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Künstliche Intelligenz: Präziser sehen, früher handeln

Arzt betrachtet Fundusbilder

Künstliche Intelligenz: Präziser sehen, früher handeln

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Immer mehr Augenärzte nutzen künstliche Intelligenz als Frühwarnsystem, etwa bei Glaukom, diabetischen Netzhautschäden oder AMD. Wie KI die Früherkennung, Diagnostik und Behandlung verbessert, ist eins der Schwerpunktthemen der diesjährigen DOC.

„Vor allem bei der Analyse von Netzhautbildern zeigt die KI ihre Stärken“, sagte Dr. Stephan Fröhlich (Nürnberg) auf der Pressekonferenz des DOG-Kongresses, der vom 15. bis 17. Mai in Nürnberg stattfindet. „Mithilfe von OCT- und Fundusbildern kann KI krankhafte Veränderungen oft schon erkennen, bevor Symptome auftreten.“

Durch den Vergleich mit zehntausenden Bilddatensätzen erkennt die KI frühzeitig Schäden und erlaubt eine präzise Verlaufskontrolle. Besonders beim Glaukom ist sie hilfreich: Sie misst die Nervenfaserschichten exakter und kann den Krankheitsverlauf prognostizieren. Das ermöglicht eine gezieltere Senkung des Augeninnendrucks.

Bei Patientinnen und Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD) kann KI die Behandlungsplanung ganz wesentlich verbessern. Sie analysiert die Dicke der Netzhaut und kann präziser als ein Arzt erkennen, ob und wo sich Flüssigkeit in der Netzhaut angesammelt hat. Die KI kann aufgrund der Analyse der Netzhautbilder exakt berechnen, wann eine nächste Anti-VEGF-Spritze nötig ist – individuell statt nach starren Zeitplänen. So lassen sich unnötige Spritzen vermeiden.

Doch KI kann mehr als nur analysieren: Sie trifft auch Therapieempfehlungen. In immer mehr Praxen kommen intelligente Entscheidungshilfen zum Einsatz, vor allem bei chronischen Erkrankungen wie dem Glaukom. Basierend auf Patientendaten, Bildanalysen und Druckverläufen schlägt das System vor, ob Medikamente, Laserbehandlungen oder operative Eingriffe sinnvoll sind. Natürlich trifft der Arzt die finale Entscheidung – aber das KI-Tool liefert eine fundierte, datengestützte Grundlage.

Einsatz auch bei der Linsenwahl

Auch bei Kataraktoperationen beginnt KI, eine größere Rolle zu spielen. Sie hilft, individuell die passende Intraokularlinse zu bestimmen. Dafür analysiert sie präzise Messdaten aus der Praxis – etwa Augenlänge, Hornhautverkrümmung, Tiefe der Augenkammer, Linsendicke und Hornhautbeschaffenheit. Außerdem berücksichtigt sie den aktuellen Sehstatus (Kurz- oder Weitsichtigkeit, Hornhautverkrümmung, Pupillengröße) sowie den Lebensstil des Patienten. Arbeitet er viel am Bildschirm? Liest er gern? Möchte er ganz ohne Brille leben?

All diese Angaben werden mit zehntausenden Datensätzen früherer Operationen verglichen. Durch Deep Learning erkennt die KI Muster und kann präzise voraussagen, welche Linse zu besonders guten Ergebnissen führt. Dieses System heißt CustomLens AI, wurde gemeinsam mit der University of Bradford entwickelt und befindet sich bereits in klinischer Anwendung.

KI-gestützte Roboterchirurgie

In Forschungseinrichtungen geht man bereits einen Schritt weiter. An der Universitätsklinik Ulm etwa wird an KI-gestützter Roboterchirurgie gearbeitet. Ziel ist es, Operationen an der empfindlichen Netzhaut noch präziser, sicherer und schonender durchzuführen – mit Unterstützung von Systemen, die auf Mikrometer genau arbeiten und dabei auf tausende zuvor analysierte OP-Daten zurückgreifen.

Der vielleicht größte Trumpf der KI liegt aber in ihrer Fähigkeit, riesige Datenmengen auszuwerten – und darin Muster zu erkennen, die dem Menschen verborgen bleiben. In internationalen Projekten speisen Forscher Millionen von Augen-Scans, Patientenakten und Therapieverläufen in lernfähige Systeme ein. Das Ziel: Risikoprofile für einzelne Patienten zu erstellen.

So lässt sich mit erstaunlicher Genauigkeit vorhersagen, wer in den nächsten Jahren ein erhöhtes Risiko für Glaukom oder AMD entwickelt – selbst wenn heute noch keine Symptome bestehen. Diese Daten nutzen Ärzte, um personalisierte Vorsorgepläne zu erstellen. Diabetiker oder Patienten mit familiärer AMD-Vorbelastung erhalten dann individuell abgestimmte Kontrollintervalle – ein klarer Schritt in Richtung personalisierte Medizin.

Dennoch gelte: „KI ersetzt uns nicht – sie unterstützt uns“. Die Technik verändere die Augenheilkunde grundlegend – aber der menschliche Blick bleibe unersetzlich.

Quelle: Pressekonferenz der DOC Deutsche Gesellschaft für Ophthalmochirurgie am 15.05.2025 in Nürnberg

Bildquelle:© DOC

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