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ERC fördert Präzisionstherapien gegen resistente Tumoren

Forschende im Labor arbeiten an präzisen Therapien gegen Tumorresistenz mit Ionenstrahlen und CAR-T-Zellen.

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mgo medizin Redaktion

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Erschienen in: onkologie heute

Forschende erforschen Therapien gegen resistente Tumoren. Präzise Ionenstrahlen, CAR-T-Zellen und personalisierte Impfstoffe sollen die Immunabwehr stärken. ERC fördert das Projekt mit 14 Mio. Euro.

Ein internationales Forschungsprojekt der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg in Kollaboration mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), der University of Pennsylvania (USA) und des Zyprischen Krebsforschungszentrums (CCRI) ist für das gemeinsame Projekt „PRECISION ImmunoRad“ mit dem renommierten ERC Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) ausgezeichnet worden. Ziel des Projekts ist es, die Erfolge immunzellbasierter Therapien aus dem Bereich der Blutkrebserkrankungen auf solide Tumoren zu übertragen. In Vorarbeiten haben die Teams bereits die wesentlichen Faktoren identifiziert, die dazu führen, dass solide Tumoren resistent gegen Immuntherapien sind und nicht auf die sogenannte CAR-T-Zelltherapien ansprechen. Nun wollen die Forschenden die Interaktion des Tumors mit Immunzellen in der unmittelbaren Gewebsumgebung (immunologische Mikroumgebung) gezielt so umprogrammieren, dass diese den Tumor effektiv bekämpfen können. Hierzu kombinieren sie hochpräzise Ionenstrahlen und CAR-T-Zelltherapie – zwei der präzisesten Ansätze der modernen Krebsmedizin. Ergänzend kommen Methoden des „molekularen Engineerings“ zur gezielten Veränderung der immunologischen Tumormikroumgebung sowie personalisierte Krebsimpfstoffe zum Einsatz.

Der ERC Synergy Grant gilt als eine der wettbewerbsintensivsten Auszeichnungen in der europäischen Wissenschaft. Mit ihr unterstützt der ERC herausragende Forschende dabei, bahnbrechende Ideen zu verwirklichen, die nur von spezialisierten Teams gemeinsam umsetzbar sind. Das Fördervolumen liegt bei 14 Millionen Euro über sechs Jahre.

Koordinator der internationalen Kooperation ist Prof. Dr. Dr. Amir Abdollahi, Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg und Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD), Geschäftsführender Direktor am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.

„Mit dieser einzigartigen Kombination von Ionenstrahl-, Zell- und Immuntherapie wollen wir den Grundstein für eine neue Generation präziser, personalisierter Krebstherapien legen, bei denen das Immunsystem selbst zum stärksten Verbündeten gegen bisher therapieresistente Tumoren wird.“

„Die enge Zusammenarbeit führender Forschungsstandorte zeigt beispielhaft, wie internationale Spitzenforschung gemeinsam neue Wege eröffnen kann, um schwer behandelbare Krebserkrankungen künftig wirksamer zu bekämpfen.“

Prof. Abdollahi

Die Teilprojekte werden geleitet von:

  • Prof. Dr. Dr. Amir Abdollahi, W3-Professor für „Translationale Radioonkologie“ an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg und Leiter der gleichnamigen Klinischen Kooperationseinheit des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) am DKFZ, ist ausgewiesener Experte auf den Gebieten der Ionentherapie und der gezielten Reprogrammierung der immunologischen Tumormikroumgebung.
  • Prof. Dr. Dirk Jäger, Ärztlicher Direktor der Klinik für Medizinische Onkologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit „Angewandte Tumorimmunität“ am DKFZ, ist spezialisiert auf personalisierte Immuntherapien.
  • Prof. Dr. Constantinos Koumenis, aktuell Stiftungsprofessor für Radioonkologie an der University of Pennsylvania (UPenn), Philadelphia, USA, wird im Rahmen des Projekts eine Forschergruppe am Cyprus Cancer Research Institute (CCRI) in Nikosia, Zypern, etablieren. Er ist Experte für FLASH-Protonentherapie und der durch die Bestrahlung ausgelösten Stressreaktionen des Tumors und seiner Mikroumgebung (Integrated Stress Response).
  • Prof. Dr. Carl H. June, Direktor des Center for Cellular Immunotherapies an der UPenn, gilt als Pionier des Immunzell-Engineerings und Vater der CAR-T-Zelltherapie.

„Als Medizinische Fakultät freuen wir uns sehr über die großartige Auszeichnung für das Forscherteam durch den Europäischen Forschungsrat.“

„Ganz besonders herauszuheben ist die transatlantische Zusammenarbeit, die durch den ERC Synergy Grant für die nächsten sechs Jahre gefördert wird.“

Prof. Dr. Michael Boutros, Dekan der Medizinische Fakultät.

