Die Inzidenz des humanen Papillomavirus (HPV)-assoziierten Oropharynxkarzinoms (OPSCC) hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Deutschland und international signifikant zugenommen. Während aktuelle Registerdaten in Deutschland HPV-Nachweise bei nahezu 60 % der OPSCC-Fälle belegen, bleibt die Impfquote insbesondere bei Jungen und jungen Erwachsenen deutlich hinter den Empfehlungen der WHO zurück. Im europäischen Vergleich zählt Deutschland damit zu den Ländern mit unzureichender Impfabdeckung. Angesichts der langen Latenz zwischen Infektion und Manifestation HPV-assoziierter Kopf-Hals-Tumoren sowie der derzeit noch fehlenden Screening- Optionen kommt der primären Prävention durch eine flächendeckende Immunisierung besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig zeigen Untersuchungen erhebliche Wissensdefizite sowohl in der Allgemeinbevölkerung als auch in Teilen der Elternschaft über die Relevanz der HPV-Impfung zur Prävention oropharyngealer Karzinome.
Häufigkeit HPV-assoziierter Rachentumoren
Aktuelle Register- und Kohortenauswertungen zeigen einen stetigen Anstieg der Inzidenz von OPSCC über die vergangenen zwei Jahrzehnte. Aktuell liegt sie bei ca. 1,5–3 pro 100.000, unter Berücksichtigung von regionalen und geschlechtsspezifischen Unterschieden. Der Anteil der HPV-positiven OPSCC zeigt sich dabei deutlich zunehmend [1]. In Nordrhein-Westfalen waren sogar 59,9 % der getesteten OPSCC HPVpositiv. Diese Analysen fügen sich in den internationalen Kontext mit einer deutlichen Zunahme der Inzidenz von OPSCC in Nordeuropa sowie Nordamerika [2–8]. In den USA haben HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome das Zervixkarzinom als häufigste HPV-assoziierte Tumorerkrankung bereits überholt [9].
Dem gegenüber steht eine weiterhin niedrige HPV-Impfquote in Deutschland. Dabei lassen sich deutliche alters- und geschlechtsabhängige Varianzen feststellen. Auswertungen einer Studie im Saarland zeigen eine Impfquote von unter 50 % bei 15-jährigen Mädchen und bei 12-jährigen Jungen nur ca. 13 % [10, 11].
Bei Erwachsenen ist sogar von deutlich niedrigeren Zahlen auszugehen. In einer Studie von 2008, kurz nach Zulassung der Impfung für Mädchen, zeigte sich bei Frauen im Alter von 18–26 Jahren eine Impfquote von lediglich 12 % [12].
Diese niedrige Impfquote bei Erwachsenen trägt weiterhin aktiv zur Inzidenzzunahme der HPV-assoziierten OPSCC bei, ein signifikanter Rückgang ist erst bei deutlich höheren Impfraten in der Altersgruppe der unter 26 zu erwarten [13–15].
Bundesweite Analysen zeigen zudem einen starken Ost-West-Gradienten sowie Abhängigkeit vom sozialen Status. Höhere Impfquoten zeigen sich vor allem bei Mädchen mit eher geringem oder mittlerem Sozialstatus und Wohnsitz in Ostdeutschland sowie bei Inanspruchnahme jugendärztlicher Vorsorgen [16–18].
Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland damit hinterher. In unseren europäischen Nachbarländern wie Großbritannien, Portugal oder Schweden werden durch schulbasierte Impfprogramme Impfquoten von 70–90 % bei Mädchen erreicht. Laut Schätzungen der WHO und Schweden liegt die generelle Impfquote in Europa bei etwa 53 %, wobei Deutschland zu den Ländern mit unterdurchschnittlicher Abdeckung zählt. Damit liegt noch ein weiter Weg vor der „Cervical Cancer Elimination Initiative“ der WHO, die bis 2030 eine weltweite Impfquote von 90 % bei Mädchen im Alter von 15 Jahren vorsieht [19–23].
Wirksamkeit einer HPV-Impfung in der Krebsprävention
Die Prävention HPV-assoziierter Krebserkrankungen fokussierte sich lange auf Gebärmutterhalskrebs. Dies zeigt sich auch daran, dass die HPV-Impfung für Mädchen in Deutschland bereits deutlich länger empfohlen worden ist, als für Jungen (2007 vs. 2018). Die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung ist daher besonders gut bei Mädchen/ Frauen untersucht. Ein altersabhängiger Rückgang der Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs ist in den Ländern mit hoher Impfquote zu verzeichnen und ist besonders hoch bei den Mädchen, die bereits in einem jungen Alter geimpft wurden [24].
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