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DOC-Kongress: Was diesmal im Fokus steht

Porträtfoto Armin Scharrer

DOC-Kongress: Was diesmal im Fokus steht

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Vom 20. bis 22. Juni 2024 findet die DOC 2024, der Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgie, in Nürnberg statt. Vorgestellt und kontrovers diskutiert werden  Innovationen, Weiterentwicklungen und Goldstandards; die praktische Augenchirurgie wird in Wetlabs und Kursen vertieft. Berufspolitik, künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit sind weitere wichtige Themen, wie DOC-Präsident Dr. Armin Scharrer im Interview erläutert.

Herr Dr. Scharrer, was sind die Programm-Highlights der diesjährigen DOC?

Das Video Live Surgery Festival zählt ohne Frage zu den besonderen Highlights, es kommt dieses Mal aus dem Singapore National Eye Centre. Prof. Chee Soon Phaik und Prof. Doric Wong zeigen ihr Können. Von Chee Soon Phaik werden übertragen: „Intumescent cataract with dense nucleus“ sowie „Cataract with moderate zonulysis“. Doric Wong steuert folgende Operationen bei: „Full thickness macular hole developing from a lamellar hole in a highly myopic eye – repair using the epiretinal proliferation tissue to embed/form a flap”, „Myopic traction maculopathy with foveal detachment – combined phaco vitrectomy with ERM ILM peel” und „Proliferative diabetic retinopathy with macular traction“.

Die Ehrenvorlesungen sind wieder herausragende Höhepunkte: Die DOC Lecture von Karl-Ulrich Bartz-Schmidt: „Das subretinale Implantat – wie alles begann, was wir erreichen konnten und wie es endete – eine Zeitreise“, die DOC Innovators Lecture von Gerrit Melles: „How would nature look back at our corneal triumphs in 2050?”, die DOC Ridley Lecture von Damien Gatinel: „Evolution of multifocal IOLs”, die DOC Meyer-Schwickerath Lecture von Noemi Lois: „Vitrectomy for diabetic tractional retinal detachment” und die Richard P. Kratz Lecture von Abhay R. Vasavada: „Late decentration of IOL – New Kid on the Block”.

Die General Session ist ein Höhepunkt des Kongresses, nicht zuletzt wegen der Ehrungen. Wer wird in diesem Jahr in die Hall of Fame Ophthalmologie Deutschland aufgenommen?

In diesem Jahr wurden Prof. Dr. Ingrid Kreissig und Prof. Dr. Gabriele Lang. gewählt.

Welche Keynote Lectures stehen auf dem Programm?

Gus Gazzard: „The Light Trial 6 years results and new option by DSLT“, Rupert Menapace: „OCT Imaging des Bergerschen Raums – Befunde und klinische Relevanz“, Ilse Mombaerts: „Pesky Pupils of the Orbit“, Hugh Montgomery: „Making our surgery greener“ und Franziska Mathis-Ullrich: „KI in der Medizin – was darf sie und was nicht?“.

Was sind die aktuellen Themen, die in den Pro- und Contra-Sitzungen kontrovers diskutiert werden?

Beim Glaukom die aktuelle Kontroverse „Therapiestrategien beim PEX-Glaukom: Die kombinierte Katarakt-Glaukom als erste Option gegen Trabekulektomie als erste Option“. Außerdem: „Trabekulektomie oder Preserflo Microshunt – was ist besser?“ Auch im Hauptgebiet Katarakt finden zwei Kontroversen statt: „Ist ein Makula-OCT vor Kataraktoperation routinemäßig notwendig?“ und außerdem „Femto Laser Katarakt-Operation vs. konventionelle Phako mit HKL – was ist besser?“. In der Hornhautchirurgie wird kontrovers diskutiert „DALK vs. KPL – ist die DALK bei dem großen Aufwand noch indiziert?“ und in der refraktiven Chirurgie steht im Vordergrund als aktuelle Kontroverse „Monovision vs. trifokale IOL“ und in der Netzhaut-/Glaskörperchirurgie: „Die kombinierte Phakovitrektomie (simultane Kat-OP mit PPV) als Routine oder nur in selektierten Fällen?“

Gibt es neben dem Bewährten auch neue Programmformate? Werden praktische Übungen weiter ausgebaut?

Ausgebaut wurde das Angebot an Wetlabs und Drylabs aufgrund der großen Nachfrage nach diesen Formaten. Ebenso wurde das Angebot bei OP-Kursen und Masterclass-Kursen erweitert. Das Symposium „Innovations in Ophthalmology“ ist ebenfalls neu und stellt vielversprechende Entwicklungen vor.

