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Neues Weißbuch Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erschienen

Arzt hält ein digitales 3D-Bild eines Herzens mit medizinischen Symbolen im Hintergrund

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Erschienen in: herzmedizin

In Deutschland gibt es jährlich etwa 1,7 Mio. neue Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Durchschnitt verlieren Patienten damit bis zu 10 Lebensjahre. Prof. Stephan Baldus, Köln, erläuterte, dass Deutschland zur Behandlung und Forschungsaktivitäten dazu breit aufgestellt ist, aber in der Prävention ein extremes Defizit hat. England, Frankreich und die Benelux-Staaten sind uns hier weit überlegen!

Obwohl in Deutschland pro Einwohner 900 EUR investiert werden, erreicht es keine niedrigere Inzidenz der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Deutschland hat einfach eine schlechte Performance, es steht auf Platz 20 von 21 möglichen“, sagte Baldus. So leben Deutsche mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen 4 Jahre weniger als ein Japaner, der davon betroffen ist. Kardiovaskuläre Erkrankungen treiben also diesen Verlust an Lebenserwartung. Ein schwacher Trost: Die USA sind noch schlechter als Deutschland. „Wir wären extrem effektiv, hätten wir Vorsorgeprogramme wie bei Krebs auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ stellte er fest. Weitere Problemlöseansätze wären z. B., dass Apotheken in die Früherkennung einbezogen werden (Blutdruck und Lipide messen) und man könnte ebenso eine gender-gerechte Behandlung etablieren.

Hans-Holger Bleß, Berlin, Herausgeber des Weißbuchs, fasste die bestehenden Defizite in der Früherkennung, Prävention und Versorgung so zusammen: 1. Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden oft zu spät diagnostiziert 2. Ein Screening für arterielle Hypertonie und Hypercholesterinämie ist nicht standardmäßig etabliert, ebenso wenig eines auf Herzinsuffizienz 3. Risikofaktoren wie Übergewicht, Diabetes, und Bluthochdruck nehmen in Deutschland kontinuierlich zu, ohne Fortschritte in der Präventionsstrategie 4. Weniger als 20 % der Hochrisikopatienten, die von Atherosklerose betroffen sind, erreichen die empfohlenen Zielwerte beim LDL-Cholesterin, was das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle deutlich erhöht. In einer Studie erreichten nur 36 % der Patienten ihre Blutdruckziele, weniger als 30% hatten ein kontrolliertes Lipidprofil.

Prof. Ulrich Laufs, Leipzig, nahm Stellung zur Aktivierbarkeit des NLRP-3 Inflammasom, das genetisch beeinflusst ist und mit systemischer Inflammation und kardiovaskulärem Risiko korreliert. Zum Beispiel korreliert eine genetische Veranlagung zu mehr Interleukin(IL)-6 zu vermehrten Auftreten von Herzinfarkten. „Wir haben also eine Veranlagung dazu, auf diese sterilen Entzündungsreize zu reagieren und das ist auch mit mehr Atherosklerose assoziiert. Bestimmte Blutfette sind schlecht für die vaskuläre Pathologie. Ich sage das, weil das praxisrelevant wird. Durch die Revolution der Arzneimittelentwicklung, die modernen Antikörper- und mRNA-basierten Technologien, werden in dem Moment, wo man die Pathologie versteht, diese Targets angehbar“, sagte Laufs. Würde man zusätzlich zum Bluthochdruck, der Atherothrombosen, dem Stoffwechsel und Lipoproteine noch die primäre Inflammation beeinflussen, könnte man Morbidität und Mortalität klar senken.

Diffus auf die Inflammation einzuwirken, bringe nichts, sagte er, das belegte die Anwendung von Methotrexat. Gezielt darauf wirken Colchizin (Gift der Herbstzeitlosen), Canakinumab (Anakinra, Goflikicept) und Ziltivekimab (Sarilumab, Toclizumab, Clazakizumab). Patienten erhielten zwar Colchizin 0,5 mg und man sah in einer Studie aber keinen Effekt auf das hochsensitive CRP, und mehr Infektionen. Dann gab es eine Reihe von Studien, die neutrale Ergebnisse lieferten, also keinen Effekt von Colchizin nach Myokardinfarkt zeigten.

Was aber funktioniert hat, ist die spezifische Hemmung von Interleukin-1ß, das man mit einem monoklonalen Antikörper wie z. B. Ziltivekimab oder Clazakizumab angehen kann. Die Phase-III-Studien (ZEUS, ARTEMIS und HERMES) laufen dazu bereits. „Dann könnte ein solcher Hemmer von IL-1ß eine additive Option sein, wenn Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit belegt werden, um vielleicht in eine Situation zu kommen, wo wir mit einem spezifischen Marker Patienten-Selektion, Therapiesteuerung und auch mal Behandlungspausen adressieren können. Das ist die Vision“, schloss Laufs.

Dr. med. Nana Mosler

Quelle: Pressekonferenz „Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Neues Weißbuch zeigt klaren Handlungsbedarf“ am 23.04.25 anlässlich der 91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim. Veranstalter: Novo Nordisk Pharma GmbH

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