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Therapieresistente Hypertonie: Was sind die aktuellen Optionen?

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Therapieresistente Hypertonie: Was sind die aktuellen Optionen?

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Therapieresistenter Bluthochdruck ist keine Seltenheit, wobei im individuellen ­Verdachtsfall sorgfältig zu klären ist, ob nicht mangelnde Adhärenz und andere ­Ursachen dahinter stecken. Die Behandlungsoptionen bei echter therapieresistenter Hypertonie haben sich in den letzten Jahren erweitert.

Laut der Nationalen Versorgungsleitlinie ­Hypertonie von 2023 sowie der Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) von 2024 wird die therapieresistente primäre Hypertonie definiert als das Nicht-Erreichen des Zielblutdrucks trotz tolerierter maximaler ­Dosierung von drei Antihypertensiva, vorzugsweise RAS-Blocker, Kalziumkanalblocker und thiazidartiges Diuretikum. Angestrebt werden Werte unter 140/90 mmHg, die innerhalb von drei Monaten erreicht werden sollten.


Angesichts der begrenzten Wirksamkeit von Monotherapien werden bereits als Initialtherapie Zweierkombinationen empfohlen. Vorteile sind synergistische Wirksteigerung und Minimierung von Nebenwirkungen. Die Umstellung auf eine niedrig dosierte Dreierkombination ist der nächste Schritt der Therapieeskalation. Fixkombinationen sollen die Adhärenz verbessern.
Aber selbst mit Tripletherapien lassen sich manche Hypertoniepatienten nicht zufriedenstellend einstellen. Laut den Europäischen Fachgesellschaften ESC und ESH ist von einer Prävalenz der echten Therapieresistenz unter 10 % auszugehen. Höhere Prävalenzangaben dürften darauf zurückzuführen sein, dass nicht zwischen echter Therapieresistenz und Pseudoresistenz differenziert wurde

.
Um einen Praxishochdruck – eine Weißkittelhypertonie – auszuschließen, sollte der Verdacht auf Therapieresistenz durch ambulante Blutdruckmessung (ABDM) oder Heimblutdruckmessung (HBDM) bestätigt sein.
Adhärenz auf den Grund gehen


Es liegt nahe, einen beträchtlichen Anteil der Fälle von scheinbarer Therapieresistenz mangelnder Adhärenz zuzuschreiben, die bei Bluthochdruck weitverbreitet ist. Die Therapietreue sollte deshalb in jedem Verdachtsfall bestmöglich abgeklärt sein, bevor eine therapieresistente Hypertonie diagnostiziert wird. Der saubere Nachweis gestaltet sich schwierig. In einer Metaanalyse, in der mehr als 20 Studien ausgewertet wurden, ergab sich bei vermeintlicher Therapieresistenz eine Non-Adhärenz-Quote von 31,2 % – mit einer Streuung zwischen 3,3 % und 86,1 %. In Studien, die hochsensitive Methoden wie chemische Nachweisverfahren verwendeten, lagen die Prävalenzzahlen deutlich höher. Unterm Strich ist von mangelnder Adhärenz in rund 50 % aller Verdachtsfälle einer Therapieresistenz auszugehen3. In diesem Zusammenhang sollte auch überprüft werden, inwieweit die Patienten Lebensstil-Empfehlungen umsetzen bzw. nicht umsetzen. Vor allem den Salzkonsum sollte man dabei im Blick haben4.
Schließlich sind bei Verdacht auf Therapieresistenz sekundäre Hypertonien abzuklären. Dabei ist vor allem an eine obstruktive Schlafapnoe zu denken. Die Häufigkeit eines primären Aldosteronismus liegt laut Beobachtungsstudien um 20 %. Auch eine Begleittherapie mit blutdruckwirksamen Pharmaka – insbesondere nicht-steroidalen Entzündungshemmern und Glukokortikoiden – kann eine Rolle spielen.


