Während der Corona-Pandemie haben sich viele Menschen in Deutschland ein Haustier zugelegt, was zu mehr allergischen Reaktionen führte, da Tiere wie Katzen und Hunde häufige Allergieauslöser sind. Tierallergene sind überall verbreitet, und es gibt keine vollständig allergenfreien Tierarten. Die molekulare Allergiediagnostik verbessert die Identifizierung und Behandlung von Tierallergien.
In etwa jedem dritten Haushalt in Deutschland werden Tiere gehalten, in Haushalten mit Kindern in zwei von drei Haushalten. Während der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der Haustiere um ca. 5 % erhöht. Allein in Deutschland ist das ein Plus von 1 Mio. Tiere in 2020 – das Segment Tierbedarf war damit ein großer Gewinner der Pandemie.
Neben Milben und Pollen zählen Katzen und andere Haustiere weltweit zu den häufigsten Auslösern von allergischer Rhinokonjunktivitis und allergischem Asthma bronchiale. Die Allergenexposition ist generell hoch, da relevante Allergenbelastung auch im öffentlichen Bereich und in Wohnungen, in denen keine Tiere gehalten werden, bestehen können. Allergien gegen Tiere spielen auch bei beruflicher oder hobbybedingter Exposition eine Rolle (Veterinärmedizin, Labor, Zoo, Jagd, Reiten …), sodass ggfs. viele Tierarten bei der Diagnose als relevante Allergenquellen berücksichtigt werden müssen. Problematisch ist, dass die Zahl der erhältlichen Testextrakte für den Hauttest insbesondere gegen seltene Allergene kontinuierlich schrumpft. Die molekulare Allergiediagnostik (Serologie) hat die immunologische Charakterisierung von Tierallergien und das Verständnis für die oft komplexen Sensibilisierungsmuster verbessert. Praktisch jedes Tier kann eine Allergie auslösen. Manchmal entwickelt sie sich erst nach Jahren des Zusammenlebens. Eine Sensibilisierung mit Tierallergenen (insbesondere Katze) wird als starker Risikofaktor für die Entwicklung eines allergischen Asthma bronchiale eingestuft.
Tierhaar-Allergie?
Dieser gängige Begriff ist sachlich nicht korrekt (von kleinen Ausnahmen abgesehen, siehe Meerschweinchen). Die Tierhaare sind nur das Vehikel, mit denen viele Allergene transportiert werden.
Allergenquellen
- Katze: Speicheldrüsen, Haut, Zunge
- Hund: Zunge, Speicheldrüsen, Urin (nur bei Rüden: Prostata-Kallikrein)
- Kaninchen: Speicheldrüsen
- Ratte/Maus: Urin
- Goldhamster: Submaxillardrüsen
- Meerschweinchen: Haar, Speicheldrüsen
Daraus wird klar, dass es keine „allergenfreien“ haarlosen Hunde oder Katzen gibt. Es wird lediglich – wie auch bei nicht haarenden Hunden – die Allergenverbreitung reduziert. Das kann im Einzelfall aber durchaus zur Symptomreduktion beitragen.
Allergen-Exposition in Innenräumen
Das Ergebnis von zahlreichen Expositionsmessungen ist, dass Tierallergene (v.a. Katze) ubiquitär vorkommen. Allergene werden durch Verlust von Haaren und Hautschuppen sowie Sekretion von Körperflüssigkeiten von den Tieren selbst effektiv in der Umwelt verteilt. Darüber hinaus binden die Allergene bevorzugt an kleine Staubpartikel (<10 μm), die kaum sedimentieren und deshalb stundenlang in der Raumluft verbleiben (Katzenallergen)! Zum Vergleich: Milbenallergene sind nach 30–60 Minuten sedimentiert.
Durch die guten Schwebeeigenschaften können sie leicht in ursprünglich nicht belastete Bereiche transferiert werden, wo sie sich in Teppichen, Polstermöbeln und Matratzen anlagern. Dabei gelten Kleidung und menschliche Haare als Hauptüberträger. Hundeallergene sind schwerer als Katzenallergene und können sich daher nicht so leicht mit Staubpartikeln verbinden und durch die Luft schweben. Die Allergenkonzentration unterscheidet sich natürlich enorm zwischen den einzelnen Bereichen. Die höchsten Konzentrationen sind generell in Haushalten mit Tieren, Tierställen oder Tierlaboratorien zu finden. Die Allergenmenge differiert zwischen Wohnungen mit und ohne Tierhaltung oft um das 100-Fache!