Wie sieht es inhaltlich aus? Welche Entwicklungen spiegeln sich in neuen Symposien?

In 2024 sind bei der DOC neu die Symposien zu den Themen Berufspolitik, künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit. Augenchirurgische Operationen wie Kataraktoperation und IVOM sind sehr häufig. Das Bestreben um Nachhaltigkeit in der Augenchirurgie ist deswegen von enormer Bedeutung. Wir haben drei exzellente Referenten zu diesem Symposium Nachhaltigkeit eingeladen. Josef Wolff aus Heppenheim befasst sich mit „Nachhaltigkeit in der Augenchirurgie“, der Geschäftsführer des BVMed, Marc-Pierre Möll, spricht zum Thema „Medtec-Branche und Nachhaltigkeit“ und als besonderes Highlight hält Hugh Montgomery aus London die Keynote-Lecture in dieser Sitzung zum Thema „Making our surgery greener“.

Im Symposium „KI in der Augenheilkunde“ wird im Rahmen einer Key Note Lecture Prof. Dr. Franziska Mathis-Ullrich aus Erlangen zu “KI in der Medizin – was darf sie und was nicht?“ sprechen. Daneben haben wir die Themen „KI-Anwendung in der OCT-Beurteilung“ (Ulrich Kellner), „KI bei AMD“ (Peter Mussinghoff), „KI-Anwendung bei diabetischer Retinopathie“ (Andreas Stahl), „KI-Anwendung bei der IOL-Kalkulation“ (Achim Langenbucher), „KI-Anwendung beim Glaukom“ (Christian Mardin) und „AI based diagnostics in general ophthalmology“ (Michael Assouline, Paris).

Einige Teile des Programms finden auf Englisch statt, für andere wird eine Simultanübersetzung angeboten. Wie hoch ist der Anteil der DOC-Teilnehmenden aus dem Ausland? Ist die DOC ein internationaler Kongress?

Wir erwarten mehr als 1.100 Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland, d.h. natürlich sind wir primär ein großer, deutschsprachiger Kongress, aber, sowohl was Referenten wie Teilnehmer anbelangt, auch international ausgerichtet.

Der Kongress diskutiert die Goldstandards in Diagnostik und Therapien – gibt es in diesem Bereich neue, die alte abgelöst haben? Was steht 2024 an ophthalmochirurgischen Entwicklungen und Innovationen im Fokus?

Wie jedes Jahr gibt es auch in 2024 eine Fülle von neuen Entwicklungen und Innovationen. Besonders im Fokus stehen u.a. Neuentwicklungen in der Glaukom-Laser-Therapie (SLT – DSLT). In vielen Ländern hat die selektive Laser-Trabekuloplastik (SLT) die medikamentöse Glaukomtherapie als Therapie der ersten Wahl abgelöst. Im Bereich der Keratokonjunktivitis sicca (Sicca Syndrom) gibt es eine Fülle von Neuentwicklungen in Diagnostik und Therapie.

In der Kataraktchirurgie gewinnt immer mehr an Bedeutung die Auswahl der richtigen Intraokularlinse für den jeweiligen Patienten. Mix&Match-Verfahren werden zunehmend häufiger. Die Mischung von asphärischer Monofokallinse am Führungsauge und EDOF-Linse am Partnerauge hat sich als probate Option für exzellentes Sehen in der Ferne und mittleren Entfernungen ab circa 50 Zentimetern für weitgehende Brillenunabhängigkeit bei geringen optischen Nebenwirkungen erwiesen. Ein anderes Mix&Match-Verfahren wird ebenfalls bei bestimmten Indikationen häufiger angewandt: Die Mischung von EDOF-Linse am Führungsauge und Multifokallinse am Partnerauge hat sich als probate Option für maximale Brillenunabhängigkeit bei mäßigen optischen Nebenwirkungen erwiesen. Diese beiden Verfahren werden intensiv diskutiert.

Im berufspolitischen Symposium wird es um die Ökonomie gehen. Welche Aspekte werden angesprochen, welche Referenten sind dazu eingeladen?

