Multiple Sklerose (MS) geht bei vielen Betroffenen mit kognitiven Einschränkungen einher. Expertinnen und Experten empfehlen, bereits ab Erstdiagnose ein jährliches Screening durchzuführen.
„Obwohl sie für die Betroffenen mit einer erheblichen Einschränkung ihrer Lebensqualität einhergehen können und von Charcot bereits vor 150 Jahren beschrieben wurden, finden MS-assoziierte kognitive Einschränkungen bis heute immer noch zu wenig Beachtung,“ monierte Dr. med. Michaela Butryn, Institut für Kognitive Neurologie und Demenzforschung (IKND) und Gedächtnissprechstunde, Universitätsmedizin Magdeburg, in einem Vortrag auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin. Je nach Stichprobe und Testverfahren betrage die Prävalenz kognitiver Symptome bei MS-Kranken bis zu 70 %. Eine aktuelle systematische Metaanalyse fand je nach Testverfahren eine Prävalenz zwischen 39% und 44% [1].
Bereits ab MS-Erstdiagnose laute die Empfehlung, so Butryn, ein jährliches Screening auf kognitive Symptome durchzuführen, was allerdings weit von der derzeitigen Versorgungsrealität entfernt sei. Goldstandard sei dabei das Minimal Assessment of Cognitive Function in Multiple Sclerosis (MACFIMS). Die Testung nehme etwa 90 Minuten in Anspruch und müsse durch qualifizierte Fachkräfte erfolgen. Auch das sei derzeit in der Breite nicht umsetzbar. Butryn rät daher, zumindest das Brief International Cognitive Assessment in Multiple Sclerosis (BICAMS) anzuwenden, eine Screening-Batterie, die in rund 20 Minuten durchführbar und auch an Praxispersonal delegierbar sei.
Es gibt auch eine steigende Anzahl digitaler Tools zur kognitiven Testung, die hauptsächlich die Verarbeitungsgeschwindigkeit als Zieldomäne beinhalten. Allerdings seien diese, so Butryn nicht MS-spezifisch und auf keinem hohen Niveau validiert.
Dr. Thomas M. Heim
Quelle: Butryn M. Vortrag: „Neuropsychologische Diagnostik und Therapie kognitiver Einschränkungen bei Multipler Sklerose“, Session: „Neuropsychologische Diagnostik und Therapie bei entzündlichen, neurodegenerativen und autoimmunbedingten Störungen sowie deren praktische und theoretische Implikation für die Fahreignung“ am 12.11.2025 im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin.
- Askari M et al. Caspian J Intern Med 2024; 15: 392-413



