Vakzinierung gegen Hautkrebs war eines der zentralen Themen, zu dem beim diesjährigen Deutschen Hautkrebskongress (ADO) im September in Essen neue Erkenntnisse geteilt wurden. Wie weit ist die Entwicklung fortgeschritten? Der 1. Vorsitzende der ADO, Prof. Dr. Ralf Gutzmer (Universitätsklinik für Dermatologie, Mühlenkreiskliniken Minden) nahm anlässlich des ADO Stellung zum aktuellen Stand.
Lieber Prof. Dr. Ralf Gutzmer, was ist neu?
Prof. Dr. Ralf Gutzmer: „In den vergangenen Jahrzehnten wurde auf vielfältige Weise versucht, gegen Melanomzellen zu impfen. Diese Versuche wurden zum einen mittels abgetöteter Tumorzellen und bestimmten Eiweißmolekülen (Protein und Peptiden von Tumorantigenen) durchgeführt, die zum Teil auch mit zusätzlichen Hilfsstoffen (Adjuvanzien) vermischt waren, die das Immunsystem zusätzlich stimulieren sollten. In kontrollierten Studien konnten diese Ansätze keine Wirkung zeigen.“
Welche Studien laufen aktuell?
Prof. Dr. Ralf Gutzmer: „Aktuell werden zwei kontrollierte Studien mit neuen Ansätzen zur Melanomimpfung durchgeführt. Das ist zum einen die IO-Biotech-Studie EOB-013. Zum anderen ist das die MSD-V940-Studie.“
Welche Ansätze verfolgen die Studien?
Prof. Dr. Ralf Gutzmer: „Die IO-Biotech-Studie verwendet eine Proteinimpfung mit zwei festgelegten Eiweißmolekülen, zum einen mit dem Eiweißmolekül PDL1, zum anderen mit dem Eiweißmolekül IDO. Beide kommen in Melanomtumoren oder in der Umgebung häufig vor. Die Eiweißmoleküle werden zusammen mit einem Adjuvans in regelmäßigen Abständen injiziert. In diese Studie wurden Patienten aufgenommen, die ein metastasiertes Melanom haben und keine Vortherapie erhalten hatten. Es handelt sich also im eine Erstlinientherapie im metastasierten Stadium. Alle Patienten in dieser Studie bekommen eine Immuntherapie mit Pembrolizumab. Die Hälfte der Patienten bekommt zusätzlich den Proteinimpfstoff. Daten zu dieser Studie werden in den nächsten zwölf Monaten erwartet.“
Welche Unterschiede gibt es, welche Zielgruppen?
Prof. Dr. Ralf Gutzmer: „Die MSD-V940-Studie hat als Zielgruppe Melanompatienten in der adjuvanten Situation, d.h. bei Patienten im Stadium IIB bis Stadium IV eines malignen Melanoms, bei denen die Tumormanifestationen vollständig operativ entfernt wurden, die aber ein hohes Risiko eines Rezidivs haben, werden in die Studie eingeschlossen. Diese Patienten bekommen adjuvant den PD1-Inhibitor Pembrolizumab, der auch im Rahmen der Zulassung für Stadium II-b bis Stadium III in der allgemeinen Patientenversorgung eingesetzt wird. Die Hälfte der Patienten bekommt einen zweiten Wirkstoff dazu. Hierbei handelt es sich um ein MRNA-Molekül, das individuell nach Charakterisierung der Tumorzellen für den jeweiligen Patienten produziert wird. Wir sprechen auch von einer „individualisierten Neoantigentherapie“, d.h. der Tumor wird zunächst charakterisiert und dann wir auf der Basis dieser Charakterisierung eine individuelle MRNA-basierte Therapie aus bis zu 34 Neoantigenen (MRNA-4147 oder V940) hergestellt. Diese wird dann zusätzlich zur Pembrolizumabtherapie verabreicht. Ergebnisse dieser Studie werden frühestens 2026 erwartet.“
Was bedeutet das für die Zukunft?
Prof. Dr. Ralf Gutzmer: „Von den beiden genannten Studie ist es abhängig, ob sich eine Hautkrebsimpfung in der Zukunft etablieren wird.“
Deutscher Hautkongress-Website: www.ado-kongress.de
Lieber Prof. Dr. Gutzmer, herzlichen Dank für das Interview!
Das Interview führte Elke Engels
Quellen: Hybrides ADO-Pressegespräch, 12. September 2025; Pressemitteilung: „Neue Entwicklungen in der Melanomtherapie: Wie weit ist die Hautkrebs-Impfung?“, Deutscher Hautkrebskongress, 8. September, Essen
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