Partikularinteressen bestimmter Interessensgruppen in der Augenheilkunde wurden durch gezielte PR-Aktionen in jüngster Vergangenheit immer wieder an die Öffentlichkeit getragen. Wir Augenärzte sind nicht einzelnen Interessensgruppen verpflichtet, sondern wir alle haben den Auftrag, zum einen für den Patienten das Bestmögliche anzubieten, zum anderen haben wir einen Auftrag gegenüber der Gesellschaft mit den Ressourcen, die uns die Gesellschaft, d.h. die Steuerzahler, zur Verfügung stellen, verantwortungsbewusst und sparsam umzugehen. Aus diesem Grunde ist die Auseinandersetzung mit diesem Fragenkomplex von besonderer Bedeutung. Uns allen ist bewusst, das Gesundheitswesen ist kein ökonomiefreier Raum, jede medizinische Entscheidung ist auch eine Entscheidung über die Verwendung knapper ökonomischer Ressourcen. Der Investitionsbedarf in die Versorgung kann nicht allein über die bisherigen Finanzierungsformen gedeckt werden. Das gilt völlig unabhängig von Betriebsform der jeweiligen Praxis. In der ambulanten ärztlichen Versorgung sind positive Bemühungen zur Optimierung der betriebswirtschaftlichen Rentabilität in allen Praxisformen zu beobachten.

Titel des Symposiums ist „Ökonomie im Gesundheitswesen – wie viel ist vernünftig?“. Der Präsident des ZIW, Prof. Achim Wambach, spricht zum Thema „Brauchen wir mehr oder weniger Ökonomie im Gesundheitswesen?“. PD Dr. rer. med. Ursula Hahn spricht zum Thema „Der Blick über die Grenze – Erfahrungen aus krankenhauszentrierten und planwirtschaftlichen Gesundheitssystemen in unseren Nachbarländern“ und der Ordinarius für Gesundheitsökonomie, Prof. Frank Ulrich Fricke von der TH Nürnberg spricht zum „MVZ und Private Equity – brauchen wir Kapital im Gesundheitswesen?!“

Zum Schluss ein Blick auf die aktuelle Berufs- und Gesundheitspolitik aus ophthalmochirurgischer Sicht: Was ist derzeit das größte Problem – die geplante Krankenhausreform? Ambulantisierung? MVZ-Regulierung?

Eine neue MVZ-Regulierung ist nicht notwendig, die Ambulantisierung ist in Augenheilkunde und Augenchirurgie bereits vor Jahrzenten erfolgt. Die Krankenhausreform ist enorm schwierig, umfassend und erfährt eklatanten Widerstand von vielen Seiten. Aktuell wurde gerade die 10. Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgelegt. Hier geht es um die Überwindung von Sektorengrenzen. Dazu sollen aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kleinere Krankenhäuser in der Fläche verstärkt ambulante Leistungen anbieten können, ein Primärarztsystem aufgebaut und die Versorgung regional und gemeinsam für den ambulanten und stationären Bereich geplant werden. Hier werden unterschieden kurzfristige Maßnahmen und mittel- und langfristige Maßnahmen.

Kurzfristige Maßnahmen: Aufbau von Krankenhäusern für sektorenübergreifende Versorgung (Level Ii), die vorrangig ambulante Behandlung anbieten, die nach Tagespauschalen abrechnen, die von den Bundesländern geplant werden, die bei Unterversorgung einspringen und ambulante Leistungen mit der KV abrechnen, die mit den KVen Budgets aushandeln, um für bislang stationär erbrachte Behandlungen die Vergütung als ambulante Leistungen auch in  nicht unterversorgten Gebieten regeln, deren Leistungskatalog die Selbstverwaltungspartner in Positivlisten definieren, deren Standorte Platz bieten für vielfältige Gesundheitsangebote: Apotheken, Arztpraxen, MVZ, Gesundheitskioske, Sanitätshäuser, andere Gesundheitsberufe, Aufbau von Institutsambulanzen, Weiterentwicklung der Hybrid-DRG, Ausbau des Belegarztsystems.

Mittel- und langfristige Maßnahmen u.a.: Aufbau regionaler Gremien unter Landesvorsitz, die ambulante und stationäre Versorgung gemeinsam planen, Aufbau eines Primärarztsystems (aus Allgemeinmedizinern, Internisten, Pädiater, Gynäkologen, Psychiatern) zur Steuerung der Gesundheitsversorgung und Abbau der doppelten Facharztschiene.

Es wäre interessant zu erfahren, wie die KBV auf diese geplanten Maßnahmen reagieren möchte, der „Abbau der doppelten Facharztschiene“ bedeutet ganz offensichtlich für die bestehenden Facharztpraxen in Deutschland eine ernsthafte Bedrohung.

Interview: Susanne Wolters. Zuerst erschienen in der Print-Ausgabe CONCEPT Ophthalmologie 04/2024.

Foto: OSG

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