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Seegras-Zucker gegen Krebs? Kieler Forschung prüft neue Therapieoption bei Bauchspeicheldrüsenkrebs

Forschende des SeaGal-Projekts vor einem BlueHealthTech-Banner, das innovative Gesundheitstechnologien aus dem Meer fördert.

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Erschienen in: onkologie heute

Kieler Forschende testen, ob Zuckermoleküle aus Seegras das Wachstum von Bauchspeicheldrüsenkrebs bremsen können. Das SeaGal-Projekt wird mit 330.000 Euro vom BlueHealthTech-Bündnis gefördert.

Großer Erfolg für eine interdisziplinäre Kieler Forschungskooperation: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Pharmazie unter der Leitung von Professorin Birgit Classen an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) warben gemeinsam mit Krebsforschenden um Professorin Susanne Sebens vom Institut für Experimentelle Tumorforschung (IET) an der Medizinischen Fakultät der CAU und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, kürzlich eine Förderung von 330.000 Euro vom BlueHealthTech-Bündnis ein. Damit wollen sie in dem im August gestarteten Forschungsprojekt SeaGal gemeinsam untersuchen, ob bestimmte Zuckermoleküle aus der Zellwand der heimischen Seegrasart Zostera marina zur Hemmung des Tumorwachstums speziell beim derzeit nur schwer behandelbaren Bauchspeicheldrüsenkrebs beitragen können.

Vielversprechende Moleküle aus Seegras

In den kommenden 15 Monaten wird Classens Forschungsgruppe „Pflanzenglykane“ am Institut für Pharmazie bestimmte Zuckermoleküle aus den Zellwänden des Seegrases untersuchen, sogenannte Arabinogalaktan-Proteine (AGPs). Diese AGPs binden an ein Protein namens Galektin-3 (Gal-3), das auf der Oberfläche vieler Tumorzellen vorkommt und deren Wachstum fördert. „Die Zuckermoleküle aus den Zellwänden von Zostera marina könnten durch ihre Bindung an das Gal-3 auf den Krebszellen möglicherweise das Tumorwachstum bremsen“, betont Classen, Leiterin des SeaGal-Projekts.

„Ein ähnlicher, bereits bekannter Wirkstoff aus Zitrusfrüchten hat in klinischen Studien bereits vielversprechende Ergebnisse gezeigt. In unserem Projekt wollen wir herausfinden, ob die AGPs aus Seegras-Zellwänden ein ähnliches oder möglicherweise noch größeres Potenzial zur Tumorhemmung aufweisen und insbesondere auch weitere Galektine hemmen könnten“, ergänzt Dr. Lukas Pfeifer, Wissenschaftler in Classens Arbeitsgruppe. Im Rahmen des SeaGal-Projekts wollen die Pharmazie-Forschenden die AGPs aus Zostera marina isolieren, chemisch in ihre Bestandteile zerlegen und daraus Fragmente, die sogenannten Seegras-Galaktane (SGs), gewinnen, um diese anschließend hinsichtlich ihrer Bindungseigenschaften an verschiedene Galektine zu untersuchen.

Therapeutisches Potenzial bei schwer behandelbarem Bauchspeicheldrüsenkrebs?

Die Bindung von Zuckerstrukturen an das humane Gal-3 spielt insbesondere beim Bauchspeicheldrüsenkrebs eine wichtige Rolle. Diesen Aspekt des SeaGal-Projekts untersucht die IET-Arbeitsgruppe Inflammatorische Karzinogenese um Sebens, Sprecherin des Kiel Oncology Networks (KON) im Rahmen des CAU-Forschungsschwerpunkts Kiel Life Science (KLS) und im Universitären Cancer Center Schleswig-Holstein (UCCSH) aktiv. Die Krebsforschenden überprüfen in verschiedenen 3D-Tumormodellen im Labor, welche Wirkung die SGs aus dem Seegras nach der Bindung an die Gal-3-Proteine auf der Oberfläche von Bauchspeicheldrüsenkrebszellen entfalten.

„Dazu werden wir die SGs unter anderem anhand von 3D-Tumormodellen testen, die aus Krebszellen von Patientinnen und Patienten bestehen. Auch komplexe Tumorgewebe mit Immunzellen und Bindegewebe bilden wir nach, um die Wirkung möglichst realitätsnah zu prüfen und Effekte auf Zellteilung, Zelltod und Invasion von Krebszellen zu verstehen“, erklärt IET-Leiterin Sebens. Mit diesen Untersuchungen soll das therapeutische Potenzial der SGs als Hemmstoffe von Galektinen im Detail evaluiert werden. So hoffen die Forschende, künftig neue Therapieansätze gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs entwickeln zu können.

Gesundheitsinnovationen aus dem Meer

Das SeaGal-Projekt ist eines von zahlreichen Projekten des BlueHealthTech-Konsortiums, das der Entwicklung von innovativen Gesundheitstechnologien aus dem Meer dient und gemeinsam vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, der CAU und dem UKSH in Kiel unter der Leitung von Professor Anton Eisenhauer koordiniert wird. Das Konsortium wird vom Bundesforschungsministerium mit insgesamt 15 Millionen Euro finanziert und erhielt jüngst eine weitere Förderung bis Ende 2028. Ziel von BlueHealthTech ist es, die Potenziale des Ozeans für die Entwicklung innovativer Gesundheitstechnologien zu nutzen und damit langfristig neue wirtschaftliche Perspektiven für Norddeutschland zu schaffen. Dazu vereint die Initiative derzeit mehr als 70 Partnerinstitutionen in einem regionalen Bündnis, das den innovationsbasierten Strukturwandel in der Gesundheitswirtschaft rund um Kiel vorantreibt. Die beiden CAU-Forschungsschwerpunkt Kiel Marine Science (KMS) und Kiel Life Science (KLS) sind aktive Partner des BlueHealthTech-Konsortiums.

Quelle: Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Bildquelle: Anna Pardemann, Dr. Lukas Pfeifer, Dr. Kim-Kristine Müller und Prof. Birgit Classen (v.l.n.r.) untersuchen Zuckermoleküle aus Seegras-Zellwänden, die an das Gal-3-Protein auf der Oberfläche von Tumoren binden und deren Wachstum hemmen könnten. – © Prof. Birgit Classen

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