Eine im „Lancet Diabetes & Endocrinology“ publizierte Studie untermauert, dass Schilddrüsenkrebs weltweit überdiagnostiziert wird. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) kommentiert die Studie zu diesem „Dauerbrenner-Thema“ in ihrem Blog.
Es handele sich um eine umfangreiche, sorgfältig recherchierte, populationsbasierte Studie zu Diagnose und Mortalität von Schilddrüsenkarzinomen während der letzten Jahrzehnte in 63 Ländern weltweit, so Prof. Helmut Schatz, Bochum, im Blog der DGE. Ausgewertet wurden zwei Datenbasen: Für die jährliche Inzidenz von Schilddrüsenkrebs zwischen 1980 und 2017 wurden Daten der „International Agency for Research on Cancer“ (IARC) herangezogen. Und für die jährlichen Mortalitätsraten von 1980 bis 2022 lieferte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Datenbasis.
Die Botschaft: Trotz weltweit steigender Diagnosen von Schilddrüsenkrebs sind die Mortalitätsdaten völlig unverändert. Das spricht für eine erhebliche Überdiagnostik. Diese betrifft vor allem papilläre Karzinome, die 70 bis 80 % aller Fälle von Schilddrüsenkrebs ausmachen.
Die neue Studie liefere ein weiteres Argument, sich Schilddrüsenknoten vorsichtig zu nähern, so heißt es im Blog der DGE. Papilläre Schilddrüsenkarzinome wachsen nur langsam, und das Risiko für Fernmetastasen ist gering. Deshalb müsse man keineswegs immer gleich lobektomieren, sondern könne erst einmal abwarten und den Verlauf beobachten. Schon seit Jahren werde kontrovers diskutiert, ob man kleine (< 1 cm), zytologisch und histologisch karzinomatöse Knoten, die zufällig in der Schilddrüse entdeckt werden, als „Krebs“ bezeichnen sollte. Oder sollte man nicht besser von „kleinen, papillären Läsionen“ sprechen? Die „American Thyroid Association“ (ATA) empfahl in ihren Leitlinien für papilläre Schilddrüsenkarzinome in der Therapie eine Deeskalation sogar für Knoten bis zu 4 cm.
Quelle: Medizinische Kurznachricht der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie vom 5. Dezember 2024
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