Zur Optimierung der Versorgung von Depressionen werden derzeit Behandlungsstrategien mit modularem Aufbau von etablierten Psychotherapieverfahren und digitale Interventionsmöglichkeiten untersucht, die anlässlich des DGPPN-Kongresses 2022 in Berlin vorgestellt und diskutiert wurden.
Der Bedarf an optimierten Strategien ist groß, da der Responder-Anteil auf psychotherapeutische Interventionen nur bei etwa 40% liegt, so Moritz Elsaeßer von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum in Freiburg. Als Gründe für die einschränkte Wirksamkeit nannte Elsaeßer zum Beispiel eine hohe Komorbiditätsrate von bis zu 80 % und eine hohe interindividuelle Heterogenität der Erscheinungsformen und ätiologischen Mechanismen.
Das Ziel der modularen Psychotherapie ist es, ein Baukastensystem mit Auswahlmöglichkeiten und Sequenzen zu etablieren, die patientenspezifisch miteinander kombiniert werden können, um ein definiertes Behandlungsziel effektiver zu erreichen, erläuterte Elsaeßer.
Der modulare Aufbau von psychotherapeutischen Interventionen birgt das Potenzial, die derzeit unbefriedigenden Ergebnisse der Psychotherapie mit störungsspezifischen und personalisierten Ansätzen zu verbessern, wie eine randomisierte Machbarkeitsstudie aus der Arbeitsgruppe mit Elsaeßer gezeigt hat. Darin wurden 70 ambulante Patienten (durchschnittl. 41 Jahre (Bereich: 20-65), 71% weibl.) mit episodischer oder persistierender Major Depression plus Komorbidität und Kindheitstraumata in 20 modularen Einzelsitzungen mit ambulanter Psychotherapie über 16 Wochen behandelt. 30 % aus dieser Kohorte erhielten ein Modul, 49% erhielten eine Kombination aus zwei Modulen und 21% wurden mit einer Kombination aus drei Modulen versorgt, in der komplementäre Verfahren, wie CBASP- (Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy), Mentalisierungs- und/oder Achtsamkeits-Elemente mit einander kombiniert werden konnten. Diese Studie mit komplex erkrankten Patienten zeigte eine gute Machbarkeit und lieferte erste Hinweise auf Wirksamkeit, schlussfolgerte Elsaeßer.
Digitale Interventionen könnten insbesondere im Bereich des Selbstmanagements bei Depressionen eine Versorgungslücke schließen, ergänzte Prof. Dr. med. Jan Philipp Klein, Leitender Oberarzt der Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Universität Lübeck.
Dr. rer. nat. Christine Willen
Literatur: 1. Elsaesser M, Herpertz S, Piosczyk H, Jenkner C, Hautzinger M, Schramm E. BMJ Open. 2022;12(7):e057672.
Quelle: Wissenschaftliche Sitzung „Wege aus dem Wirksamkeits-Plateau der Depressionspsychotherapie: Personalisieren, Digitalisieren, Sequenzieren?“ im Rahmen des DGPPN-Kongresses am 23.11.2022
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