Der jährlich stattfindende EADV (European Academy of Dermatology and Venereology) gilt als führende internationale Plattform für den Expertenaustausch zu aktuellen Forschungsergebnissen und entsprechenden Therapieoptionen. Best Practise wird diskutiert, ebenso wie zukünftige Behandlungsstrategien. Prof. assoc. Dr. med. Klaus Fritz, Landau, Deutschland, fasst die spannendsten Themen zusammen.
Warum hat der EADV für die Dermatologen und Venerologen einen so großen Stellenwert?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Bei diesem internationalen Fachkongress treffen jedes Jahr mehr als 17.000 Experten, die sich zu wegweisenden Studien austauschen. Mit über 180 wissenschaftlichen Sitzungen, über 600 Referenten, über 25 speziellen Themenschwerpunkten und 10 eindrucksvollen Plenarvorträgen spiegelt das Programm eine unglaubliche Tiefe und Breite an Fachwissen wider.
Welche Themen zählen derzeit zu den Spannendsten?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Hier gibt es eine große Bandbreite an Highlights, nicht nur aus dem therapeutischen Bereich, sondern auch in Bezug auf die verbesserte nicht-invasive Bildgebung oder auf die personalisierte Medizin. Auch zum Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) als diagnostisches Tool gibt es ständig neue praxisrelevante Aspekte.
Welche Rolle spielt derzeit die KI in der Dermatologie?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Die KI-basierte Algorithmen haben besonders in Bezug auf die diagnostische Genauigkeit Einzug in der Dermatologie erhalten. Neben bereits etablierten Tools bei der Erkennung von Hautkrebs, ist die KI auch bei der Ästhetischen Dermatologie erfolgreich einsetzbar. Behandlungserfolge können beispielsweise vorausgesagt werden. So gibt es beispielsweise eine KI-basierte Bewertung von weiblicher androgenetischer Alopezie.
Bullöse Erkrankungen wie das bullöse Pemphigoid zählen mit zwei Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner pro Jahr zu den seltenen Erkrankungen. Welche neuen Aspekte gibt es hierzu, welche Aspekte wurden anlässlich des EADV diskutiert?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Das Thema „bullöse Erkrankungen“ war eines der Sitzungs-Spotlights während des EADV. Da die Erkrankungen selten vorkommen, sind Diagnose und Therapie eine besondere Herausforderung für den Behandler. Wie erreicht man eine hohe diagnostische Genauigkeit und welche neuen Therapieansätze lassen sich daraus ableiten? Diese Schwerpunkte standen im Fokus. Darüber hinaus zählt der Erfahrungsaustausch mit den Experten und anderen Teilnehmen gerade bei seltenen Erkrankungen zu den wertvollsten Inputs, die man mitnehmen kann.
Die Dermatoskopie als nicht invasives Diagnosetool spielt vor allem bei Hautkrebs eine große Rolle. Bei schwarzem Hautkrebs hat sich das etabliert. Welche Neuerungen wurden zum hellen Hautkrebs präsentiert?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Der Nicht-melanozytärer Hautkrebs ist ein sehr häufiges Thema in dermatologischen Praxen, bedingt durch übermäßige UV-Belastung, zunehmendes Alter der Patienten, Immunsuppression oder genetische Veranlagung. Sowohl das Basalzellkarzinom (BCC) als auch das Plattenepithelkarzinom (SCC) sind meist als rosafarbenen Tumore oder Plaques auf sonnenexponierter Haut erkennbar. Die präsentierten neueren Daten legen beim BCC nahe, den histopathologischen Subtyp anhand des dermatoskopischen Musters vorherzusagen, was auch bei der Bestimmung der geeigneten Behandlungsmethode hilfreich ist. Beim SCC stand die Abgrenzung von anderen Krebsarten durch bestimmte Merkmale im Vordergrund.
Chronisch entzündliche Hauterkrankungen sind auch auf dem diesjährigen EADV ein großes Thema. Was gibt es hier Neues in Bezug auf Heilung?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Ob der rasanten Entwicklung von Biologika und sonstigen zielgerichteten Therapien, beispielsweise bei den Indikationen Psoriasis oder atopische Dermatitis, können wir heute eine langfristige Remission erzielen und möglicherweise auch eine Heilung. Die aktuellen Daten zeigen, dass der frühzeitige Einsatz dieser Therapeutika diese Ziele realistisch machen kann. So zeigen zellbasierte Therapeutika gute Aussichten auf Heilung, ebenso wie mesenchymale Stammzelltherapien oder eine hämatopoetischen Stammzelltransplantation bei Psoriasis. Es gibt auch gute Daten zur CD19-CAR-T-Therapie beim behandlungsresistenten Systemischer Lupus erythematodes (SLE). Derzeit ist das Therapieziel Heilung bei chronisch entzündlichen Hauterkrankungen ein sehr ehrgeiziges, in zehn Jahren könnte es ein realistisches sein.
Welche Daten würden Sie bei den chronisch entzündlichen Erkrankungen als richtungsweisend bezeichnen?
Prof. Dr. med. Klaus Fritz: Das betrifft vor allem Indikationen, bei denen es bislang wenig Therapieoptionen oder keine zufriedenstellende Krankheitskontrolle gibt. Hidradenitis suppurativa (HS) ist ein Beispiel dafür. So wurden beim EADV 24-Wochen-Interimsdaten der Phase-3-Studie STOP-HS zu Povorcitinib, einem oralen JAK1-Inhibitor, vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Medikament die Symptome bei moderater bis schwerer HS signifikant verbessert und auch die Schmerzen der Patienten reduziert. Ebenso wurden positive Ergebnisse aus der Phase-2a-Studie HS-OBTAIN für Brivekimig bei HS vorgestellt. Dieses neuartige Nanobody-Molekül zielt gleichzeitig auf die Signalwege von TNF und OX40L. Die Daten zeigten klinisch bedeutsame Verbesserungen bei biologisch naiven Patienten und ein günstiges Sicherheitsprofil. Auch zu Vitiligo gibt es positive Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit mit Ruxolitinib-Creme (topischer JAK1/2-Inhibitor). Vielversprechend hier auch die Kombination mit Schmalband-UVB-Phototherapie.
Elke Engels, Bad Vilbel
Bildquelle: Prof. assoc. Dr. med. Klaus Fritz © privat



