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Die Rolle des Immunsystems bei Speiseröhrenkrebs

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Erschienen in: onkologie heute

Aktive Immunzellen sind entscheidend für die Therapie von Speiseröhrenkrebs. Neue Erkenntnisse zeigen, wie Chemotherapie und Immuntherapie kombiniert werden können, um die Behandlung zu verbessern.

Bei Patientinnen und Patienten mit Speiseröhrenkrebs entscheidet nicht nur die Chemotherapie, sondern vor allem das Immunsystem über den Erfolg der Behandlung. Das zeigt eine Studie unter maßgeblicher Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK). Sie fanden heraus: Wenn körpereigene Abwehrzellen – insbesondere T-Zellen – aktiv bleiben, ist die Chance auf eine erfolgreiche Therapie deutlich höher. Erscheint das Immunsystem hingegen geschwächt oder blockiert, spricht der Tumor häufig schlecht auf die Behandlung an. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Cancer veröffentlicht.

„Unsere Daten zeigen, dass die Reaktion des Immunsystems entscheidend mitbestimmt, wie gut eine Therapie wirkt – selbst wenn der Tumor sich genetisch kaum verändert“, sagt Co-Studienleiter Professor Dr. Michael Quante, Leiter des Zentrums Gastrointestinale Tumore der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Freiburg und Wissenschaftler am DKTK-Partnerstandort Freiburg.

Tumor bleibt gleich – Umgebung verändert sich

Für die Studie wurden Gewebeproben von 27 Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs untersucht. Alle hatten eine sogenannte neoadjuvante Therapie erhalten – also eine Behandlung vor der Operation, meist in Form einer Chemotherapie oder kombinierten Strahlen-Chemotherapie. Die Proben wurden zu drei Zeitpunkten entnommen: vor, während und nach der Behandlung. Die Analyse umfasste DNA-Sequenzierungen, Transkriptom-Analysen, eine räumliche Charakterisierung des Tumorgewebes mittels multiplexer Immunhistochemie und Immunfluoreszenz sowie die Sequenzierung von T-Zell-Rezeptoren. Dabei zeigte sich: Die Krebszellen selbst blieben erstaunlich stabil. Die Veränderungen fanden vor allem im Umfeld des Tumors statt – in den Immunzellen, im Bindegewebe und in den Signalwegen zwischen Zellen.

Die Ergebnisse zeigten ausgeprägte Veränderungen in der Aktivität bestimmter Gene – und das, obwohl es nur geringe Hinweise auf genetische Ursachen gab. Das deutet darauf hin, dass die meisten Veränderungen der Genexpression während der Therapie wahrscheinlich durch phänotypische Plastizität bedingt sind. Das heißt, dass Tumorzellen ihre Genaktivität dynamisch anpassen und so in eine therapieresistente Form übergehen können.

Darüber hinaus spielt das immunologische Mikromilieu eine entscheidende Rolle für das Ansprechen auf die Behandlung: Tumoren von Patientinnen und Patienten mit gutem Therapieansprechen zeigten seltener genetische Hinweise auf eine sogenannte Immunflucht. Dabei verändert der Krebs bestimmte Oberflächenmerkmale, um vom Immunsystem nicht mehr erkannt zu werden. Daneben war eine stärkere Immunzellantwort auf die Behandlung zu beobachten – insbesondere ein Anstieg aktivierter CD8+-T-Zellen sowie eine begleitende T-Zell-Expansion. Menschen mit geringem Therapieansprechen zeigten im Gegensatz dazu während der Behandlung keine ausgeprägte immunologische Umstrukturierung. Auch hemmende Signale wie das Molekül PD-L1 waren bei diesen Patientinnen und Patienten erhöht – sie gelten als mögliche Ziele für moderne Immuntherapien.

Perspektiven für neue Kombinationstherapien

Diese Erkenntnisse stammen aus wissenschaftlichen Begleituntersuchungen, die im Rahmen des Forschungsprojekts „MEMORI“ durchgeführt wurden. Dieses Projekt wird im DKTK-Joint-Funding-Programm gefördert und basiert auf der zuvor veröffentlichten und ebenfalls vom DKTK geförderten, gleichnamigen MEMORI-Studie. Diese untersuchte, ob eine PET-gestützte Therapieplanung dazu beitragen kann, die Erfolgsrate vollständiger Tumorentfernungen bei operablen Adenokarzinomen im Übergangsbereich zwischen Speiseröhre und Magen zu verbessern.

Die vorliegende Arbeit zeigt anhand von Patientendaten, dass die phänotypische Plastizität von Tumorzellen eine entscheidende Rolle für das Therapieansprechen spielt. „Unsere Ergebnisse betonen die Bedeutung künftiger Forschungsarbeiten, die darauf abzielen, gezielte Strategien zur Einschränkung dieser zellulären Anpassungsfähigkeit zu entwickeln“, fasst Dr. Melissa Barroux zusammen. Sie ist Ärztin an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II am Klinikum der Technischen Universität München, DKTK-Partnerstandort München, und Erstautorin der Publikation.

„Darüber hinaus zeigen wir, dass es im Verlauf der Therapie zu einer Umgestaltung der Interaktion zwischen Tumor und Immunsystem kommt. Diese Beobachtung unterstützt den Ansatz, kombinierte Therapieformen aus Immun- und Chemotherapie weiterzuverfolgen.“ Aktuell laufende klinische Studien untersuchen die Wirksamkeit einer Kombination aus Chemotherapie und Immuncheckpoint-Inhibition (Anti-PD-1/PD-L1-Antikörper) beim Speiseröhren-Adenokarzinom. Die Analyse von Proben dieser Studien wird wichtige Erkenntnisse darüber liefern, wie die adaptive Immunantwort durch Chemotherapie beeinflusst und moduliert wird.

Originalpublikation: Barroux M, Househam J, Lakatos E et al Evolutionary and immune microenvironment dynamics during neoadjuvant treatment of esophageal adenocarcinoma Nat Cancer 2025; 6(5): 820-837

Lorenzen S, Quante M, Rauscher I et al PET-directed combined modality therapy for gastroesophageal junction cancer: Results of the multicentre prospective MEMORI trial of the German Cancer Consortium (DKTK) Eur J Cancer 2022; 175: 99-106

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt

Bilderquelle: © Universitätsklinikum Freiburg/Bertram Bengsch, Martin Borgmann, Michael Quante.

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