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129. Deutscher Ärztetag: Politische Rezepte für Facharztpraxen, Krankenhäuser, Studium und Klimaschutz

Der Leipziger Ärztetag forderte die Überarbeitung der Krankenhausreform im Hinblick auf Leistungsgruppen, Vorhaltefinanzierung und Personalschlüssel; © Bundesärztekammer/Pressestelle

129. Deutscher Ärztetag: Politische Rezepte für Facharztpraxen, Krankenhäuser, Studium und Klimaschutz

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Vier Tage lang entschieden die Delegierten des 129. Deutschen Ärztetags in Leipzig über relevante gesundheitspolitische Themen. Wir liefern einen Überblick über die aus dermatologischer Sicht besonders spannenden Einzelthemen und Beschlüsse.

Grundsätzlich wurde es von den 250 Delegierten positiv beschieden, dass die Krankenhausreform fortgeführt und zugleich weiterentwickelt wird. Es sei richtig, dass dazu sowohl die Leistungsgruppensystematik als auch die Vorhaltevergütung nochmals überprüft und angepasst werden, das betonten die Abgeordneten in Leipzig ausdrücklich. Die Verlängerung der Konvergenzphase und die Anpassung von gesetzlichen Zwischenschritten schafften die dafür notwendigen zeitlichen Spielräume, ohne die Reform insgesamt aufzuhalten. Der Ärztetag begrüßte zudem die geplanten Maßnahmen zur finanziellen Stabilisierung der Krankenhäuser sowie die Finanzierung des für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vorgesehenen Anteils für den Transformationsfonds aus dem Sondervermögen Infrastruktur.

Der Ärztetag äußerte zudem die Erwartung, „dass die avisierten Kontrollmechanismen des Medizinischen Dienstes (MD) im Rahmen der Umsetzung der Krankenhausreform massiv reduziert werden. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) muss die Prüfungsrichtlinie des MD neu bewerten und dem angekündigten Abbau von unnötigen Dokumentationspflichten Vorrang geben. Mit den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen eröffnet sich die Chance, die Reform im engen Austausch mit den Akteuren der Versorgung in den kommenden Jahren erfolgreich umzusetzen.“

Notwendigkeit zur praxistauglichen Weiterentwicklung

Die Delegierten hoben hervor, dass die Leistungsgruppensystematik sorgfältig und praxistauglich weiterentwickelt werden muss. Erstes Ziel muss dabei sein, für jede der zunächst vorgesehenen 61 Leistungsgruppen die Fallzuordnung (Grouper), die Qualitätskriterien und das Prüfkonzept des Medizinischen Dienstes Bund aufeinander abzustimmen und wo nötig anzupassen, so der Ärztetag.

In diesem Zusammenhang müsse auch die Vergütungssystematik überarbeitet werden, weil Fehlanreize korrigiert werden müssten. „Die derzeit vorgesehenen Vergütungsregelungen im Rahmen der Vorhaltevergütung sind hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Leistungsgeschehen kaum abschätzbar, erzeugen erheblichen bürokratischen Aufwand und verfehlen das Ziel einer fallzahlunabhängigen Vergütung. Dieser Teil der Reform bedarf einer grundlegenden Überarbeitung“, fordert der Ärztetag.

Ein stimmiges Konzept sei gemeinsam mit den sachkundigen Akteuren der Versorgung, einschließlich der Bundesärztekammer, zu entwickeln.

Krankenhausreform nicht aus dem Blick verlieren

Wichtig war dem Ärzteparlament, dass die Krankenhausreform die ärztliche Weiterbildung nicht gefährdet, sondern sie im Gegenteil sektorenübergreifend stärkt. „Bei Auswahlentscheidungen im Rahmen der Zuteilung von Leistungsgruppen sind Krankenhäuser zu bevorzugen, die sich an regionalen, standort- und sektorenübergreifenden Weiterbildungsverbünden beteiligen, die von den zuständigen Landesärztekammern anerkannt sind. Rechtliche Hürden für die erfolgreiche Umsetzung von Weiterbildungsverbünden, z. B. durch Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung, sind abzubauen“, unterstreichen die Delegierten in der Beschlussfassung.

Personalausstattung und Krisen-Resilienz

Eine patienten- und aufgabengerechte ärztliche Personalausstattung muss aus der Perspektive der Ärzteschaft sichergestellt werden. Eine patienten- und aufgabengerechte Personalausstattung sei der Dreh- und Angelpunkt für eine nachhaltige, qualitativ hochwertige Versorgung von Patienten. „Die Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen zur ärztlichen Personalausstattung beschränken sich auf eine strukturelle Sicherstellung von Mindeststandards zur fachärztlichen Rufbereitschaft, können also eine insgesamt patienten- und aufgabengerechte ärztliche Personalausstattung nicht sicherstellen“, betonen die Delegierten. Der 129. Deutsche Ärztetag begrüßt deswegen ausdrücklich, dass der Gesetzgeber mit § 137m SGB V eine bedarfsgerechte ärztliche Personalausstattung für die ärztliche Behandlung im Krankenhaus vorgibt und dazu die Erprobung und Umsetzung eines geeigneten Personalbemessungsinstrumentes vorsieht. Die Vorgaben der Bundesärztekammer seien zügig durch eine Rechtsverordnung nach § 137m Abs. 3 SGB V einzuführen. Außerdem müssten die Personalaufwände im Rahmen der Vorhaltevergütung berücksichtigt werden, so der Ärztetag.

