufmerksam abgestempelt, obwohl sie dem Unterricht nur aufgrund einer unentdeckten Sehschwäche nicht folgen können.

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Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Myopie Managements? Sehen Sie noch Aufklärungsbedarf – sowohl bei Eltern als auch bei Kolleginnen und Kollegen?
Ich wünsche mir deutlich mehr Aufklärung über die Myopie, im Speziellen die Kurzsichtigkeit bei Kindern und ihre Behandlungsmöglichkeiten. Ich wünsche mir, dass das Myopie-Management bei Kindern zu einer Standardversorgung wird und die Arbeit in der Kinderaugenheilkunde in Zukunft einen höheren gesundheitspolitischen Stellenwert bekommt und adäquat bezahlt wird. Eine gute medizinische Versorgung für die kommende Generation sollte oberste Priorität haben, denn die Spätfolgen einer unbehandelten Kurzsichtigkeit belasten nicht nur die Betroffenen, sondern sorgen auch für enorme Kosten für das Gesundheitssystem.
Quelle: CooperVision GmbH, Meldung vom 03.06.2025
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