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Was gibt´s Neues bei den IMIDs?

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Entzündliche Dermatosen

mgo medizin Redaktion

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Wir werfen einen Blick auf die auf dem Skin Inflammation & Psoriasis International Network Kongress vorgestellten Neuerungen zu immunvermittelten entzündliche Erkrankungen (IMIDs).

Über 4.000 Dermatologen aus Praxis und Forschung aus 100 Ländern trafen sich zum 8. SPIN-Kongress in Montrouge, einem Vorort von Paris, um über neueste Erkenntnisse der IMIDs, d.h. immunvermittelte entzündliche Erkrankungen zu diskutieren. Klares Fazit: Es bleibt auch in Zukunft spannend.

Hidradenitis suppurativa (HS)

HS weist nach Ausführungen von Prof. Christos Zouboulis, Dessau, ein äußerst heterogenes klinisches Bild auf. Die drei wichtigsten inflammatorischen Läsionen sind entzündliche Knoten, Abszesse und drainierende Fisteln. Phänotypisch unterscheidet man bei HS heute zwischen einem inflammatorischen und einem nicht-inflammatorischen Typ, was therapeutische Konsequenzen hat. Die sehr häufig verwendete Hurley-Klassifikation sei nur für die nicht-entzündliche HS geeignet und mit ihrer Hilfe kann über die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs entschieden werden. Der International Hidradenitis Suppurativa Severity Score System (IHS4) wiederum die einzige Skala zur Schweregradbeurteilung der inflammatorischen HS: „Die IHS4 ist deshalb so bedeutend, weil sie das therapeutische Fenster für die frühe Behandlung der HS öffnet“, erklärte Prof. Zouboulis.

Der in diesem Jahr publizierten neuen Europäischen S2k-Leitlinie zufolge dürfen Biologika nur second-line verordnet werden. Erste Maßnahme sei dabei die Therapie mit Antibiotika (Clindamycin als Monotherapie oder die Kombination aus Clindamycin und Rifampicin). „Kann eine medikamentöse Therapie das Schwerestadium der HS beeinflussen? Wir haben diese Möglichkeit heute, daher ist die klare Antwort ja“, brachte es Prof. Zouboulis auf den Punkt. Am wirkungsvollsten seien IL-17-Inhibitoren wie Secukinumab und Bimekizumab. In den Phase-3-Studien SUNSHINE/SUNRISE wiesen an Woche 104 nur mehr 21,9 % der Patienten eine schwere HS auf, zu Baseline waren es 79,7%. Ähnlich effektiv zeige sich Bimekizumab, das sowohl IL-17A als auch IL-17F blockiert: 87 % der Patienten wiesen zu Baseline eine schwere HS auf, nach 96 Wochen nur noch 20 % – auch bei Patient:innen mit vorherigem Therapieversagen unter Adalimumab. „Die Ergebnisse waren eindrücklich und stabil bis Woche 48“, brachte es Prof. Zouboulis auf den Punkt.

In den Phase-3-Studien SUNSHINE/SUNRISE wiesen an Woche 104 nur mehr 21,9 % der Patienten eine schwere HS auf, zu Baseline waren es 79,7%. Ähnlich effektiv zeige sich Bimekizumab, das sowohl IL-17A als auch IL-17F blockiert: 87 % der Patienten wiesen zu Baseline eine schwere HS auf, nach 96 Wochen nur noch 20 % – auch bei Patient:innen mit vorherigem Therapieversagen unter Adalimumab. „Die Ergebnisse waren eindrücklich und stabil bis Woche 48“, brachte es Prof. Zouboulis auf den Punkt.  

 Symbolbild: Darstellung von immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen (IMIDs) auf dem SPIN-Kongress 2025.
© Robert Herhold – stock.adobe.com

Atopische Dermatitis (AD)

Systemtherapien bei atopischer Dermatitis stellen während Schwangerschaft und Stillzeit eine besondere Herausforderung dar. In diesem vulnerablen Zeitraum gibt es keine Standardlösung. „Um den Kollegen hier eine Richtschnur an die Hand zu geben, entschlossen wir uns, ein Positionspapier über AD in Schwangerschaft und Stillzeit zu schreiben“, erklärte Prof. Christian Vestergaard, Aarhus (Dänemark). Methotrexat (MTX) und Mycophenolat-Mofetil (MMF) sind demnach während Schwangerschaft und Stillzeit absolut kontraindiziert. MTX sollte bei Frauen mit Kinderwunsch bereits sechs Monate vor der Konzeption abgesetzt werden, bei Männern drei Monate zuvor. Für MMF reiche bei beiden Geschlechtern ein Abstand von drei Monaten.

Azathioprin stelle eine potenzielle, wenn auch restriktiv einzusetzende Alternative dar. Es dürfe nur eingesetzt werden, wenn keine anderen Optionen zur Verfügung stehen und solle nicht während der Schwangerschaft neu begonnen werden. Während der Stillzeit sei Azathioprin erlaubt, jedoch sollte Muttermilch, die in den ersten vier Stunden nach Einnahme produziert wird, verworfen werden.

Ciclosporin A wird im Positionspapier als systemische Therapie der ersten Wahl bei schwerer AD benannt, sofern eine längerfristige Krankheitskontrolle erforderlich ist. Es darf daher auch während der Stillzeit verwendet werden – allerdings unter strenger Indikationsstellung und engmaschiger Kontrolle.

