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Immunzellen fördern Darmheilung nach Krebstherapie

Sascha Göttert und Prof. Hendrik Poeck stehen vor einem Banner des Leibniz-Instituts für Immuntherapie.

Quelle: © LIT

Immunzellen fördern Darmheilung nach Krebstherapie

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Erschienen in: onkologie heute

Regulatorische T-Zellen können mehr als nur Entzündungen bremsen: Eine neue Studie zeigt, dass sie nach einer Krebstherapie gezielt Reparaturprozesse im Darm anstoßen. Durch die koordinierte Freisetzung von IFNγ und IL-10 unterstützen sie die Regeneration der Darmschleimhaut. Das eröffnet neue Wege zur Behandlung therapiebedingter Darmschäden.

Bislang galt eine Entzündung im Darm vor allem als schädlich. „Nun haben wir gesehen, dass das Immunsystem unter bestimmten Bedingungen Entzündungssignale nutzt, um Heilungsprozesse zu starten“, fasst Prof. Hendrik Poeck, Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) und Leiter der LIT-Kooperationsgruppe, die Ergebnisse zusammen. „Diese Erkenntnisse könnten wichtige klinische Implikationen für viele Patienten haben, deren Darm in Folge einer Krebsbehandlung geschädigt ist“, erklärt Erst- und Korrespondenzautor Dr. Julius Fischer, Forschungsgruppenleiter und Strahlentherapeut an der TUM School of Medicine and Health am TUM Klinikum.

Mikroskopische Aufnahme von proliferierenden Epithelzellen im Darm nach Bestrahlung des Bauchraums.
Proliferierende Epithelzellen (braun markiert) im Darm eine Woche nach einer Bestrahlung des Bauchraums.

Zwei Moleküle IFNγ und IL-10 mit Kombinationseffekt auf Darmstammzellen

Doktorand und Erstautor Sascha Göttert von der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III am UKR entdeckte, dass sowohl in Mausmodellen als auch in Patientenproben Tregs zwei entzündungsassoziierte Moleküle produzieren, die gemeinsam die Darmstammzellen stimulieren: „Wir fanden heraus, dass Interferon-gamma (IFNγ) und Interleukin-10 (IL-10) zusammenwirken, um diese natürlichen Reparatureinheiten des Darms zu beeinflussen“, erklärt Göttert. Während IFNγ allein ein schnelles Zellwachstum auslöst, dabei aber den Pool der intestinalen Stammzellen erschöpft, und IL-10 allein nur eine schwache Unterstützung bietet, liefern sie gemeinsam ein starkes und zugleich dauerhaftes Reparatursignal. Diese Kombination unterstützt sowohl die schnelle Heilung als auch die langfristige Regeneration des Darms nach immun- und strahlungsbedingten Schäden, die in Folge einer Stammzelltransplantation oder Bestrahlung des Bauchraums entstanden sind.

Wichtiges Zusammenspiel von Darmstammzellen und Tregs zum Schutz des Darms

Patienten, die intensive Krebsbehandlungen wie Strahlentherapie oder Stammzelltransplantation erhalten, leiden oft unter schweren Schäden der Darmschleimhaut. „Dies verursacht nicht nur schmerzhafte Entzündungen und Komplikationen durch Infekte, sondern verschlechtert auch langfristig die klinischen Ergebnisse“, sagt Dr. Julius Fischer. Wie die Ergebnisse der Studie zeigen, scheint das körpereigene Reparaturprogramm des Immunsystems den Darm während der Krebstherapie zu schützen: „Diese Studie hebt das Zusammenspiel von intestinalen Stammzellen mit Tregs hervor, die als eine Art Master-Reparaturzellen Immun-Signalmoleküle freisetzen und so geschädigtes Gewebe regenerieren“, konstatiert Prof. Hendrik Poeck. Das Verständnis dieser Prozesse eröffnet neue therapeutische Ansätze zur Förderung der Darmreparatur.

Behandlungen, die Gewebe reparieren, könnten den Erfolg von Krebstherapien verbessern

Erst kürzlich zeigte eine Studie von Poecks Team in „Nature Communications“, dass Darmbakterien oder ein spezifisches Stoffwechselprodukt ebenfalls intestinale Stammzellen stärken können, um Gewebeschäden in Folge einer Transplantation zu verhindern. Beide Studien zusammen markieren einen wichtigen translationalen Fortschritt in der Behandlung schwerer Nebenwirkungen von Krebs- und Transplantationstherapien – einerseits durch den gezielten Einsatz gentechnisch hergestellter Immunzellen, die bestimmte Immunmoleküle produzieren, und andererseits durch Mikrobiota-Präparate oder Ernährungsstrategien. Unter der Leitung von Wissenschaftlern des UKR und LIT werden beide Ansätze derzeit im Rahmen des Netzwerks des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) für Frühphasen-Studien weiterentwickelt. Zielgruppe sind Patienten, die sich einer Transplantation oder CAR-T-Zelltherapie bei Blutkrebserkrankungen unterziehen.

Über das Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT)

Das LIT ist ein Institut innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft mit Sitz in Regensburg, Deutschland. Unsere Mission ist es, innovative Therapien für die Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen zu entwickeln. Durch die Umschulung von Immunzellen mittels synthetischer und pharmakologischer Strategien entwickeln wir Zellen, die Leben retten.

Originalpublikation: Fischer J.C., Göttert S., Giller M. et al. Tissue-adapted Tregs harness inflammatory signals to promote intestinal repair from therapy-related injury. Sig Transduct Target Ther. 2025; 10: 384 Quelle: Pressemitteilung Leibniz-Institut für Immuntherapie

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