Forschern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), dem Stammzellinstitut HI-STEM und dem Nationalem Tumorzentrum (NCT) Heidelberg ist es weltweit erstmals gelungen, direkt aus Blutproben von Brustkrebspatientinnen stabile Tumororganoide zu kultivieren. An diesen Minitumoren aus „Keimzellen“ von Metstasen lassen sich Pathomechanismen und therapeutische Beeinflussbarkeit studieren.
Die Aussiedelung von Metastasen ist nach wie vor eine große Herausforderung bei der Brustkrebstherapie. Im Blut zirkulierende Krebszellen als „Keimzellen“ von Metastasen sind vor diesem Hintergrund hochinteressante Forschungsobjekte. Nachdem es bislang nicht möglich war, die zwischen Milliarden von Blutzellen in geringer Zahl versteckten „Keimzellen“ zu isolieren und zu kultivieren, wurde jetzt aus Heidelberg ein entscheidender Durchbruch vermeldet: Einem Forscherteam von DKFZ, HI-STEM und NCT ist es gelungen, Organoide aus diesen im Blut zirkulierenden Krebszellen anzuzüchten. Damit wird die Erforschung der Metastasierung deutlich erleichtert, und die Chancen steigen, speziell gegen Metastasen gerichtete Therapieansätze entwickeln zu können.
Ideal für Grundlagenforschung und Medikamententests
Andreas Trumpp, Abteilungsleiter am DKFZ und HI-STEM-Direktor, hatte bereits vor einigen Jahren nachgewiesen, dass längst nicht alle zirkulierenden Tumorzellen in der Lage sind, sich in anderen Organen anzusiedeln und Metastasen zu bilden. Jetzt ist es dem Team um Trumpp gelungen, zirkulierenden Brustkrebszellen mit Metastasierungspotenzial herauszufischen und daraus stabile Tumororganoide zu züchten. „Wenn wir verstehen, wie diese Zellen die anfängliche Therapie überleben und was ihr Wachstum antreibt, könnten wir die Bildung von Brustkrebs-Metastasen an der Wurzel bekämpfen und sie eines Tages vielleicht sogar ganz verhindern“, erklärt Erstautor Roberto Würth.
Einen molekularen Signalweg, der beim Überleben dieser besonders widerstandsfähigen und oft therapieresistenten Krebszellen eine Rolle spielt, konnten die Forscher bereits an den dreidimensionalen Minitumoren entschlüsseln. Aber nicht nur für die Grundlagenforschung sind die Organoide von großem Wert. Auch präklinische Tests zur Wirksamkeit von vorhandenen bzw. innovativen Medikamenten lassen sich an diesen Minitumoren durchführen. Da die Organoide patientenspezifisch sind, kann die neue Technologie zudem zur Entwicklung individuell maßgeschneiderter Therapien genutzt werden.
Bei dem Pathomechanismus, den die Forscher bereits aufklären konnten, spielt das Protein NRG1 (Neuregulin 1) eine zentrale Rolle. Es dockt an den HER3-Rezeptor auf Krebszellen an und aktiviert Signalwege, die Wachstum und Überleben der Zellen begünstigen. Dabei wirken HER2- und HER3-Rezeptor zusammen. Werden diese Rezeptoren medikamentös blockiert werden, greifen die Tumorzellen auf andere Tricks zurück und nutzen einen alternativen Signalweg, der durch den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 1 (FGFR1) gesteuert wird. Auch das fanden die Forscher heraus.
„Mithilfe solcher Umgehungsstraßen reagieren Tumoren auf äußere Einflüsse, beispielsweise auf zielgerichtete Therapien gegen HER2. Das ist ein entscheidender Mechanismus bei der Entstehung von Therapieresistenzen“, erklärt Roberto Würth. Aber Lösungsansätze sind in Sicht: Die Forscher konnten an den Organoiden nachweisen, dass eine kombinierte Blockade beider Signalwege (NRG1-HER2/3 und FGFR) die Zellvermehrung aufhalten und den Zelltod einleiten kann.
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums vom 3. Januar 2025
Würth R et al: Circulating tumor cell plasticity determines breast cancer therapy resistance via neuregulin 1–HER3 signaling. Nature Cancer 2025. https://doi.org/10.1038/s43018-024-00882-2
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