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Gendern oder nicht gendern? Das ist die falsche Frage.

Weiße Würfel mit den Worten „nichts ändern“ und „geändert“, die Entscheidung und Veränderung symbolisieren.

Gendern oder nicht gendern? Das ist die falsche Frage.

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Wir kommunizieren täglich: im Team, als Führungsinstrument, mit Patient*innen, auf der Website, in Formularen, E-Mails usw. Sprache ist dabei unser wichtigstes Werkzeug. Trotzdem gehen wir oft achtlos mit ihr um, verlassen uns auf unbewusste Gewohnheiten. Dabei lohnt es sich, das Werkzeug Sprache genauer zu betrachten, um es möglichst verständlich, wertschätzend und wirksam einzusetzen.

Was heißt eigentlich gendern?

Gendern klingt, als würde der deutschen Sprache etwas hinzugefügt. Dem ist nicht so. Deutsch ist eine stark gegenderte Sprache. Das bedeutet, die Grammatik zwingt uns permanent zu Geschlechtsmarkierungen.

Beispiele:

  • Der Arzt betritt den Raum. Er untersucht den Patienten.
  • Die Ärztin betritt den Raum. Sie untersucht den Patienten.
  • Der Arzt betritt den Raum. Er untersucht die Patientin.
  • Die Ärztin betritt den Raum. Sie untersucht die Patientin.

In diesen Sätzen gibt es mehr Wörter mit Geschlechtsmarkierung als ohne. Daran ist nichts neu. Seit Männer und Frauen ähnliche Berufe, Ämter, Rollen oder Funktionen ausführen, wird immer wieder darüber gestritten, wie sprachlich damit umgegangen werden soll. In jüngerer Zeit kamen zusätzliche rechtliche Geschleichtseinträge hinzu, für die es sprachlich bisher keine adäquaten Ausdrucksmöglichkeiten gibt. Die Frage lautet also eher: Wie wollen wir gendern?

Gewohnheiten und Stereotype

Folgen wir Gewohnheiten ohne nachzudenken oder achten wir auf die Geschlechtsmarkierungen in der Grammatik und versuchen, möglichst alle zu benennen, die gemeint sind? Eine dieser Gewohnheiten ist es, von Ärzten und Krankenschwestern zu sprechen, obwohl mehr als zwei Drittel der Absolvent*innen im Fach Medizin Frauen sind. Und obwohl es inzwischen eine ganze Reihe männlicher Pflegkräfte gibt.

Bis heute machen Ärztinnen im Krankenhaus die Erfahrung, für eine Krankenschwester gehalten zu werden. Zu solch stereotypen Verwechslungen kommt es auch im Englischen, wo die Begriffe „doctor“ und „nurse“ keine grammatikalischen Geschlechtsmarkierungen enthalten. Denn gesellschaftliche Stereotpye wirken auch dort, wo in der Grammatik die Geschlechtsmarkierungen fehlen.

Daher ist die mehrsprachige Studie von Gygax P. et al. von 2008 besonders interessant. Die Experimente wurden in deutscher, französischer und englischer Sprache durchgeführt. Im Englischen folgten die Vorstellungen den Geschlechterstereotypen. Auf Deutsch und Französisch stellten sich die  Teilnehmer*innen bei maskulinen Bezeichnungen selbst dann häufiger Männer vor, wenn der Beruf stereotyp weiblich war; wenn also zum Beispiel von Krankenpflegern oder Erziehern die Rede war.

Was aber heißt das für die Kommunikation als dermatologische Praxis? Und wie kann sie Sprache so einsetzen, dass sie Stereotypen entgegenwirkt und dabei klar und freundlich kommuniziert?

Einfache Möglichkeiten für geschlechterneutrale Sprache

Die Arztpraxis soll natürlich im Internet gefunden werden. Eine neutrale Möglichkeit mit SEO-Effekt sind Namen wie Dermatologie am Karlsplatz, in Eckernförde, in der Südstadt. Etwas innovativer und leichter verständlich ist die Alternative Hautmedizin plus Ortsangabe.

Überhaupt lassen sich mit der Ableitung von der Sache oder der Handlung Geschlechtsmarkierungen sparen. Verben und direkte Ansprache (du/Sie/wir) sind ohne Geschlechtsmarkierung und helfen, Sprache lebendig und nahbar zu machen.

Manchmal gibt es neutrale Alternativen wie Fachkräfte oder Aushilfen. Im Plural sind auch nominalisierte Partizipien und Adjektive neutral, wie zum Beispiel Jugendliche, Auszubildende, Beschäftigte oder Vorgesetzte.

Ob bei Personenbezeichnungen eher die Beidnennung angemessen ist (Patientinnen und Patienten) oder ob die Wahl auf den Genderstern fällt (Patient*innen), hängt einerseits von persönlichen Vorlieben ab und andererseits von der Zielgruppe, die angesprochen werden soll.

Hinweis: In Teil 2 (in der nächsten Print-Ausgabe, 1/26) geht es um Genderfragen zu KI, Formularen und Barrierefreiheit.

Recherchetipps und Literatur

Sigi Lieb

[1]

Über die Autorin

Sigi Lieb ist Diplom-Sozialwirtin und Inhaberin von „geprächswert“. Sie arbeitet als Beraterin, Trainerin und Autorin in Sachen Kommunikation und Konfliktmanagement. Ihr Schwerpunkt ist das Zusammenspiel von Einstellungen, Sprachgebrauch und dem Gelingen eines Kommunikationsprozesses, der daraus entsteht.

Website: www.gespraechswert.de

E-Mail: mail@gespraechswert.de

Bildquelle: © Frank H. – stock.adobe.com

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