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Differenzierter Umgang mit Adipositas: Es gibt einiges gerade zu rücken

Differenzierter Umgang mit Adipositas: Es gibt einiges gerade zu rücken

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2 MIN

Erschienen in: herzmedizin

Interview mit Prof. Dr. med. Stefan Bornstein, Dresden

Prof. Dr. med. Stefan Bornstein, Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, ist Mitglied der internationalen Kommission für klinische Adipositas und Dekan des transCampus am King‘s College London. Im Interview kommentiert er den Entwurf einer differenzierteren Adipositas-Diagnostik und umreißt, wie ein adäquater Umgang mit Übergewicht und Adipositas aussehen könnte, der den individuellen Krankheitswert ebenso berücksichtigt wie die Finanzierbarkeit durch die Solidargemeinschaft. Nach wie vor ist die Ansicht, dass Adipöse selbst schuld und allein verantwortlich zu machen sind, in unserer Gesellschaft – und auch in der Ärzteschaft – verbreitet. Diese Haltung sei medizinisch haltlos, so Bornstein. Adipositas sei eine Krankheit und erfordere eine differenzierte Intervention. Dabei sei es unerlässlich, dass die Betroffenen mitziehen und Eigenverantwortung übernehmen.

Was hat die internationale Expertenkommission veranlasst, ein Konsensuspapier zur Neudefinition und differenzierten Diagnostik der Adipositas herauszugeben?

Bornstein: Der Vorschlag zur Neugestaltung der Adipositas-Diagnostik wurde erarbeitet, weil der Umgang mit Adipositas einiger Korrekturen bedarf. Das betrifft vor allem die Heterogenität mit Blick auf den Krankheitswert der Adipositas. Nachdem die Adipositas lange Zeit überhaupt nicht als Krankheit angesehen, sondern individuellem Fehlverhalten zugeschrieben wurde, wird sie jetzt offiziell jedenfalls pauschal als chronische Krankheit bewertet. Aber eine solche pauschale Sicht wird der Realität nicht gerecht. Die Expertenkommission spricht sich für einen differenzierten Umgang mit Adipositas aus, der bei der Diagnostik beginnt. Die Adipositas-Diagnostik stützt sich bisher ausschließlich auf den Body-Mass-Index. Die Fettverteilung, die für die Adipositas-assoziierten metabolischen und kardiovaskulären Risiken entscheidend ist, wird in der Regel nicht erfasst. Fettablagerungen im Unterhautfettgewebe an Hüften und Beinen sind unproblematisch mit Blick auf das metabolische und kardiovaskuläre Risiko. Was gefährlich ist, sind viszerale Fettablagerungen unter der Bauchdecke und um die inneren Organe herum. Mit einer Diagnostik, die sich allein auf den BMI stützt, werden diese wichtigen Unterschiede nicht erfasst. Deshalb empfiehlt die Kommission, den BMI unbedingt durch eine Bestimmung der Fettverteilung zu ergänzen.

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Bildquelle: © New Africa – stock.adobe.com

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