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Vor allem Kinder brauchen Sonnenschutz

Mädchen mit Sonnenbrand auf dem Rücken

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Sonne ist lebenswichtig – aber zu viel des Guten gefährdet die Gesundheit. Vor allem Sonnenbrände in der Kindheit erhöhen das Risiko von Hautkrebs in späteren Jahren. Wann Sonnenschutz – gerade für Kinder oder Menschen mit Neurodermitis – unbedingt notwendig ist und welche Maßnahmen, von ­Sonnencremes über Brillen bis zu Sonnenschutztextilien, effektiv schützen.

Endlich scheint die Sonne! Also raus, schließlich hat das Leben auf unserem Planeten ja überhaupt nur durch die Einwirkung des Sonnenlichts entstehen können. Auch für jeden Einzelnen schenkt es Hilfreiches. Ein erster Beweis: Das einfachste Mittel, um eine Myopie zu verhindern oder ihr Fortschreiten zu bremsen, ist laut dem Berufsverband der Augenärzte der Aufenthalt bei Tageslicht im Freien – mindestens zwei Stunden pro Tag.
Zudem ist Sonnenstrahlung notwendig, damit unsere Haut Vitamin D bilden kann, das wir vielfältigst zum Erhalt unserer Gesundheit benötigen. Dafür reichen aber bei Menschen mit heller Hautpigmentierung in intensiver Mittagssommersonne bereits 10 Minuten pro Tag aus, bei dunkler 20 bis 60 Minuten.


UVB für Hautschäden verantwortlich

Das Provitamin D3 wird nur durch UVB-Strahlung gebildet. Auf diese unsichtbare, nicht spürbare UV-Strahlung gilt es unser Augenmerk zu richten, denn sie hat nicht nur positive Effekte, auch Sonnenbrand und Hautkrebs werden durch diese Licht-Anteile induziert. Vor allem schwere und gehäufte Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend führen zu Hautschädigungen im Alter. Tatsächlich sind in den sonnenintensivsten Monaten Mai bis August über Mittag die Sonnen-Expositions-Zeitspannen, die für eine ausreichende Vitamin-D-Produktion benötigt werden, fast identisch mit denen, die Sonnenbrand und Schlimmeres auslösen können. Glücklicherweise trifft das für die Vor- und Nachmittagsstunden nicht zu. Hier gilt von April bis September die Faustregel, dass Sonnenbrand eine doppelt so lange Sonnenbestrahlung benötigt, wie eine ausreichende Vitamin-D-Bildung. Leider kehrt sich dieses Verhältnis in den Monaten November bis Februar um. Aber wohlgemerkt nur für ungeschützte Hautstellen.
Wie können wir uns effizient vor Schäden durch Sonnenstrahlen schützen? Dass es keine gute Idee wäre, sich einfach in dunkle Höhlen oder Keller zu verkriechen, haben wir bereits gesehen. Glücklicherweise gibt es praktikable Lösungen das richtige Maß zu finden zwischen Nutzen und Gefahren.


Von Hautalterung bis Hautkrebs

Ein Blick auf die Zusammensetzung des Sonnenlichts ist erhellend: Es teilt sich auf in 45 % sichtbares Licht, 50 % Infrarot-Wärmestrahlen, 5 % langwellige UVA- und 0,5 % sehr kurzwellige UVB-Strahlen. Die UVC-Strahlen werden weitgehend durch die Ozonschicht abgeblockt. UVB-Licht verursacht akut Sonnenbrand, schädigt aber auch das Erbgut der obersten Hautschichten und trägt dadurch langfristig zur Hautkrebs-Entstehung bei. UVA-Strahlen dringen tiefer in die Haut ein, wo sie z.B. durch eine Schädigung elastischer Fasern die Hautalterung beschleunigen. Ein Blick auf den UV-Index (z.B. in Wetter-Apps) klärt, was zu tun ist: Ab Index 3 sind Schutzmaßnahmen erforderlich, ab Index 8 absolut notwendig.


Textilschutz und UV-Schutzkleidung


Welche Maßnahmen sind hierfür effizient? Da steht zum einen textiler Schutz zur Verfügung. Je nach Dicke, Webart und Farbe blocken Kleidungsstücke in sehr unterschiedlichem Maße UV-Strahlen ab. Der Ultraviolett-Protection-Factor (UPF) gibt an, wie viel Mal länger man sich in der Sonne aufhalten kann als mit ungeschützter Haut. Es gibt für extreme Expositionen sogar spezielle UV-Schutzkleidung (UV-Standard 801). Beherzigt werden sollte auch der „griechische Rat“: Während der Mittagstunden (11 bis 15 Uhr) in die Sonne gehen nur die Esel. Je höher der UV-Index steigt, desto strikter sollte während der Mittagsstunden Schatten aufgesucht oder gar die Wohnung nicht verlassen werden. Und bei hohem Index gilt selbst vor- und nachmittags neben einem „langärmlige Kleidung an-“ auch „breitkrempigen Hut und (hochwertige) Sonnenbrille aufsetzen“.


Sonnenbrillen: dunkel bedeutet nicht ­unbedingt Schutz


Die Augen sind v.a durch UVB-Strahlung gefährdet. Sonnenbrillen sollten so groß sein, dass auch von der Seite kein Licht auf den Augapfel fallen kann. Die Tönung der Gläser korreliert nicht mit der Schutzwirkung. Hier sollte auf die Kennzeichnung „UV-400“ oder „100 Prozent UV“ geachtet werden. Bei dunklen Gläsern ohne ausreichenden UV-Schutz öffnen sich die Pupillen besonders weit und es besteht die Gefahr, dass noch mehr schädliche UVB-Strahlen ins Auge gelangen.


