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Hirn-OP: Genaue Prognosen für mögliche Sprachstörungen bei Patienten möglich

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Erschienen in: neuro aktuell

Hirntumore sind vergleichsweise selten. Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie gibt es pro Jahr etwa fünf Fälle auf 100.000 Einwohner. „Doch in den meisten Fällen ist eine Operation und Entnahme des Tumors unumgänglich“, sagt Prof. Sandro Krieg, der davon ausgeht, dass im Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) „annähernd täglich“ ein so genanntes Gliom entfernt wird.

Je nachdem, um welchen Tumor es sich handelt, entwickeln Krieg und seine Kolleginnen und Kollegen individuelle Behandlungs- und Operationsstrategien. Wichtig dabei: Das gesunde Gewebe soll möglichst erhalten bleiben und es sollen keine Strukturen geschädigt werden, was nachher weitere Einschränkungen verursachen kann. Als „Aphasie“ bezeichnet man beispielsweise Störungen des Sprechens nach einer Operation. „Wir wollen schon vor der Operation sehr genau wissen, wie groß dieses Risiko für die Patienten ist.“

Der Leitende Oberarzt in der Klinik für Neurochirurgie im Klinikum rechts der Isar beschäftigt sich schon seit mehr als zehn Jahren mit dem so genannten präoperativen Kartieren des Gehirns. „Wir wissen schon lange, wo sich grundlegend welche Funktionen des Gehirns etwa für Bewegung oder das Sprechen befinden. Doch haben wir erst vor etwa fünf Jahren damit begonnen, das Netzwerk des Gehirns zu analysieren, also herauszufinden, wie einzelne Regionen zusammenarbeiten, um beispielsweise das Sprechen zu ermöglichen. Klar ist: Ein echtes Sprachzentrum gibt es nicht. Es sind eher mehrere so genannte Hubs, also Knoten eines großen Netzwerks, über die Sprache möglich wird.“

Hirntumor: Per Maschinellem Lernen Prognosen abgeben

Die Analyse der Netzwerkeigenschaften des Gehirns – auch Connectom-Analyse genannt –, die das Team von Prof. Krieg seit etwa zwei Jahren einsetzt, spielt eine Schlüsselrolle in der aktuellen Forschung. „So quantifizieren wir die Verbindungen in einzelnen Hirnarealen“, sagt Prof. Krieg. „Inzwischen haben wir damit begonnen, Hirnarealen exaktere Funktionen zuzuweisen.“

Die TUM-Wissenschaftler Dr. med Haosu Zhang und Dr. med. Sebastian Ille haben nun Schichtbilder vom Gehirn anatomisch zugeordnet, die für sprachliche Fähigkeiten zuständig sind. Der Ablauf ist Folgender: „Mit Hilfe einer speziellen Form der Magnetresonanztomographie, der sogenannten Traktografie stellen wir die Netzwerke und Subnetzwerke von Nervenbahnen im Gehirn dreidimensional dar“, erläutert Zhang die Technologie.

Unterstützt wird diese Netzwerkanalyse von der navigierten transkraniellen Magnetstimulation. Dabei hemmt ein gezielter magnetischer Impuls Nervenzellen von Faserbahnen, die für das Sprechen zuständig sind. Dies löst dann bei den Patienten eine vorübergehende Sprachstörung aus, die in Videoanalysen erkannt werden kann. So können die Forschenden präzise Regionen im Gehirn ausfindig machen, die für das Sprechen zuständig sind. „Die so genannten Connectom-Parameter aus der Traktografie und Informationen über die Sprachfunktion des Patienten kombinieren wir miteinander“, erläutert Zhang.

Das Besondere an Zhangs und Illes Algorithmus: Heraus kommen „statistisch signifikante Parameter“ – Daten, die die Basis für das Training eines Modells für maschinelles Lernen bieten und damit auch für die Bestimmung der Sprachfunktion von einzelnen Patienten. So komplex der Einsatz der verschiedenen Analysemethoden zu sein scheint – das Besondere an der Methode ist ihre Einfachheit: Der gesamte Analyseprozess kommt ohne komplexe Algorithmen und leistungsstarke Rechner aus. „Die Daten, die wir einsetzen, ziehen wir aus Routineuntersuchungen im Krankenhaus“, sagt Zhang.

Netzwerkanalyse: Genauigkeit in der Vorhersage von Sprachstörungen von 73 Prozent

In einer aktuellen Studie haben die Forschenden vom Klinikum rechts der Isar bei 60 Patientinnen und Patienten gezeigt, dass sich durch den Einsatz dieser kombinierten Analyse recht zuverlässig (73 %) vorhersagen lässt, ob es nach dem Eingriff zu Sprachstörungen kommt, zur so genannten operationsbedingten Aphasie. „Es ist sehr wichtig, eine solche Prognose abgeben zu können“, so Krieg. Ihn begeistert, dass er das Risiko mittels „echter Netzwerkanalyse“ nun besser in Zahlen fassen und die Kartierung des Gehirns mit konkreten Daten untermauern kann.

Hinzu kommt: Mit Hilfe von maschinellem Lernen sollen die Prognosen nun noch besser werden. Doch dafür benötigen die Forschenden Daten von mehr Patienten, um die Machine-Learning-Algorithmen anzulernen. „Es ist der einzige Ansatz, der auf Basis von Big Data eine Aussage über das Risiko eines Eingriffs machen kann“, sagt Prof. Krieg, der nun weitere Patienten finden will, die an seinen Forschungen teilnehmen. Schon „ein paar hundert“ Patienten sollten seiner Ansicht nach für eine sehr präzise Vorhersage ausreichen.

Quelle: idw-online/ Technische Universität München

Bilderquelle: © Gorodenkoff – stock.adobe.com

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