Ein neuer Pneumokokken-Impfstoff deckt 21 Serotypen – ist aber von der STIKO noch nicht empfohlen. Der mRNA-Impfstoff gegen RSV dagegen hat es bereits in den Leistungskatalog geschafft – ebenso der Chikungunya-Impfstoff mit der Zulassung ab zwölf Jahren. Aber Impfstoffe können vielleicht noch mehr, als vor Infektionen zu schützen – siehe Herpes-zoster-Impfung.
EMA: Neuer 21-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff für Erwachsene zugelassen
Die Europäische Kommission (EMA) hat im April 2025 mit CAPVAXIVE® (MSD) einen 21-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff zur aktiven Immunisierung gegen invasive Erkrankungen und Pneumonien bei Erwachsenen ab 18 Jahren zugelassen.
Pneumokokken-Erkrankungen stellen weiterhin eine erhebliche Gesundheitsbelastung für Erwachsene in Europa dar. Besonders bei Personen ≥ 60 Jahre oder solchen mit chronischen Erkrankungen bzw. Immunsuppression steigt das Risiko für invasive Pneumokokken-Erkrankungen (IPD). In den letzten Jahren wurden etwa ein Drittel der IPD-Fälle bei älteren Erwachsenen durch Serotypen verursacht, die in bisherigen Impfstoffen nicht enthalten waren.
Der neue Impfstoff deckt 21 Serotypen ab – darunter auch acht (15A, 15C, 16F, 23A, 23B, 24F, 31, 35B), die in keinem der bislang zugelassenen Pneumokokken-Impfstoffe enthalten sind. Diese zusätzlichen Serotypen waren zwischen 2019 und 2023 in Deutschland für etwa 19 % der IPD-Fälle bei Erwachsenen ≥ 60 Jahren verantwortlich. Die Gesamtabdeckung lag damit bei ca. 84 %.
In den Zulassungsstudien zeigte sich bei Erwachsenen ≥ 50 Jahre eine gleichwertige Immunantwort gegenüber PCV20 und eine überlegene Immunantwort gegenüber PPSV23 bei den gemeinsamen Serotypen. Bei 10 der 11 exklusiven Serotypen ließ sich eine immunologische Überlegenheit nachweisen. Eine robuste Immunantwort konnte auch bei Personen mit vorangegangener Pneumokokkenimpfung (PPSV23, PCV13 oder PCV15) gezeigt werden.
Die gleichzeitige Verabreichung mit einem quadrivalenten Grippeimpfstoff (QIV) beeinträchtigte weder die Immunantwort gegen Pneumokokken noch gegen Influenza.
Aktuell gibt es keine Empfehlung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) und damit auch keine Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV. Es wird spannend, wie die STIKO den neuen Impfstoff im Rahmen der bestehenden und aktuell sehr einfach formulierten Impfempfehlung gegen Pneumokokken einordnen wird, insbesondere in Hinblick auf die sich verändernde Serotypenverteilung. Insgesamt zeigte sich ein gutes Sicherheitsprofil des Impfstoffes.
Impfung gegen das Vergessen? Gürtelrose-Impfung senkt möglicherweise Demenzrisiko – besonders bei Frauen
Eine aktuelle epidemiologische Studie mit Daten aus Wales weist auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Impfung gegen Gürtelrose und einem reduzierten Risiko für Demenz hin. Das internationale Forschungsteam unter Beteiligung der Universitäten Heidelberg, Mainz, Stanford sowie weiterer Institute nutzte ein sogenanntes „natürliches Experiment“, das sich aus der spezifischen Impfstrategie in Wales ergab. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal Nature veröffentlicht.