Cremes: Schutzwirkung richtig ­berechnen


Und die Sonnencremes, was können diese bewirken – und wie? Hier gilt es einige gängige Missverständnisse auszurotten. Der Lichtschutzfaktor (LSF) gibt lediglich an, um das Wieviel-­Fache sich die Zeit verlängert, bis das Sonnenlicht eine Hautrötung induziert. Maß ist hierbei der Schutz gegen UVB-Strahlen. Kommt dazu ein UVA-Schutz, der mindestens 30 % des UVB-Effekts betragen muss, darf dies durch ein UVA-Symbol vermittelt werden. Aber dieser „Creme-lose“ Eigenschutz beträgt bei Kindern je nach Haut-Pigmentierung und Strahlungs-Intensität häufig nur wenige Minuten. Eine Creme mit Faktor 30 erhöht die Schutzdauer z.B. von 5 auf 150 Minuten – aber nur, wenn sie in ausreichendem Maß aufgetragen wird. Ein Kleinkind benötigt für jeden „Einschmierdienst“ gut 10 Gramm, ein Jugendlicher 30 bis 50. Wird – was häufig geschieht – zu wenig Creme aufgetragen, reduziert sich er Schutzfaktor drastisch, z.B. halbe Crememenge LSF 50 auf LSF 7. Die rechnerisch ermittelte Schutzdauer sollte also niemals bis zum zeitlichen Limit ausgenutzt werden.


Chemisch oder mineralisch/physikalisch


Sonnencremes nutzen – teilweise auch in Kombination – zwei grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, um vor UV-Strahlen zu schützen. Das sind zum einen chemische Substanzen, die in Zellen oberen Hautschichten aufgenommen werden. Dort wandeln sie gefährliche UV-Strahlung in unschädliche Wärme um. Da chemische Filter hierbei teilweise abgebaut werden, ist es zwingend erforderlich, nach einigen Stunden erneut einzucremen. Dies gilt generell auch nach starkem Schwitzen und Aufenthalt im Wasser. Ganz anders die mineralischen/ physikalischen Filter. Hier werden Zink- oder Titanoxid genutzt, die nach dem Eincremen auf der Hautoberfläche haften bleiben und dort das Sonnenlicht einfach reflektieren, wie ein Spiegel. Diese Mineral-Schutzcremes bleiben in der Regel (zumindest zunächst) als weiße Schicht auf der Haut sichtbar. So kann man leicht erkennen, ob alle Sonnen-exponierten Stellen sicher ausreichend bedeckt sind.
Doch zu welchem Schutz soll wem geraten werden? Vor allem bei Kindern mit ihrer noch dünneren Haut muss damit gerechnet werden, dass die angenehm unsichtbaren chemischen Filter-Substanzen in den Körper aufgenommen werden. Die Studienlage zu möglichen (Langzeit-) Schädigungen muss als (noch) nicht zufriedenstellend, gar ausreichend eingestuft werden. Dies gilt in besonderem Maße für Kinder.
Glücklicherweise hat das Bundesinstitut für Risikobewertung 2024 festgestellt, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung, auch eine Begünstigung von Hautkrebs durch Sonnenschutzmittel, die in der Europäischen Union erhältlich sind, nicht zu erwarten sei. Der fortpflanzungsgefährdende Weichmacher Dihexylphthalat (als Inhaltsstoff in Kosmetika verboten!) könne höchstens als Verunreinigung in zu vernachlässigender Menge in solche Produkte gelangen. Die Gefahr, sich ungeschützt der Sonne auszusetzen ist gewiss deutlich größer als eine durch Sonnencremes möglicherweise induzierte.
Dennoch sollte bei Kindern und auch bei Personen, die zu allergischen Hautreaktionen neigen oder eine besonders empfindliche Haut haben, besser mineralische Reflektoren eingesetzt werden. Aber gerade diese werden beim Baden teilweise ins Wasser abgegeben, wo sie für die Flora und Fauna ein Gefährdungspotenzial darstellen. Und über die Nahrungskette angereichert kehren sie wieder zurück zum „Verursacher Mensch“! Daher sollte immer auch die Alternative „Sonnenschutz durch Kleidung“ bedacht und umfassend eingesetzt ­werden.
Und Säuglinge sollten grundsätzlich und dauerhaft vor direkter Sonnenstrahlung geschützt werden. Vitamin D erhalten sie ja ohnehin in ausreichendem Maße oral zugeführt.


Neurodermitis: meiden – kleiden – cremen


Und was kann für Kinder mit Neurodermitis geraten werden? Hier gilt der Grundsatz: „meiden – kleiden – cremen“ noch ausgeprägter. Dies gilt ganz besonders für die Körperteile, die aufgrund von Entzündungszeichen eine ohnehin geschwächte Sonnen-Abwehrfähigkeit aufweisen. Auch reagiert die Haut bei Neurodermitis ganz besonders häufig auf Creme-Bestandteile. Probieren geht über Studieren. Und unter physikalischen Cremes kann das Neurodermitis-verstärkende Schwitzen vermehrt einsetzen. Dennoch gelten diese vor allem bei Kleinkindern als erste Wahl. Und immer gilt es die Basispflege zusätzlich konsequent weiter durchzuführen!
Und zum Schluss: Gibt es in unseren Breiten Sonnencreme-freie Jahreszeiten? Hier hilft nur der Blick auf den UV-Index, der z.B. in vielen Wetter-Apps angezeigt wird. Auch im Frühjahr, ganz besonders auf Schnee, kann leicht ein Wert von 3 und weit mehr erreicht werden – und es gilt die Regel: oberhalb drei nicht schutzfrei – in die Sonne.

Autor: Dr. med. Ulrich Enzel

Bildquelle: © Pattarisara – stock.adobe.com

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