Diabetes ist nicht gleich Diabetes
Typ-2-Diabetes ist nicht eine einzige Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Krankheitsformen – eine Erkenntnis, die zwar bekannt ist, sich jedoch im klinischen Alltag noch nicht ausreichend widerspiegelt. Um dies zu ändern, wurde Dr. med. Martin Schön vom Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf mit dem Präventionspreis 2025 ausgezeichnet. Der Arzt und Wissenschaftler verwendete einen Algorithmus, der von einer Forschungsgruppe im Vereinigten Königreich entwickelt worden ist und mit dessen Hilfe Typ-2-Diabetes differenzierter klassifiziert und das individuelle Risiko für Folgeerkrankungen präziser bestimmt werden kann. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung des 131. Internistenkongresses in Wiesbaden verliehen.
Grafische Darstellung von Stoffwechseltypen und Komplikationsrisiken
Mithilfe des Algorithmus konnten die Forschenden Patientinnen und Patienten in Untergruppen mit spezifischen Stoffwechselmustern einteilen. Die Ergebnisse wurden in einem Baumdiagramm visualisiert und lieferten wichtige Erkenntnisse: Menschen mit stark verminderter Insulinproduktion hatten ein erhöhtes Risiko für Nervenschäden, eine Insulin-Therapie und das diabetische Fußsyndrom. Dagegen litten Personen mit ausgeprägter Insulinresistenz häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber, Nierenschäden und Depressionen. Zudem wurden Unterschiede im Entzündungsprofil und in der Fettverteilung (viszerales vs. subkutanes Fett) sichtbar – Faktoren, die eng mit schwerwiegenden Folgeerkrankungen wie Herzinsuffizienz, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen verbunden sind.
Algorithmus als Online-Tool verfügbar
Der von Dr. Schön angewendete Algorithmus ermöglicht es erstmals, ohne aufwändige Spezialuntersuchungen individuelle Risikoprofile für Typ-2-Diabetes zu erstellen. Er steht bereits als frei zugängliches Online-Tool zur Verfügung. Die Ergebnisse der Klassifikation können dazu beitragen, Behandlungen individuell anzupassen, Risikopersonen frühzeitig zu identifizieren und Komplikationen gezielt vorzubeugen. „Die Arbeit zeigt eindrucksvoll, wie moderne Datenanalysen und klinisch leicht verfügbare Parameter eine präventive Medizin vorantreiben können“, betont Prof. Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. „Statt nur Symptome zu behandeln, wird hier das individuelle Risiko in den Mittelpunkt gestellt – ein zentraler Schritt in Richtung Präzisionsmedizin für Volkskrankheiten“, ergänzt Prof. Dr. med. Stefan Frantz, Vorsitzender der DSIM.
Zur Person
Dr. Martin Schön studierte Medizin in Bratislava, Slowakei. Seit 2020 forscht er am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Robert Wagner. Seine Arbeit verbindet klinische Expertise mit innovativer Datenanalyse und trägt dazu bei, Prävention und Therapie von Stoffwechselerkrankungen gezielter und nachhaltiger zu gestalten.
Preisverleihung beim 131. Internistenkongress
Die Verleihung des Präventionspreises der DGIM und DSIM fand im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung des 131. Internistenkongresses in Wiesbaden statt. Der Preis wird jährlich an herausragende wissenschaftliche Arbeiten aus dem deutschsprachigen Raum verliehen, die einen wesentlichen Beitrag zur Prävention internistischer Erkrankungen leisten.
Quelle: DGIM-Kongress vom 3.-6. Mai 2025 in Wiesbaden
Prämierte Publikation:
Schön, M., Prystupa, K., Mori, T., et al. (2023). Analysis of type 2 diabetes heterogeneity with a tree-like representation: Insights from the prospective German Diabetes Study and the LURIC cohort.The Lancet Diabetes & Endocrinology. https://doi.org/10.1016/S2213- 8587(23)00329-7
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