Seit 2013 erhalten in Wales alle Personen, die zum Stichtag, dem 1. September, 79 Jahre alt sind, ein Jahr lang Anspruch auf eine kostenlose Impfung gegen Gürtelrose. Aufgrund der starren Altersgrenze konnten Personen, die wenige Tage älter waren, nicht geimpft werden – ein Umstand, den die Forscher als Grundlage für ein Regressions-Diskontinuitäts-Design nutzten. Dieses Studiendesign erlaubt, bei nahezu identischen Vergleichsgruppen einen kausalen Zusammenhang zwischen Impfung und späterer Erkrankung zu untersuchen.
Spannend ist hier auch, in welch kurzer Zeit hohe Durchimpfungsraten erzielt werden konnten. Bei den 79-Jährigen, die ihren 80. Geburtstag nur eine Woche nach dem Stichtag hatten, lagen diese schon bei ca. 50 %. In der Vergleichsgruppe, die vorher 80 waren, wurde fast niemand geimpft.
In der Analyse von über 280.000 Menschen zeigte sich: Wer gegen Gürtelrose geimpft wurde, hatte im Verlauf von sieben Jahren ein um rund 20 % geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken. Der Schutzeffekt war dabei bei Frauen deutlich ausgeprägter als bei Männern. Dies könnte auf geschlechtsspezifische Unterschiede in der Immunantwort oder der Krankheitsentwicklung hinweisen.
Warum die Impfung gegen das Varizella-zoster-Virus einen Schutz vor Demenz bieten könnte, ist bisher ungeklärt. Diskutiert werden immunmodulierende Effekte, eine Verhinderung der Reaktivierung des Virus oder andere, noch unbekannte Mechanismen. Unklar ist zudem, ob neuere, effektivere Impfstoffe ähnliche Effekte zeigen.
Die Forscher vergleichen aktuell die walisischen Ergebnisse mit Daten aus weiteren Ländern wie England, Australien und Kanada. Überall zeigen sich ähnliche Trends. Eine groß angelegte, randomisiert kontrollierte Studie ist in Planung und soll Klarheit über den möglichen Zusammenhang zwischen Gürtelrose-Impfung und Demenzprävention bringen.
Insgesamt ist das eine sehr spannende Entwicklung in Hinblick auf positive Effekte von Impfungen auch außerhalb des direkten Schutzes vor Infektionserkrankungen. Es wirft auch die Frage auf, warum die Durchimpfungsraten in Deutschland mit nicht mal 25 % so niedrig sind.
Ausweitung der Impfempfehlung RSV: STIKO empfiehlt RSV-Impfung nun auch mit mRNA-Impfstoff
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat ihre Empfehlung zur Impfung gegen Respiratorische Synzytial-Viren (RSV) aktualisiert. Neu ist die Einbeziehung des mRNA-basierten RSV-Impfstoffs mResvia® (Moderna) zusätzlich zu den bisher bewerteten proteinbasierten Impfstoffen. Eine Bevorzugung eines bestimmten Impfstofftyps wird nicht ausgesprochen.
Die Impfung wird allen Personen ab 75 Jahren in Form einer einmaligen RSV-Impfung als Standardimpfung empfohlen. Zudem sollen Personen im Alter von 60 bis 74 Jahren mit schweren Formen von Grunderkrankungen oder Pflegeheimbewohner*innen eine einmalige Impfung als Indikationsimpfung erhalten. Die Impfung sollte möglichst vor Beginn der RSV-Saison erfolgen, wobei aufgrund der Wirksamkeitsdaten über mehrere Jahre auch durchaus über eine Impfung außerhalb der Saison nachgedacht werden kann.
Chikungunya-Impfstoff IXCHIQ® nun auch für Jugendliche ab zwölf Jahren in der EU zugelassen
Die Europäische Kommission hat die Zulassung des Chikungunya-Impfstoffs IXCHIQ® (Valneva) auf Personen ab zwölf Jahren erweitert. Der Lebend-Impfstoff war bereits seit Juli 2024 für Erwachsene in Europa zugelassen. Mit der aktuellen Entscheidung ist er nun in Deutschland auch für Jugendliche verfügbar.
Autor: Dr. med. Markus Frühwein
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