Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED). Die Pathogenese ist komplex und noch nicht abschließend geklärt. Gesichert erscheint eine genetische Prädisposition im Sinne einer gestörten Interaktion zwischen Mikrobiom, Umweltfaktoren, Immunsystem und Darmbarriere („Interaktom“) auf der Grundlage einer genetischen Suszeptibilität. Betroffen ist vorwiegend der Gastrointestinaltrakt.
Rund 300.000 Menschen sind in Deutschland an einer CED erkrankt, wobei eine Zunahme der Inzidenz und Prävalenz in den letzten zehn Jahren, insbesondere beim Morbus Crohn, beobachtet werden kann. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 15. bis 35. und dem 55. bis 80. Lebensjahr. Kinder und Jugendliche sind etwa in 25 % der Fälle betroffen. Eine Heilung ist bisher nicht möglich, die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten haben sich aber deutlich verbessert. Dem Hausarzt kommt deshalb eine wichtige Schlüsselposition bei der Versorgung solcher Patienten zu, da eine frühzeitige Diagnose ohne Verzögerung einer weiterführenden Diagnostik und eine dauerhafte adäquate Behandlung wichtig für den Verlauf der Erkrankung sind.
Diagnostik
Die Diagnosestellung resultiert aus einer Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung, laborchemischen Analysen, Endoskopie sowie histologischer und bildmorphologischer Untersuchung. Dabei gilt es auch, frühzeitig differenzialdiagnostisch zwischen den beiden häufigsten Varianten der CED zu unterscheiden. Laborchemisch sollten Blutwerte wie BSG, Blutbild, Elektrolyte, Gerinnungswerte, Kreatinin und Harnstoff, GOT, GPT, AP und Gamma-GT sowie die Entzündungswerte Calprotectin und C-reaktives Protein im Stuhl bestimmt werden. Empfehlenswert ist ferner ein Screening auf Infektionserkrankungen (Hepatitis A, B, C, HIV).
Morbus Crohn ist eine in Schüben verlaufende, transmurale entzündliche Erkrankung der Mukosa, die den gesamten Gastrointestinaltrakt (GI-Trakt) vom Mund bis zum Anus befallen kann. Die Colitis ulcerosa verläuft auch schubweise, ist aber eine nicht transmurale entzündliche Erkrankung, die sich auf das Kolon beschränkt. Häufige Symptome sind Diarrhöen, abdominale Schmerzen, Fieber, klinische Zeichen eines Subileus oder Ileus und/oder der Abgang von Blut und Schleim. Möglich sind auch extraintestinale Manifestationen wie muskuloskeletale, dermatologische, okuläre oder hepatobiliäre Manifestationen.
Therapie
Ziel der Behandlung bei beiden chronischen Erkrankungen sollte die rasche Einleitung einer steroidfreien Remission und die Prävention von Erkrankungs- und Therapiekomplikationen sein. Bei einem leichten, auf den Ileozökalbereich begrenzten Morbus Crohn kann eine Induktionstherapie mit Budesonid begonnen werden. Bei mittelschweren und schweren Verläufen kommen auch systemische Corticosteroide oral oder i.v. zum Einsatz. Parallel sollte man eine Remissionserhaltungstherapie mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin beginnen. Bei Versagen beziehungsweise Kontraindikationen ist auch der Einsatz von Antikörpern (z.B. Infliximab, Adalimumab, Vedolizumab) möglich.
Eine leichtgradige Ileocolitis-Crohn kann mit Sulfasalazin oder mit systemischen Corticosteroiden behandelt werden und parallel zur Remissionserhaltungstherapie auch mit Azathioprin, 6-Mercaptopurin oder Methotrexat sowie bei Versagen beziehungsweise Kontraindikationen mit den in dieser Indikation zugelassenen Antikörpern. Bei einer Fistelbildung ist eine enge Zusammenarbeit mit Gastroenterologen und Chirurgen erforderlich. Eine leichte bis mittelschwere Proktitis sollte zunächst topisch, z. B. mit 1 000 mg Mesalazin per rectum pro Tag als Induktionstherapie, behandelt werden. Bei mangelndem oder unzureichendem Ansprechen ist eine Kombination mit oralen Mesalazinpräparaten oder topischen Corticosteroiden effektiver als eine Monotherapie.
Für die Therapie der Colitis ulcerosa ist mittlerweile auch der Antikörper Mirikizumab zugelassen.
Der Fall
Der 38-jährige Ewald Z. ist in der IT-Branche tätig. Er kommt in die Praxis, weil bei ihm in den letzten Wochen anfallsartig extreme Magenkrämpfe und Durchfall aufgetreten sind. Zunächst dachte er an eine „Lebensmittelvergiftung“, da die Beschwerden aber nun schon vier Wochen andauern, macht er sich Sorgen über die Ursache. Da der Patient psychisch auffällig und sehr verzweifelt wirkt, wird neben der somatischen auch eine psychosomatische Anamnese erhoben, die allerdings keinen Anhaltspunkt für eine somatoforme Erkrankung ergibt.
Bei der körperlichen Untersuchung fällt ein stark geblähtes Abdomen auf, aber kein Druckschmerz und auch keine Abwehrspannung. Aktuell hat der Patient allerdings auch keine Beschwerden.
| EBM | Legende | Euro | GOÄ |
| 03003 | Versichertenpauschale im 38. Lebensjahr | 13,60 | 8 |
| 33042 | Sonographische Untersuchung des Abdomens | 16,43 | 410 3x 420 |
| 35100 | Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände | 22,18 | 849 |
| EBM | Legende | Euro | GOÄ |
| 01732 | Gesundheitsuntersuchung bei Erwachsenen | 37,46 | 29 |
| 01744 | Screening auf Hepatitis-B-und/oder auf Hepatitis-C-Virusinfektionen | ||
| 01746 | Zuschlag zur Gebührenordnungsposition 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs | 24,02 | 750 |
| 03008 | Zuschlag zu der Versichertenpauschalen nach der Gebührenordnungsposition 03000 für die Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins | 15,05 | |
| 03230 | Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist | 14,71 | 1 |
Zur weiteren Abklärung wird eine Labor- und Stuhluntersuchung veranlasst und eine Abdomen-Sonographie vorgenommen. Da bei dem Patienten zyklusmäßig die Vorsorgeuntersuchungen „Check up“, Hautkrebsscreening und Hepatitisscreening fällig sind, wird dies in die Diagnostikkette integriert. Die Sonographie ergibt keinen Anhalt auf krankhafte Veränderungen. Bei der nächsten Vorstellung werden dem Patienten die Laborergebnisse mitgeteilt. Die Blutwerte sind unauffällig, wegen eines sehr hohen Calprotectinwertes im Stuhl wird aber zur weiteren Abklärung ein schneller Termin bei einem Gastroenterologen vereinbart.
Bitte beachten!
- Die Nr. 1 GOÄ ist neben der Nr. 29 GOÄ nicht berechnungsfähig. Im EBM ist das anders, hier kann die GOP 03230 neben der GOP 01732 zum Ansatz kommen.
- In der GOÄ gibt es keine Beratungsleistungen für das Hautkrebs- und Hepatitisscreening. Ein Ausgleich kann hier aber über einen höheren Multiplikator beim Ansatz der Nr. 29 vorgenommen werden.
- Es gibt in der GOÄ auch keine Abrechnungsposition für eine Terminvermittlung beim Facharzt. Am Tag der Vermittlung könnte aber die Nr. 2 berechnet werden, wenn in gleicher Sitzung keine andere Leistung berechnet wird
Autor: Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Quelle: Der Allgemeinarzt
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