Der Klassiker: niedrig dosiertes ­Spironolacton


Bestätigt sich der Verdacht auf eine echte therapieresistente Hypertonie, gibt es heute verschiedene Optionen. Die klassische Empfehlung lautet: Die Dreifachkombination aus ACE-Hemmer/AT1-Blocker mit einem Kalziumkanalblocker und einem Diuretikum wird durch niedrig dosiertes Spironolacton (25 bis 50 mg/Tag) ergänzt. Der Einsatz des Aldosteron-Antagonisten sollte allerdings auf Patienten mit einer eGFR ≥ 45 ml/min und einem Serum-Kalium ≤ 4,5 mmol/l beschränkt werden4.
Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die Wirksamkeit von Spironolacton auf der spezifischen Aldosteron-antagonistische Wirkung beruht oder Folge der gesteigerten Diurese ist – dies vor dem Hintergrund, dass bei Bluthochdruck eingesetzte Tripletherapien Hydrochlorothiazid (HCT) meist in einer submaximaler Dosis enthalten Dass auch das Nicht-MRA-Diuretikum Amilorid (10 bis 20 mg/Tag) bei refraktärer Hypertonie eine gute Wirkung zeigt, spricht dafür, dass Therapieresistenz oft ein volumenabhängiges Problem darstellt. Neben dem Aldosteron-Antagonisten Eplerenon ist Amilorid deshalb eine weitere Option, und auch eine Intensivierung der Diurese mit anderen Wirkstoffen kommt in Betracht. Weitere Wirkstoffe, die bei Therapieresistenz einen Versuch lohnen, sind der Beta-Blocker Bisoprolol und der Alpha-Blocker Doxazosin.


Medikamentöse „Neuzugänge“: ­Baxdrostat und Aprocitentan


In den letzten Jahren haben sich die Behandlungsmöglichkeiten bei therapieresistenter Hypertonie durch Einführung neuer Medikamente erweitert5. Der Aldosteron-Synthase-Inhibitor Baxdrostat, der ebenfalls zur etablierten Dreierkombination hinzugefügt wird, unterbindet die Wirkung von Aldosteron. Anders als Spironolacton bindet Baxdrostat dabei nicht an den Mineralokortikoid-Rezeptor, sondern blockiert ein Enzym, das für die Aldosteron-Produktion erforderlich ist. In einer placebo-kontrollierten Doppelblind-Studie bei therapieresistenter Hypertonie ergab sich unter der Verumtherapie eine dosisabhängige Senkung des systolischen Blutdrucks: 2 mg einmal täglich um im Mittel 20,3 mmHg und mit 1 mg um 17,5 mmHg, in der Placebogruppe wurde zum Vergleich eine Absenkung um 9,4 mmHg beobachtet6. Nebenwirkungen wie Gynäkomastie kommen bei diesem Wirkansatz seltener vor als unter Spirolacton.


Eine weitere, seit Mitte letzten Jahres verfügbare Therapieoption ist der duale Endothelin-Antagonist Aprocitentan. Laut EU-Zulassung darf der Wirkstoff bei Erwachsenen mit resistenter Hypertonie in Kombination mit mindestens drei Antihypertensiva angewendet werden. Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 12,5 mg, eventuell kann sie auf 25 mg gesteigert werden. In einer kontrollierten Studie wurde Aprocitentan in einer Dosierung von 12,5 mg und 25 mg Aprocitentan versus Placebo geprüft7. Nach vierwöchiger Therapie war eine Abnahme des systolischen Blutdrucks um 15,3 mmHg in der 12,5-mg-Gruppe und um 15,2 mmHg in der 25-mg-Gruppe zu verifizieren. Als günstiger Nebeneffekt zeichnet sich eine antiproteinurische und damit möglicherweise nephroprotektive Wirkung ab.


Renale Denervation


Eine Renaissance erlebt das Verfahren der renalen Denervation, die allerdings nur in erfahrenen Zentren mit hohen Fallzahlen durchgeführt werden soll. Die Deutsche Hochdruckliga, die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) haben eine gemeinsame Zertifizierung für Renale Denervierungszentren in Deutschland aufgelegt. In aktuellen Hypertonie-Leitlinien einschließlich der ESC-Leitlinie von 2024 wird die renale Denervierung bei therapieresistenter Hypertonie empfohlen.
Dies spiegelt die klare Evidenz der vergangenen Jahre wider, so Prof. Marcel Halbach, Herzzentrum der Universität Köln. Die renale Denervation könne zweifelsfrei eine moderate Blutdrucksenkung bewirken. Randomisierte Endpunkt-Studien, die eine Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte belegen, fehlen aber bislang.

Autorin: Ulrike Viereger

Bildquelle: © lenetsnikolai – stock.adobe.com

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