Typ-1-Diabetes betrifft Menschen jeden Alters und wird insbesondere im Erwachsenenalter häufig fehldiagnostiziert. Neue Erkenntnisse zur Früherkennung, differenzierte diagnostische Verfahren und innovative immunmodulatorische Therapieansätze eröffnen in der Versorgung von T1D neue Perspektiven. Experten betonen: Ein frühzeitiges, gezieltes Monitoring und die richtige Diagnostik sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
Typ-1-Diabetes ist keine reine Kinderkrankheit
Mehr als die Hälfte der Neuerkrankungen in Deutschland betrifft Erwachsene, wobei die Fehldiagnoserate mit steigendem Alter zunimmt.
„Mit zunehmendem Alter nehmen die Fehldiagnosen zu. Es gibt kein spezifisches Antikörperprofil und keinen isolierten klinischen Marker für T1D im Erwachsenenalter.“
PD Dr. Martin Füchtenbusch, Endokrinologe und Diabetologe am Helmholtz Munich
Eine differenzierte Diagnostik ist daher unerlässlich, um Fehlbehandlungen und das Risiko für diabetische Ketoazidose (DKA) zu minimieren. Über 40 Prozent der T1D-Patienten über 30 Jahren werden initial als Typ-2-Diabetes (T2D) behandelt, was gravierende Folgen haben kann. Ein gezielter Antikörpertest und die Bestimmung des C-Peptid-Spiegels sind entscheidend, um T1D auch im Erwachsenenalter sicher zu erkennen und die richtige Therapie einzuleiten.
„Ein absoluter Insulinmangel, nachgewiesen über einen Mangel an C-Peptid, ist für die Differentialdiagnose bei klinischer Manifestation eines Diabetes ganz entscheidend.“
PD Dr. Martin Füchtenbusch, Endokrinologe und Diabetologe am Helmholtz Munich
Früherkennung eröffnet neue Präventionsmöglichkeiten:
Bereits 80 Prozent der betroffenen Kinder entwickeln Autoantikörper vor dem sechsten Lebensjahr.
„Wir leben in einer Zeit, in der wir die Möglichkeit haben, die Therapie der Menschen mit T1D neu zu gestalten.“
Prof. Dr. Olga Kordonouri, Pädiatrische Diabetologin am Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“, Hannover
Das Vorliegen von mindestens zwei Autoantikörpern geht mit einem nahezu 100-prozentigen Risiko für die spätere Manifestation des T1D einher. Genetisches Screening und Antikörpernachweis ermöglichen ein gezieltes Monitoring und die Teilnahme an Präventionsstudien. Programme wie POInT, SINT1A, Fr1da und TEDDY zeigen, dass eine frühzeitige Identifikation und Begleitung betroffener Kinder zu milderen Verläufen und einer Reduktion schwerer Komplikationen führen können.
Immunmodulatorische Ansätze als vielversprechende Ergänzung
Trotz optimaler Insulintherapie schreitet der Autoimmunprozess mit Betazellzerstörung weiter voran.
„Im Verlauf des T1D gibt es möglicherweise ein Fenster, in dem man die Zerstörung der Betazellen durch Immunmodulation verlangsamen kann.“
Dr. Felix Reschke, Oberarzt und Kinderdiabetologe am Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“, Hannover
Immunmodulatorische Therapien, wie sie aktuell mit Substanzen wie Teplizumab, ATG, Abatacept, GAD-alum und Frexalimab in Studien untersucht werden, könnten künftig helfen, die Manifestation zu verzögern oder den Betazellerhalt zu fördern. Diese Ansätze markieren einen Paradigmenwechsel und eröffnen neue Therapieperspektiven – auch wenn viele Fragen zur praktischen Umsetzung und Zulassung noch offen sind.
Fazit für die Praxis
- T1D im Erwachsenenalter ist häufig und wird oft fehldiagnostiziert – gezielte Antikörper- und C-Peptid-Bestimmung sind essenziell.
- Früherkennung und Präventionsprogramme können den Verlauf positiv beeinflussen.
- Immunmodulation ist ein vielversprechender Forschungsbereich und könnte die Versorgung von Menschen mit T1D in Zukunft grundlegend verändern.
Quelle: Pressemitteilung sanofi „Typ-1-Diabetes ist keine Kinderkrankheit – Mit zunehmendem Alter nehmen die Fehldiagnosen zu“ – Berlin, den 22. Juli 2025
Weiterführende Informationen:
Mehr zum Thema Früherkennung und aktuellen Studien finden Sie unter
www.gemeinsam-typ1.de
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