Hund, Katze und Co
Hunde haben zur Freude vieler Tierfreunde ein geringeres Allergiepotenzial. Die derzeit sechs identifizierten Allergene sind weniger aggressiv und ihre Zahl schwankt deutlich zwischen verschiedenen Hunderassen, zwischen Männchen und Weibchen und sogar von Tier zu Tier. Bei Hunden gibt es eine große Variationsbreite. Da hilft nur: Ausprobieren. Wer sich mit dem Gedanken trägt, einen Hund anzuschaffen, sollte zunächst einmal ausgedehnte Spaziergänge idealerweise mit genau diesem Hund unternehmen und ihn für kurze Zeit in den Privaträumen übernachten lassen.
Die Hypothese von der Existenz allergenarmer Hunderassen wie z.B. Labradoodle, spanischer Wasserhund oder Airedale Terrier konnte in mehreren Studien nicht bestätigt werden. Ein Wissenschaftlerteam fand sogar einen signifikant höheren Gehalt des Hundeallergens Can f 1 im Fell dieser Tiere als im Fell anderer Rassen. Den niedrigsten Allergengehalt in dieser Studie wiesen Labrador Retriever auf, den höchsten die Pudel. Es ist also völlig normal, dass ein- und dieselbe Person beim Kontakt mit Pudeln allergische Reaktionen entwickelt, beim Kontakt mit Dackeln hingegen beschwerdefrei bleiben kann. Komplett allergenfreie Hunderassen gibt es jedoch nicht.
Katzen haben die größte Bedeutung als Allergie-Verursacher unter den Haustieren. Insgesamt wurden bisher 19 Katzenallergene identifiziert. Für die meisten Sensibilisierungen ist aber ein einziges Eiweiß verantwortlich, das Protein Fel d 1. Dieses findet sich bei praktisch allen Katzenarten, also auch bei Löwen, Tigern oder Pumas, in der Haut, in Talgdrüsen und in der Tränenflüssigkeit. Weil es sehr leicht ist, kann es stundenlang in der Luft schweben und sich auf Möbel, Böden oder Wände legen. Noch Monate nachdem zum letzten Mal eine Katze in einem Raum gewesen ist, können Menschen mit Katzenallergie dort allergische Beschwerden bekommen. Dabei spielt die Rasse der Katze keine Rolle. Eine Rasse, die keine Allergene besitzt, gibt es nicht.
Betroffene reagieren in der Regel auf alle Katzen mit allergischen Symptomen. Allerdings produzieren laut mehrerer Studien unkastrierte Kater mehr Allergene als kastrierte Kater oder Katzen, dunkle Tiere mehr als solche mit hellem Fell. Erklärungen hat die Forschung für diese Unterschiede noch nicht. Generell schwankt ähnlich wie bei Hunden die Zahl der produzierten Allergene stark von Tier zu Tier. Bei Katzen werden Rassen wie Cornish Rex, Sphynx oder Nacktkatzen als allergenarm beworben. Kritiker sehen hier Qualzuchten, da den Katzen ein Merkmal weggezüchtet wurde, das für ihr Wohlbefinden und artgerechtes Verhalten bedeutsam ist. Am Münchner Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM) wurde nachgewiesen, dass diese Rassen nicht einmal besonders Allergiker-freundlich sind. Sie setzten nicht weniger Allergene frei als Vertreter der Europäischen Kurzhaarkatze, der häufigsten Katzenrasse in Deutschland.