Systemische Kortikosteroide sind sowohl präkonzeptionell als auch in der Schwangerschaft bei akuten Exazerbationen eine Option. Dabei gelte: so niedrig und so kurz wie möglich dosieren. Eine Dauertherapie sei nicht zu empfehlen. Prednisolon wird bevorzugt eingesetzt, mit einer maximalen Dosierung von 0,5 mg/kg/Tag über zwei bis drei Wochen. Auch während der Stillzeit können orale Kortikosteroide als sogenannte „Rescue“-Therapie verwendet werden. Moderne Therapien wie Dupilumab und JAK-Inhibitoren (z. B. Upadacitinib, Abrocitinib) werfen laut den Referent:innen Fragen auf: Für Dupilumab fehlten belastbare Sicherheitsdaten – eine Metaanalyse mit 115 Frauen ergab aber keine Hinweise auf erhöhte Risiken, weshalb eine Anwendung in Einzelfällen erwogen werden könne. Entscheidend seien die individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung und eine ausführliche Aufklärung der Patientin. Während der Stillzeit könne Dupilumab ebenfalls nach Einzelerwägung verordnet werden. JAK-Inhibitoren hingegen blieben wegen fehlender Datenlage in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.

Viele Schwangerschaften treten ungeplant ein. Deshalb sei bei Frauen im gebärfähigen Alter unter Therapie mit MTX, MMF oder JAK-Inhibitoren eine effektive Kontrazeption zwingend erforderlich. Kommt es zu einer ungewollten Schwangerschaft, sollten diese Substanzen sofort abgesetzt und die topische Therapie intensiviert werden. Eine Überweisung an einen Gynäkologen oder an ein teratologisches Informationszentrum ist in solchen Patientenfällen obligatorisch.

Alopecia areata (AA)

Mit Ritlecitinib und Baricitinib sind mittlerweile zwei Behandlungen für die Therapie der schweren Alopecia Areata zugelassen. Prof. Brett King, Yale School of Medicine, New Haven (USA), riet in seinem Vortrag dazu, Patienten mit AA möglichst frühzeitig zu behandeln. Klinische Studien zeigten, dass insbesondere solche mit kürzerer Krankheitsdauer und Resthaaren zu Therapiebeginn deutlich besser auf die Behandlung ansprechen. Ein weiterer Einflussfaktor sei die Dauer des aktuellen Haarausfallschubs – ist dieser kürzer als drei Jahre, stiegen die Erfolgschancen deutlich. Bei der Therapie sollten Patienten geduldig sein. Mit ersten Effekten ist frühestens nach einem Monat zu rechnen, der volle Wirkeintritt dauere oft sechs bis zwölf Monate. Patienten sollten auch offen darüber aufgeklärt werden, dass ein spontanes Haarwachstum ohne Therapie bei schwerer AA praktisch nie vorkommt.

Ist die AA nur leicht ausgeprägt, könne auch ein Therapieversuch mit oralem Minoxidil (5 mg, 2x täglich) gestartet werden. In der Regel handele es sich bei der Behandlung der AA um eine Langzeittherapie; lediglich bei sehr frühem Beginn könne der Haarwuchs auch nach Absetzen bestehen bleiben – ein weiteres Argument für die frühe Behandlung.

Vitiligo

Kürzlich wurde der JAKI-Inhibitor Ruxolitinib als Creme als erste zielgerichtete Therapie zur Vitiligo in Deutschland zugelassen. Wie Prof. Thierry Passeron, Universität Cote d’Azur in Nizza (Frankreich) in seinem Vortrag ausführte, werden in Bälde weitere systemische Optionen folgen. Am weitesten in der Entwicklung fortgeschritten sei Ritlecitinib, ein selektiver JAK3/TEC-Inhibitor zur oralen Verabreichung, der in einer noch laufenden Phase-3-Studie bei Patient:innen mit aktiver, progressiver Vitiligo untersucht wird. Auch der JAKI-Hemmer Povorcitinib befindet sich in Phase-3-Studien, Ergebnisse werden demnächst erwartet.

Ein neuartiger immunmodulatorischer Ansatz sei Anifrolumab, ein Typ-I-Interferonrezeptor-Blocker. In präklinischen Studien zeige sich, dass die Blockade dieses Signalwegs die Expansion regulatorischer T-Zellen (Tregs) fördert und so die vitiligospezifische Entzündungsantwort dämpft. Derzeit wird eine Phase-2-Studie mit Anifrolumab in Kombination mit der Phototherapie an der Universität Bordeaux durchgeführt. Goldstandard laut Prof. Passeron ist die Kombination mit einer Phototherapie, da so eine stärkere und raschere Repigmentierung erreicht wird.

Nicht zuletzt wurde Afamelanotid, ein synthetisches Analog des α-Melanozyten-stimulierenden Hormons in Kombination mit Schmalband-UVB in einer Phase-3-Studie getestet. Die Kombinationstherapie (16 mg Afamelanotid alle vier Wochen über vier Monate plus Phototherapie) führte gegenüber der alleinigen Phototherapie nach sechs Monaten zu einer schnelleren und stärkeren Repigmentierung, allerdings vorrangig bei Patient:innen mit dunklerer Haut (Fitzpatrick III und IV).

Dr. Susanne Kammerer

Literatur

[1] van den Bos R et al. „Endovenous therapies of lower extremity varicosities: a meta-analysis.“ J Vasc Surg. 2009.

[2] Goode SD et al. „Long-term outcomes of a randomized controlled trial of EVLA vs. surgery.“ Br J Surg. 2015.

[3] ESVS Guidelines on the Management of Chronic Venous Disease. Eur J Vasc Endovasc Surg. 2022.

[4] Flessenkämper I. „Laser- vs. Radiofrequenzablation: Techniken im Vergleich.“ Phlebologie. 2024.

[5] Park I. „Comparison of 1470 and 1940 nm endovenous laser ablation systems.“ J Vasc Access. 2023.

Bilderquelle: © Robert Herhold – stock.adobe.com

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