Gele begegnen uns im Alltag ständig – von weichen, klebrigen Substanzen wie Haargel bis hin zu gelartigen Bestandteilen in Lebensmitteln. Auch menschliche Haut weist gelartige Eigenschaften auf, besitzt jedoch einzigartige Qualitäten, die nur schwer nachzuahmen sind. Sie kombiniert hohe Festigkeit mit Flexibilität und beeindruckenden Selbstheilungskräften, sodass sie sich oft innerhalb von 24 Stunden nach einer Verletzung vollständig regeneriert.
Bisher können künstliche Gele entweder eine hohe Steifigkeit oder die Selbstheilungsfähigkeit natürlicher Haut nachbilden. Nun ist es einem Team von Forschenden der Aalto-Universität und der Universität Bayreuth gelungen, ein Hydrogel mit einer neuen Struktur zu entwickeln, das diese bisherigen Einschränkungen überwindet. Dies eröffne neue Möglichkeiten für Anwendungen wie die gezielte Medikamentenfreisetzung, Wundheilung, Sensoren in der Soft-Robotik und künstliche Haut.
In ihrer Studie fügten die Forschenden ultradünne spezielle Ton-Nanoschichten (Nanosheets) mit außergewöhnlich großen Durchmessern in Hydrogele ein, die normalerweise weich und elastisch sind. Diese Nanosheets wurden von Prof. Dr. Josef Breu an der Universität Bayreuth entwickelt und hergestellt. Das Ergebnis ist eine hoch geordnete Struktur mit dicht verschlauften Polymerketten zwischen den Nanosheets. Dies verbessert nicht nur die mechanischen Eigenschaften des Hydrogels, sondern ermöglicht weiterhin seine Selbstheilung.
Einblicke in die Forschungsarbeit
Das Geheimnis des Materials liegt nicht nur in der geordneten Anordnung der Nanosheets, sondern auch in den Polymerketten, die sich dazwischen verschlaufen – kombiniert mit einem Herstellungsverfahren, das so einfach ist wie Backen. Chen Liang, Postdoktorand an der Aalto-Universität, mischte ein Pulver aus Monomeren mit Wasser, das Nanosheets enthielt. Anschließend wurde die Mischung unter eine UV-Lampe gestellt – ähnlich wie bei der Aushärtung von Gelnagellack. „Die UV-Strahlung der Lampe bewirkt, dass sich die einzelnen Moleküle miteinander verbinden, sodass ein elastischer Feststoff – ein Gel – entsteht“, erklärt Liang.
„Verschlaufung bedeutet, dass sich die dünnen Polymerketten wie winzige Wollfäden umeinander zu einem Wollknäuel aufrollen – allerdings in zufälliger Anordnung“, ergänzt Hang Zhang von der Aalto-Universität. „Wenn die Polymere vollständig verschlauft sind, kann man zwischen den einzelnen Fäden nicht mehr unterscheiden. Auf molekularer Ebene sind sie äußerst dynamisch und beweglich. Wird das Material durchtrennt, beginnen sich die Fäden erneut ineinander zu verschlaufen.“
Vier Stunden nach einem Schnitt mit einem Messer ist dieser daher bereits wieder zu 80 bis 90 % verheilt. Nach 24 Stunden ist dieser in der Regel vollständig repariert. Ein Hydrogelfilm mit einer Dicke von einem Millimeter enthält ca. 10 000 Lagen von Nanosheets. Dadurch ist das Material so steif wie menschliche Haut und besitzt trotzdem eine vergleichbare Dehnbarkeit und Flexibilität.
„Steife, starke und selbstheilende Hydrogele waren lange eine Herausforderung. Wir haben einen neuen Mechanismus entdeckt, um konventionell weiche Hydrogele zu verstärken. Dies könnte die Entwicklung neuer Materialien mit bio-inspirierten Eigenschaften revolutionieren“, sagt Zhang.
Autor: Redaktion/S. Mack
Quelle: Presseinformation, Forscher entwickeln neues Hydrogel, das wie Haut heilen kann, Universität Bayreuth, 07.03.2025
Originalpublikation: „Stiff and self-healing hydrogels by polymer entanglements in co-planarnanoconfinement“, Nature Materials (2025). DOI: https://doi.org/10.1038/s41563-025-02146-5
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