Selten können durch Vogelfedern Atemwegsallergien ausgelöst werden. Bekannt ist dies zum Beispiel bei Federn von Wellensittichen. Die Hauptallergene der Vögel befinden sich in den Federn und im Kot. Im Gefieder halten sich Hausmilben auf, sodass auch eine Hausmilbenallergie für Niesattacken in der Nähe von Vögeln verantwortlich sein kann. Züchter von Tauben oder anderen Vogelarten sind noch durch eine andere Form der Allergie gefährdet, die sogenannte Vogelhalterlunge (exogen-allergische Alveolitis, EAA). Das ist eine sogenannte „Allergie mit verzögerter Reaktion“, eine Sonderform allergischer Entzündungen. Erste Symptome treten erst sechs bis zwölf Stunden nach Kontakt mit dem Vogel auf. Bei Auftreten dieser Krankheit müssen Vogelhalter ihr Hobby oder ihren Beruf zwingend aufgeben. Denn die Allergie provoziert eine Entzündung der Alveolen, die sich zu einer Lungenfibrose entwickeln kann.
Bei Nagetieren ist die Gefahr von allergischen Reaktionen relativ groß. Eiweißmoleküle im Urin von Meerschweinchen etwa können heftige Reaktionen auslösen und sich über die Luft und Kleidung auch weiterverbreiten. Kaninchen und Goldhamster haben ebenfalls Allergene in Urin, Hautschuppen und Fell. Reaktionen bis hin zu schwerem Asthma werden am häufigsten durch zahme Ratten und Mäuse ausgelöst, die als Haustiere gehalten werden.
Was kann der Hausarzt tun?
Anamnese:
- Symptomverstärkung im häuslichen Umfeld, in bestimmten Räumen oder bei direktem Tierkontakt?
- Besserung im Urlaub (ohne Tierkontakt)?
- Ist der Betroffene Atopiker?
- Besserung durch antiallergische Medikation?
Beratung zur Allergieprävention:
In Familien ohne erkennbares erhöhtes Allergierisiko soll die Haustierhaltung mit Katzen oder Hunden nicht generell eingeschränkt werden. Familien mit erhöhtem Allergierisiko (d.h. Vater, Mutter oder Geschwisterkind sind von einer atopischen Erkrankung betroffen) oder mit Kindern mit bereits bestehender atopischer Dermatitis sollten eine Katze nicht neu anschaffen – im Gegensatz dazu sollte von einer Hundehaltung jedoch nicht abgeraten werden.
Was kann der Allergologe tun?
- Pricktest mit Tierallergenen zum Nachweis einer kutanen Sensibilisierung (leider gibt es nicht mehr für alle Haustierarten Testlösungen!)
- Gesamt-Immunglobulin E (IgE) und spezifisches IgE zum Nachweis einer serologischen Sensibilisierung. Insbesondere ist hier die molekulare Diagnostik mit Einzelallergenen hilfreich, da Kreuzsensibilisierung bei Testung von Lösungen mit Gesamtextrakt vorliegen können und das Ergebnis verfälschen.
Beispiel für den Vorteil der Bestimmung der Einzelallergene: Das Hundeallergen Can f 5 wird in der Prostata produziert und kommt daher nur in Urin oder Hautschuppen männlicher Hunde vor. Menschen, die nur auf Can f 5 allergisch reagieren, haben demzufolge keine Probleme mit Hündinnen!
Wünschenswert ist die Durchführung einer nasalen Provokation mit Tierallergen. Leider sind derzeit keine Allergenlösungen kommerziell erhältlich. Etliche Patienten kommen mit dem Wunsch: Ich möchte einen Test machen, damit ich weiß, welches Haustier ich anschaffen kann. Leider kann man diesen Wunsch nicht erfüllen, da es keine „prophetischen“ Testungen gibt. Auch ein aktuell negativer Test kann in der Zukunft nicht das Auftreten einer Allergie gegen ein neues Haustier ausschließen!
Wir machen in diesen Fällen trotzdem einen kutanen und serologischen Test, um zu sehen, ob bereits eine Sensibilisierung (Allergiebereitschaft) gegen Tierallergene vorliegt. Dennoch gibt es Fälle, die auch bei einem positiven Test mit dem Tier später keine Probleme haben! Bei Atopiker-Familien raten wir eher von der Anschaffung von Katzen und Nagetieren ab, da in den meisten Fällen – trotz z.T. starker Symptome – die Allergenkarenz später nicht durchsetzbar ist.