Im Rahmen der Krankenhausreform müsse aber auch die Krisen-Resilienz der Krankenhäuser gestärkt werden. „Neben baulichen Maßnahmen für Klimaanpassung und Investitionen in die Cybersicherheit müssen auch Reservekapazitäten kritischer Versorgungsstrukturen sowie spezialisierte Versorgungsbereiche mitgeplant und umgesetzt werden. Die Gewährleistung einer robusten Krisen-Resilienz muss integraler Bestandteil der Krankenhausreform und der Umsetzung in den Bundesländern sein, um die medizinische Versorgung auch unter außergewöhnlichen Belastungen flächendeckend und verlässlich sicherzustellen“, stellt der Ärztetag fest. Dafür seien ausreichende Mittel aus den geplanten Sondervermögen bereitzustellen.

Gesundheitlicher Klimaschutz rückt in den Fokus

Unter der Überschrift „Gesundheitlichen Klimaschutz und -anpassung jetzt vorantreiben“ befassten sich die Delegierten mit den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels und dringend notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz und zum Umgang mit der Erderwärmung.  Unter anderem forderte der Ärztetag die Länder auf, verpflichtende Hitzeaktionspläne in allen Städten und Gemeinden umzusetzen. Selbstkritisch stellte der Ärztetag fest, dass das Gesundheitswesen selbst in relevantem Umfang zum Klimawandel beitrage. Krankenhäuser, Arztpraxen und alle weiteren Einrichtungen in der Patientenversorgung müssten in die Lage versetzt werden, ihre baulich-technische Ausstattung klimafreundlich anzupassen. Die hierfür erforderlichen Finanzmittel seien durch den Bund zur Verfügung zu stellen. Nach Überzeugung der Ärztetags-Abgeordneten bedarf es für mehr nachhaltiges Handeln einer Anpassung der Sozialgesetzbücher sowie weiterer Gesetze und Verordnungen. Beispielsweise sollte § 12 SGB V um ein Nachhaltigkeitsgebot ergänzt werden.

Elektronische Patientenakte – Ja, aber praktikabel & sicher!

Die elektronische Patientenakte (ePA) kann einen Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung leisten und die patientenorientierte Digitalisierung des Gesundheitswesens voranbringen. Der Ärztetag forderte die Bundesregierung dazu auf, Anpassungen an der ePA so schnell wie möglich umzusetzen. So sei ein hohes, vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestätigtes Sicherheitsniveau unerlässlich. Die Gematik solle wirksame Maßnahmen gegen mögliche Angriffsszenarien entwickeln. Praktische und technische Probleme aus Pilotregionen müssten vor der bundesweiten Einführung zuverlässig behoben werden. Um sensible Daten zu schützen, sollten Abrechnungsdaten zunächst nur für die Versicherten sichtbar sein, damit sie gezielt Zugriffsrechte vergeben können. Kritische medizinische Befunde sollten dem Patienten erst nach ärztlicher Einordnung zugänglich gemacht werden, wenn therapeutische Gründe dies erfordern.

Reform des Medizinstudiums jetzt angehen

Die Ärzteschaft in Deutschland hat an Bund und Länder appelliert, die lange angekündigte Reform des Medizinstudiums in den nächsten zwölf Monaten umzusetzen. Die Reform des Medizinstudiums im Rahmen des sogenannten „Masterplan Medizinstudium“ sollte die medizinische Ausbildung praktischer und patientenorientierter ausrichten. Umgesetzt ist sie bis heute nicht. Grund dafür ist die weiterhin ungeklärte Finanzierungsfrage zwischen Bund und Ländern. Der Ärztetag forderte Bund und Länder zudem dazu auf, die Bedingungen für Medizinstudierende im Praktischen Jahr zu verbessern. Erforderlich sei eine Aufwandsentschädigung mindestens auf dem Niveau des BAföG-Satzes sowie eine gerechte und einheitliche Fehlzeitenregelung. „In der geltenden Fehlzeitenregelung mit 30 möglichen Fehltagen sind krankheitsbedingte Fehlzeiten unzureichend berücksichtigt. Im Interesse der Gesundheit von PJ-Studierenden sei es notwendig, Krankheitsausfälle vollständig aus dieser Regelung auszunehmen und dies nicht auf eine Härtefallregelung, die ermessensfehleranfällig ist, zu beschränken.“

Entbürokratisierung bleibt Thema!

Der Ärztetag mahnte außerdem eine wirksame Entbürokratisierung an. „Bürokratie führt zu Zeitmangel in der Patientenversorgung und gefährdet damit auch die Patientensicherheit.“ Qualitätssicherung sollte stärker auf Stichproben statt auf Vollerhebungen basieren, überflüssige Datenerhebungen und doppelte Meldepflichten müssten abgebaut und digitale Systeme praxistauglich sowie interoperabel gestaltet werden.

Franz-Günter Runkel

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Bilderquelle: © Bundesärztekammer/Pressestelle

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