Diabetologie » Typ-2-Diabetes

»

Darmkrebs bei Typ-2-Diabetes: Immunstatus des Tumors als entscheidender Faktor für Risiko und Prognose

Darmkrebs bei Typ-2-Diabetes: Immunstatus des Tumors als entscheidender Faktor für Risiko und Prognose

News

Diabetologie

Typ-2-Diabetes

mgo medizin

mgo medizin

Autor

3 MIN

Erschienen in: diabetes heute

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben nicht nur ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, sondern auch eine schlechtere Prognose nach der Diagnose. Die Ursachen dieses Zusammenhangs waren bislang nur teilweise verstanden. Eine aktuelle, groß angelegte Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), publiziert im Journal of Clinical Oncology, liefert jetzt neue, differenzierte Erkenntnisse: Entscheidend ist offenbar, wie „immunaktiv“ das Tumormikromilieu ist – also wie viele Immunzellen im und um den Tumor nachweisbar sind.

Studien-Highlights: Immunzell-Score als Prädiktor für Risiko und Verlauf

Im Rahmen einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie mit 4.724 Teilnehmern (darunter 2.321 Darmkrebspatienten) wurde der Immunstatus der Tumoren anhand eines Immunzell-Scores (ICS) bewertet. Dieser Score basiert auf der Dichte von CD3+ und CD8+ T-Zellen sowohl am invasiven Rand als auch im Tumorkern. Die Tumoren wurden in drei Gruppen unterteilt: hohe, mittlere und niedrige Immunzellinfiltration (ICSHi, ICSInt, ICSLow).

Das zentrale Ergebnis:

  • Diabetiker mit Tumoren niedriger Immunzellinfiltration (ICSLow) hatten ein signifikant erhöhtes Darmkrebsrisiko (Odds Ratio 1,80) und eine deutlich schlechtere Prognose (Hazard Ratio für krebsspezifisches Überleben 1,99; für krankheitsfreies Überleben 1,53) im Vergleich zu Nichtdiabetikern.
  • Bei Tumoren mit hoher Immunzellinfiltration (ICSHi) war das Risiko für Diabetiker hingegen nicht signifikant erhöht.
  • Das bedeutet: Der negative Einfluss von Typ-2-Diabetes auf das Darmkrebsrisiko und die Prognose ist vor allem auf Tumoren mit schwacher Immunüberwachung begrenzt.

Pathophysiologie: Wie beeinflusst Diabetes das Tumormikromilieu?

Die Autoren vermuten, dass chronisch erhöhte Blutzucker- und Insulinwerte bei Typ-2-Diabetes nicht nur das Wachstum von Krebszellen fördern, sondern auch die Energieversorgung und Funktion der Immunzellen im Tumorgewebe beeinträchtigen. Dadurch wird die lokale Immunabwehr geschwächt – Tumoren mit ohnehin geringer Immunzellinfiltration („immunkalte“ Tumoren) sind besonders betroffen. Umgekehrt scheint eine starke Immunantwort im Tumor den negativen Einfluss des Diabetes zu kompensieren.

Klinische Konsequenzen: Präzisionsprävention und individualisierte Therapie

Für die diabetologische Praxis ergeben sich daraus mehrere wichtige Implikationen:

  • Die immunologische Charakterisierung von Darmtumoren (z.B. durch Bestimmung des Immunzell-Scores) könnte helfen, Hochrisikopatienten zu identifizieren, die von intensiveren Vorsorge- und Therapiestrategien profitieren.
  • Diabetiker mit niedrigem Immunzell-Score könnten gezielt für frühere oder häufigere Darmkrebsscreenings und engmaschigere Nachsorge angesprochen werden.
  • Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer guten Blutzuckereinstellung und zeigen, dass zusätzlich immunmodulatorische Ansätze in der Forschung und Therapie berücksichtigt werden sollten.

Fazit für die Praxis

Die Studie belegt erstmals, dass Typ-2-Diabetes das Darmkrebsrisiko und die Prognose abhängig vom Immunstatus des Tumors beeinflusst. Für Diabetologen heißt das:

  • Die Einschätzung des individuellen Risikos sollte künftig neben klassischen Risikofaktoren auch den Immunstatus des Tumors berücksichtigen.
  • Präventions- und Behandlungsstrategien können durch die Integration von metabolischen und immunologischen Aspekten optimiert werden.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Diabetologie, Onkologie und Pathologie wird immer wichtiger, um Patienten mit Typ-2-Diabetes bestmöglich zu versorgen.

Schlagworte zu diesem Beitrag

Ein Beitrag von

mgo medizin

mgo medizin

Autor

Autor des Beitrags

Weitere Beiträge zu diesem Thema

älteres Ehepaar gehen im Winter über eine schneebedeckte Brücke

Diabetes im Winter: Was Praxisteams jetzt beachten sollten

News

In den Wintermonaten stehen Menschen mit Diabetes vor besonderen Herausforderungen. Kälte, schwankende Temperaturen und häufigere Infekte können den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen und das Diabetesmanagement erschweren. Diabetologinnen und Diabetologen ...

Diabetologie

Typ-1-Diabetes

Beitrag lesen
Laborröhrchen mit Blut und der Aufschrift oGTT

Früherkennung von Typ-2-Diabetes: Der unterschätzte 1h-OGTT-Wert

News

Aktuelle Forschungsergebnisse aus Tübingen, Helmholtz Munich und dem DZD zeigen: Der Ein-Stunden-Blutzuckerwert im OGTT identifiziert besonders effektiv Risikopatienten für Typ-2-Diabetes – und eröffnet neue Chancen für die gezielte Prävention in ...

Diabetologie

Typ-2-Diabetes

Beitrag lesen
verschiedene Hände liegen übereinander

DANK-Forderung nach Public-Health-Strategie

Berufspolitik

Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) lud auf dem DDG-Kongress Ende Mai in Berlin zu einem Symposium mit dem Titel „Die neue Bundesregierung: Neustart oder Handbremse für die Präventionspolitik in ...

Diabetologie

Sonstiges

Beitrag lesen