Allergen-Immuntherapie (AIT) mit Hunde-/Katzenallergen
Viele Patienten sind gegen Haustiere sensibilisiert und bei etlichen von ihnen besteht ein starker Wunsch nach einer AIT, anstatt durch eine Entfernung des Haustieres eine prinzipiell mögliche Allergenkarenz durchzuführen. Nur wenige Studien konnten eine gewisse klinische Wirksamkeit der AIT bei Patienten mit Katzen- bzw. Hundeepithel-Allergien belegen. Aufgrund der eingeschränkten Evidenz und der erhöhten Rate an Nebenwirkungen bedarf die AIT gegen Katzenepithelien einer kritischen Risiko- und Kosten/Nutzen-Beurteilung im Einzelfall. Für Hunde ist diese Evidenz nicht in ausreichendem Ausmaß vorhanden, weshalb hier die Beurteilung zur Indikationsstellung für eine AIT noch kritischer gesehen werden muss.
Bei der AIT mit Tierallergenextrakten ist insbesondere auf eine ausreichende Kontrolle eines gegebenenfalls bestehenden Asthmas im Verlauf der AIT zu achten. Eine AIT mit Tierallergenen erfolgt, wie bei anderen Allergenen, über drei Jahre.
Vermeidungsstrategien im häuslichen Umfeld
- Luftreiniger mit Feinstaubfilter (HEPA) verringern signifikant den Allergengehalt der Raumluft (Hunde-, Katzenallergen).
- Regelmäßiges Stoßlüften, Staubsaugen (mit HEPA-Filter) sowie feucht Staubwischen.
- Polstermöbel und Matratzen mit Rosshaarfüllungen, Pelze, Textilien aus Angora-, Alpaka- oder Schafwolle sowie aus Kamelhaar sollten zunächst für einige Wochen entfernt werden.
Bessern sich die Symptome, so ist davon auszugehen, dass die genannten Gegenstände zur Allergie beitragen. Anstatt Federbetten besser Kissen und Decken mit Polyesterfüllung verwenden. Diese sind bei 60 oder 90 Grad waschbar. Schlafzimmer und Kinderzimmer müssen für Haustiere tabu sein! Wer als Tierallergiker in Haushalten übernachten muss, in denen Katzen und/oder Hunde leben, sollte die Gastgeber bitten, ihre Tiere möglichst lange vor dem Besuch aus dem vorgesehenen Schlafzimmer fernzuhalten. Für Menschen mit ausgeprägten Symptomen bleibt oft nur die Möglichkeit, zur Vorbeugung Medikamente einzunehmen, ehe sie das Haus verlassen oder in einem Haushalt mit Tieren übernachten.
Sonstige Möglichkeiten
- Verwendung von speziellem Katzenfutter, das Hühner-IgY anti-Fel d 1 enthält, welches die Allergenexpression der Katze verringert (Fel d 1 ist das Hauptallergen bei Katzen).
- Waschen der Katze 2x/Woche reduziert wirksam die Allergenexposition. Wahrscheinlich besteht aber bei den allermeisten Katzen keine ausreichende Akzeptanz für dieses Vorgehen.
- Nahrungsergänzungsmittel mit antiallergischem Effekt (ImmunoBon® Lutschtablette) mit holoBLG (mit Mikronährstoffen beladenes Beta-Lactoglobulin aus Kuhmilch) imitiert den „Bauernhofeffekt“ mit Verminderung der Allergiebereitschaft; aktuell in Deutschland nicht erhältlich.
Darüber hinaus findet man im Internet eine Fülle von wissenschaftlich nicht validierten Vorschlägen zu diesem Thema. Hier eine Auswahl: Bioresonanztherapie bei Katzenallergie, Eigenbluttherapie bei Katzenallergie, Kinesiologie, Lapacho Tee bei Katzenallergie, Laserakupunktur bei Katzenallergie, Schwarzkümmelöl bei Katzenallergie. Es besteht also auf allergologischem Fachgebiet noch erheblicher Bedarf an verbesserten Behandlungsmöglichkeiten insbesondere im Bereich der Allergen-Immuntherapie. In der „Forschungspipeline“ stecken unter anderem Untersuchungen zu neuen Wirkverstärkern, Fel d1-Allergoiden und monoklonalen Anti-Fel d1-IgG4 Antikörpern. Man darf also hoffen.
Autoren: Dr. med. Friedrich Riffelmann; Tanja Hardebusch
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