Ionenbestrahlung und „molekulares Engineering“ sollen Immunzellen bei der Tumorbekämpfung unterstützen

Besonders aggressive Tumoren wie das Bauchspeicheldrüsenkarzinom sprechen bislang nicht oder nur sehr eingeschränkt auf gängige Behandlungsformen an. Sie sind nicht nur resistent gegenüber Bestrahlung und Chemotherapien, sondern entgehen auch der Immunabwehr, indem sie schützendes Narbengewebe bilden (Remodellierung), immununterdrückende Substanzen in die unmittelbare Umgebung freisetzen oder Immunzellen gezielt so umprogrammieren, dass diese nicht mehr angreifen oder den Tumor tolerieren. So können moderne Immuntherapien ihre Wirkung nicht voll entfalten.

Ziel von „PRECISION ImmunoRad“ ist es, die vielfältigen Immun-Abschirmmechanismen des Tumors zu überwinden. Vorangegangene Arbeiten des Konsortiums haben gezeigt, dass dies durch die kombinierte Anwendung von Ionenstrahltherapie, CAR-T-Zelltherapie, speziellen Wirkstoffen zur Immunaktivierung im Tumorumfeld sowie personalisierten Krebsimpfstoffen gelingen könnte.

Die Ionenstrahl-Therapie – etwa mit Protonen, Helium, Kohlenstoff- oder Sauerstoff-Ionen – zerstört Tumorzellen extrem präzise und schont umliegendes gesundes Gewebe. Gleichzeitig bricht sie Tumorstrukturen auf und regt Immunreaktionen an: Der Tumor wird sichtbar für das Immunsystem. Indem die Bestrahlung immununterdrückende Zellen und Signalwege im Tumor zerstört, wird der Boden für die CAR-T-Zelltherapie bereitet. Dazu werden körpereigene Immunzellen entnommen und außerhalb des Körpers gentechnisch so verändert, dass sie – zurück im Körper der Patientinnen und Patienten – den Tumor erkennen und angreifen. Durch die vorbereitende Wirkung der Ionenstrahl-Therapie sollen die CAR-T-Zellen künftig auch Tumoren erreichen, die bisher vor dem Immunsystem abgeschirmt waren.

„Sowohl die Ionenstrahltherapie als auch die CAR T-Zelltherapie sind gewissermaßen die Mondlandungen der Krebsmedizin. Um resistente Tumoren zukünftig besiegen zu können, werden wir in unserem gemeinsamen Projekt das volle synergistische Potenzial dieser Therapien ausschöpfen.“

„Diese transatlantische Allianz zwischen der Universität Heidelberg und der University of Pennsylvania vereint zwei weltweit führende Forschungsprogramme in einer gemeinsamen Mission, die Krebsbehandlung grundlegend zu transformieren.“

Prof. June

Kombination mit personalisierten Krebsimpfstoffen

Ergänzt wird dieser Ansatz durch die personalisierte Krebsimpfung. Dabei werden aus dem jeweiligen Tumor charakteristische Moleküle – sogenannte Tumorantigene – identifiziert. Auf ihrer Basis stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen individuellen Impfstoff aus synthetisch hergestellten Tumorantigenen her, der das körpereigene Immunsystem gezielt auf die spezifischen Tumormerkmale „trainiert“.

„Wir hoffen, dass wir mit diesen Impfstoffen in Verbindung mit Präzisionsbestrahlung und Immunzelltherapien möglicherweise ein Immun-Gedächtnis für eine langanhaltende Tumorabwehrreaktion aufbauen können. Das wäre ein Meilenstein für die Entwicklung hochindividualisierter und effektiver Krebstherapien“

Prof. Jäger

Das Team um Prof. Koumenis wird neue Angriffsziele sowohl für CAR T-Zellen als auch die personalisierten Impfstoffe identifizieren. „Ziel ist es, neue Erkenntnisse möglichst rasch für klinische Studien des Konsortiums zur Verfügung zu stellen, damit Patientinnen und Patienten früh von dieser Zusammenarbeit profitieren können“, so Prof. Koumenis

„Ich bin tief beeindruckt davon, wie die Pionierarbeiten in der Ionentherapie in Heidelberg weit über das ursprüngliche Ziel anatomischer Präzision hinausgewachsen sind. Nun besitzen sie das Potenzial, nicht nur im Sinne einer präzisen Bestrahlung, sondern als Türöffner für die Immunzelltherapie neue Behandlungsmöglichkeiten für die breite Anwendung in der Krebsmedizin zu ermöglichen“, sagt Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus, Ärztlicher Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie sowie Vorstandsvorsitzender des UKHD. Unter seiner Leitung entstand 2009 das weltweit einzigartige Heidelberg Ionenstrahltherapie Zentrum (HIT).

Quelle: Pressemitteilung Universitätsklinikum Heidelberg

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