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Mastitis: Ein umfassender Einblick in Ursachen, Diagnostik und Behandlung

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Mastitis: Ein umfassender Einblick in Ursachen, Diagnostik und Behandlung

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Die verborgene Entzündung der weiblichen Brust

Die Mastitis ist eine entzündliche Erkrankung der weiblichen Brust, die sowohl stillende als auch nicht-stillende Frauen betreffen kann. Mit einer Prävalenz von 3-20% bei stillenden Frauen stellt sie eine häufige Komplikation in der postpartalen Phase dar. Die Erkrankung manifestiert sich typischerweise durch Rötung, Schwellung, Überwärmung und Schmerzen in einem umschriebenen Bereich der Brust, oft begleitet von systemischen Symptomen wie Fieber über 38,5°C und allgemeinem Krankheitsgefühl.

Der Weg zur Entzündung: Pathophysiologie und Risikofaktoren

Bei der laktationsassoziierten Mastitis beginnt der Krankheitsprozess meist mit einem Milchstau, der durch unzureichende Brustentleerung verursacht wird. Diese Stagnation führt zunächst zu einer nicht-infektiösen Entzündungsreaktion, die bei anhaltenden Bedingungen in eine bakterielle Infektion übergehen kann. Der häufigste Erreger ist Staphylococcus aureus, der durch Mikroläsionen der Brustwarze eindringen kann. Risikofaktoren umfassen fehlerhafte Stilltechnik, zu lange Abstände zwischen den Stillmahlzeiten, wunde Brustwarzen, Stress und zu enge Kleidung.

Die nicht-laktationsassoziierte Mastitis tritt in verschiedenen Formen auf. Die periduktale Mastitis betrifft vorwiegend jüngere Frauen und ist mit dem Rauchen assoziiert. Die idiopathische granulomatöse Mastitis hingegen ist eine seltene, chronisch-entzündliche Erkrankung unklarer Genese, bei der Autoimmunprozesse, hormonelle Faktoren und Infektionen diskutiert werden.

Vom Verdacht zur Diagnose: Klinische Beurteilung und weiterführende Diagnostik

Die Diagnose der Mastitis basiert primär auf dem klinischen Erscheinungsbild. Eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung sind entscheidend. Bei Verdacht auf eine infektiöse Mastitis können Entzündungsmarker im Blut bestimmt werden. Eine mikrobiologische Untersuchung der Muttermilch ist bei therapieresistenten Fällen, rezidivierenden Infektionen oder schwerem Krankheitsbild indiziert.

Die Ultraschalluntersuchung der Brust hilft, zwischen einer einfachen Mastitis und einem Brustabszess zu unterscheiden und andere Pathologien auszuschließen. Bei nicht-laktationsassoziierter Mastitis sind weitere bildgebende Verfahren wie Mammographie und MRT zum Ausschluss maligner Erkrankungen wichtig. In unklaren Fällen, insbesondere bei Verdacht auf eine granulomatöse Mastitis, kann eine histopathologische Untersuchung mittels Biopsie erforderlich sein.

Heilende Hände: Therapeutische Strategien für verschiedene Formen der Mastitis

Die Behandlung der laktationsassoziierten Mastitis beginnt mit supportiven Maßnahmen. Eine effektive Milchentleerung durch häufigeres Anlegen des Kindes, beginnend an der betroffenen Seite, steht im Mittelpunkt. Sanfte Massage des betroffenen Bereichs in Richtung Brustwarze vor dem Stillen und Lymphdrainage können den Heilungsprozess unterstützen. Warme Kompressen vor dem Stillen fördern den Milchfluss, während kalte Kompressen nach dem Stillen Schmerzen lindern können.

Bei der medikamentösen Therapie wird Ibuprofen aufgrund seiner analgetischen und antientzündlichen Eigenschaften bevorzugt. Wenn keine Besserung innerhalb von 12-24 Stunden eintritt oder bei schweren Symptomen ist eine antibiotische Therapie indiziert. Cephalexin, Amoxicillin-Clavulansäure oder Dicloxacillin sind Mittel der ersten Wahl. Bei Penicillinallergie kann Clindamycin eingesetzt werden. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel 10-14 Tage.

Die Therapie der nicht-laktationsassoziierten Mastitis variiert je nach Form. Bei der periduktalen Mastitis steht die antibiotische Therapie mit Abdeckung anaerober Erreger im Vordergrund. Bei Abszessbildung ist eine Drainage erforderlich, bei rezidivierenden Verläufen kann eine chirurgische Exzision der betroffenen Milchgänge notwendig sein.

Die Behandlung der idiopathischen granulomatösen Mastitis ist komplex und nicht standardisiert. Systemische Kortikosteroide über mehrere Monate mit ausschleichender Dosierung bilden oft die Basis der Therapie. Bei steroidrefraktären Verläufen können Immunsuppressiva wie Methotrexat oder Azathioprin eingesetzt werden. In therapieresistenten Fällen kann eine chirurgische Exzision erforderlich sein. Neuere Ansätze umfassen auch die Verwendung pflanzlicher Immunmodulatoren wie Tinosporin.

Wenn Komplikationen drohen: Management von Brustabszessen und Folgeerscheinungen

Ein Brustabszess stellt die häufigste Komplikation einer unzureichend behandelten Mastitis dar. Die Diagnose erfolgt mittels Ultraschall. Bei kleineren Abszessen kann eine ultraschallgesteuerte Punktion und Drainage ausreichend sein, während größere oder multilokuläre Abszesse eine chirurgische Inzision und Drainage erfordern. Eine begleitende antibiotische Therapie ist essentiell. Das Stillen sollte an der nicht betroffenen Seite fortgesetzt werden, während die betroffene Seite abgepumpt wird.

Eine weitere mögliche Folge der antibiotischen Therapie ist die pathologische Vermehrung von Candida auf der Brustwarze, die sich durch brennende oder stechende Schmerzen äußert. Die Behandlung umfasst topische Antimykotika nach jedem Stillen, bei Bedarf kombiniert mit steroidhaltigen Salben. Sowohl Mutter als auch Kind sollten über mindestens eine Woche behandelt werden.

Der beste Schutz: Präventive Maßnahmen gegen Mastitis

Präventive Maßnahmen sind entscheidend, um das Auftreten einer Mastitis zu vermeiden. Eine korrekte Stilltechnik mit guter Anlegetechnik und vollständiger Brustentleerung bildet die Grundlage. Regelmäßiges Stillen ohne zu lange Abstände zwischen den Mahlzeiten ist wichtig. Das Tragen eines gut sitzenden, nicht zu engen BHs verhindert Druck auf die Brust. Sorgfältige Händehygiene vor dem Berühren der Brust und eine adäquate Pflege zur Vermeidung von Brustwarzenrissen reduzieren das Infektionsrisiko. Nicht zuletzt tragen ausreichende Ruhe und Stressreduktion zur Prävention bei.

Die Mastitis ist eine belastende Erkrankung, die bei frühzeitiger Erkennung und adäquater Behandlung in der Regel gut beherrschbar ist. Eine individuelle, an die spezifische Form der Mastitis angepasste Therapie ist entscheidend für den Behandlungserfolg und ermöglicht stillenden Müttern in den meisten Fällen die Fortsetzung des Stillens zum Wohle von Mutter und Kind.

Quellenverzeichnis
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