Neben der kausalen Therapie neurologischer Erkrankungen nimmt auch die symptomatische Behandlung damit einhergehender Schmerzen eine essenzielle Rolle ein. Was gilt es hinsichtlich Diagnostik und Therapie zu beachten?
„Schmerz ist bei der Parkinson-Krankheit ein klinisch relevantes Thema“, rief Prof. Dr. med. Heidrun Krämer-Best, Gießen, in Erinnerung. Große, randomisierte Studien zu Schmerz bei dieser Indikation gebe es bislang noch nicht. Es empfehle sich, folgenden Algorithmus bei der Therapie zu berücksichtigen, so die Expertin: Zunächst sei es wichtig, den Parkinson-assoziierten Schmerz zu klassifizieren – nozizeptiv, neuropathisch oder neuroplastisch. Anschließend gelte es, die dopaminerge Therapie zu verbessern. Hier sei die Datenlage für Rotigotin am besten, mit einer guten Wirkung auf die Schmerzintensität[1]. Die dritte Säule stellt die Schmerztherapie dar. Hier hätten Oxycodon/Naloxon, Duloxetin sowie Botulinumtoxin (bei Dystonien) eine gewisse Wirksamkeit nachgewiesen. „Neben der medikamentösen Therapie ist Bewegung sehr wichtig“, führte Krämer-Best aus. In einer Studie hat sich vor allem Nordic Walking als effektiv gegen Schmerzen im gesamten Körper erwiesen [2].
Multiple Sklerose
„Die symptomatische Therapie wird bei der Multiplen Sklerose häufig vergessen – es gilt auch jenseits der immunmodulatorischen Therapie zu denken“, appellierte Prof. Dr. Martin Marziniak, Haar, eingangs seines Vortrages. Signifikante Einflussfaktoren auf die Schmerzentwicklung bei MS sind höheres Lebensalter, längere Erkrankungsdauer, ein höherer EDSS sowie eine chronisch-progrediente Verlaufsform [3]. Interessanterweise trete bei MS-Patienten eher eine Trigeminusneuropathie als eine -neuralgie auf, führte Marziniak aus: Insbesondere ist ein Dauerschmerz zwischen Paroxysmen zu beobachten sowie eine fehlende Refraktärperiode nach einer Schmerzattacke. Es liege zudem eine Demyelinisierung des zentralen Abschnitts des N. trigeminus vor [4]. Bei der Therapie der Trigeminusneuropathie war es dem Experten wichtig zu betonen, dass eine Umstellung von Carbamazepin auf Oxcarbazepin von einem Tag auf den anderen möglich sei, mit einem Umrechnungsfaktor von 1,5.
Ein überraschender Aspekt ist für Marziniak die Häufigkeit des Restless-Legs-Syndroms (RLS) bei MS. Hier ergab eine Metaanalyse von 19 Studien eine Prävalenz von 27,5 % und eine Odds Ratio von 4,535 (95% Cl, 3,043 – 6,759) [5]. „Das ist ein wichtiger Punkt vor allem beim Thema Schlafstörungen. Fragen Sie Ihre Patienten danach“, rief Marziniak abschließend auf.
Martha-Luise Storre
Literatur:
- Kassubek J et al. Rotigotine transdermal system and evaluation of pain in patients with Parkinson’s disease: a post hoc analysis of the RECOVER study. BMC Neurol. 2014 Mar 6;14:42.
- Reuter I et al. Effects of a flexibility and relaxation programme, walking, and nordic walking on Parkinson’s disease. J Aging Res. 2011;2011:232473.
- Solaro C et al. The prevalence of pain in multiple sclerosis: a multicenter cross-sectional study. Neurology. 2004 Sep 14;63(5):919-21.
- Truini A et al. A mechanism-based classification of pain in multiple sclerosis. J Neurol. 2013 Feb;260(2):351-67.
- Ozdogar AT, Kalron A. Restless legs syndrome in people with multiple sclerosis: An updated systematic review and meta-analyses. Mult Scler Relat Disord. 2021 Nov;56:103275.
Quelle: Wissenschaftliches Symposium „Schmerz bei neurologischen Erkrankungen“ am 08.11.2023 im Rahmen des 96. Kongresses der Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin
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