Die starke Vermehrung bestimmter Bakterien im Darm steht im Verdacht, bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes einen Krankheitsschub auszulösen. Forscher bringen dies in den Annals of the Rheumatic Diseases (2023; DOI: 10.1136/ard-2023-223929) mit kreuzreagierenden Antikörpern in Verbindung, deren Bildung durch ein Oberflächenantigen der Bakterien angeregt wird. Die Ergebnisse der Studie könnten zur Entwicklung neuer Behandlungskonzepte führen.
Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) greifen Antikörper überall im Körper Zellen an. Praktisch jedes Organ kann erkranken, am schlimmsten trifft es die Nieren. Die Lupus-Nephritis kann zum Nierenversagen führen. Fast die Hälfte aller Patientinnen – die Erkrankung betrifft überwiegend Frauen – wird innerhalb von 15 Jahren dialysepflichtig.
Der Auslöser der Antikörperbildung ist nicht bekannt. Neben einer genetischen Anfälligkeit könnten auch die wechselnden Antigene, mit denen das Immunsystem konfrontiert wird, eine Rolle spielen. Den engsten Kontakt mit Antigenen hat der Mensch im Darm, der mit den unterschiedlichsten Mikroorganismen gefüllt ist, wobei die Anzahl und die Art der Darmbakterien sich mit der Zeit verändern können.
Bei Patientinnen mit SLE ist diese Diversität besonders hoch, wie die wiederholten Stuhluntersuchungen von SLE-Patientinnen und gesunden Kontrollen zeigen, über die ein Team um Gregg Silverman von der Grossman School of Medicine in New York berichtet.
Auffällig war, dass sich bei vielen Patientinnen vor den Schüben ein bestimmtes Bakterium stark vermehrte: Bei 5 von 16 Frauen mit SLE kam es zu einer auffälligen „Blüte“ von Ruminococcus blautia gnavus. Von den 9 Patientinnen mit einer Lupus-Nephritis waren 4 von der auffälligen Vermehrung des Bakteriums betroffen, das ein normaler Bestandteil der Darmflora ist, bei gesunden Menschen dort aber nur in einer geringen Menge vorkommt.
Die genetische Untersuchung der Bakterien ergab, dass im Darm der SLE-Patientinnen bestimmte Varianten von Ruminococcus blautia gnavus dominierten. Diese Bakterien besitzen häufig ein Lipoglycan in ihrer Zellmembran, auf das das Immunsystem der Patientinnen reagierte. Silverman kann zeigen, dass die Antikörper im Serum der SLE-Patientinnen das Lipoglycan erkannten, was bei gesunden Kontrollen nicht der Fall war.
Silverman vermutet jetzt, dass bei einer starken Vermehrung von Ruminococcus blautia gnavus im Darm vermehrt Lipoglycan eine heftige Antikörperantwort auslöst, die sich auch gegen körpereigene Zellen richtet.
Wenn diese Hypothese zutrifft, dann könnte eine Umstellung der Ernährung oder auch Probiotika, die die Konzentration von Ruminococcus blautia gnavus im Darm gering halten, die Patientinnen vor Krankheitsschüben schützen. Vielleicht ließen sich die Schübe auch durch eine Antibiotikabehandlung verkürzen.
Diese Behandlungen müssten jedoch zunächst in klinischen Studien überprüft werden, bevor sie empfohlen werden können. Vor allem bei Antibiotika ist Vorsicht geboten, da diese Behandlung eine längerfristige Störung der Darmflora auslösen kann, was sich ebenfalls ungünstig auf den Verlauf der SLE auswirken könnte.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt
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