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Beschäftigung von Orthoptistinnen in der Augenarztpraxis

Orthoptistin mit Kind in der Sehschule

Beschäftigung von Orthoptistinnen in der Augenarztpraxis

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Neuroophthalmologie und Strabologie

mgo medizin

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3 MIN

Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Meist sind Orthoptistinnen nicht in Augenarztpraxen angestellt, sondern arbeiten auf Basis von Honorarverträgen oder als freie Mitarbeiterinnen. Wenn sie in die Praxisorganisation eingegliedert sind, ist dies nach neuer Rechtsprechung nicht mehr möglich.

Orthoptistinnen sind aufgrund ihrer Ausbildung, ihres Berufsbildes und ihrer Qualifikation insbesondere in der Strabologie schwerpunktmäßig in Sehschulen von Augenarztpraxen tätig. Sie können in ihrem Spezialgebiet selbstständig und fachlich vergleichsweise unabhängig von ständiger Überwachung und Anweisung des Augenarztes arbeiten.

Da die Nachfrage nach Leistungen einer Sehschule in vielen Arztpraxen nicht so umfangreich ist, dass sich die vollzeitige Einstellung einer Orthoptistin für den Augenarzt rechnet, gibt es eine große Anzahl von Orthoptistinnen, die tageweise in verschiedenen Augenpraxen arbeiten. In der Vergangenheit wurde diese Tätigkeit rechtlich entweder durch Honorarverträge oder Verträge über freie Mitarbeit geregelt. Dabei ist die Orthoptistin steuerlich selbstständig tätig und schreibt entweder dem Augenarzt eine Rechnung oder erhält ein festes monatliches Honorar, welches lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei vom Arzt bezahlt wird. Die Orthoptistin versteuert das Honorar dann im Rahmen ihrer Steuererklärung als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Problematisch an dieser rechtlichen Konstruktion sind zwei Gesichtspunkte:

Der Arzt rechnet die Leistung der Sehschule und damit die Leistungen der Orthoptistin über seine Abrechnung entweder mit der gesetzlichen Krankenkasse oder mit den Patienten ab. Damit die Leistungen der Orthoptistin abrechnungsfähig sind, müssen diese unabhängig von der fachlichen Befähigung der Orthoptistin nach fachlicher Weisung des Arztes und unter seiner Aufsicht ausgeführt werden. Ein derartiges Weisungsverhältnis besteht jedoch im Falle einer freien Mitarbeiterin oder einer selbstständigen Honorarkraft nicht, sodass es in der Regel schon an der Abrechnungsfähigkeit der Leistung fehlt, auch wenn dies für den jeweiligen Rechnungsempfänger, die Kassenärztliche Vereinigung oder den Patienten, ohne Kenntnis der vertraglichen Beziehung zwischen Orthoptistin und Augenarzt nicht erkennbar ist.

Ferner ergibt sich neuerdings ein Problem aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage der Sozialversicherungspflicht von Honorarkräften im Gesundheitswesen. Das Bundessozialgericht hat hier in mehreren Urteilen im Jahr 2019 entschieden, dass Angehörige medizinischer Fachberufe, die im Rahmen ihrer Tätigkeit in einer Arztpraxis in die Organisation und den Ablauf einer Praxis eingegliedert sind, nicht als sozialversicherungsfreie Honorarkräfte, sondern nur als abhängig Beschäftigte gelten.

Damit dürfen sie nur als sozialversicherungspflichtige Angestellte beschäftigt werden. Mit dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht die früher geltende Rechtspraxis beendet, nach der die Sozialversicherungspflicht dann ausgeschlossen werden konnte, wenn der Angehörige eines medizinischen Fachberufs für mehrere Auftraggeber tätig war.

Nach der neuen Rechtsprechung kommt es nicht mehr darauf an, für wie viele Praxen eine Orthoptistin tätig ist, sondern ausschließlich darauf, ob die Orthoptistin jeweils in die Praxisorganisation eingegliedert ist. Diese Eingliederung muss immer dann bejaht werden, wenn die Orthoptistin an festen Tagen unter Nutzung der vorhandenen Praxiseinrichtung in der Sehschule für Patienten tätig wird, die ihr von der Praxis einbestellt werden. Dies dürfte der Regelfall der Organisation einer Sehschule sein mit der Folge, dass regelmäßig auch Orthoptistinnen, ebenso wie MFAs nur noch in einem sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnis tätig werden können. Arbeitet eine Orthoptistin dann in mehreren Praxen, muss sie für jede Praxis ein eigenes Arbeitsverhältnis eingehen.

Diese neuen Regelungen sollten ernst genommen werden, da bei Verstößen nicht nur hohe Bußgelder, sondern sogar Strafverfahren wegen Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen drohen.

Autor:

Reinhold Preißler, Fachanwalt für Medizinrecht

Preißler Ohlmann & Partner mbB Rechtsanwälte

Alexanderstr. 26

90762 Fürth

kanzlei@proh.de

Bildquelle: Seventyfour – stock.adobe.com

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