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Allgemeinmedizin trifft Dermatologie: Haut als Spiegel innerer Erkrankungen

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Die Bedeutung von Hautkrankheiten rückt zunehmend in den Fokus, nicht zuletzt durch die WHO-Resolution „Skin diseases as a global public health priority“. In den meisten Fällen suchen Patienten zunächst in der ­Allgemeinmedizin medizinischen Rat.

Die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Hauterkrankungen ist beträchtlich. So wurden beispielsweise in der „Global Burden of Disease Study 2021“ weltweit 4,69 Milliarden Fälle von Haut- und Unterhauterkrankungen identifiziert, die für 41,9 Millionen Disability-Adjusted Life Years (DALYs) verantwortlich sind. DALYs dienen dabei als Maß zur Quantifizierung der Krankheitslast. Wir sprachen mit dem niedergelassenen Dermatologen Dr. Johannes Neuhofer aus Linz, der sich besonders für den interdisziplinären Austausch zwischen Dermatologie und anderen Facharztbereichen einsetzt.

Herr Dr. Neuhofer, können Hausärzte einen Beitrag leisten, um die aktuelle Situation der Patienten, die von einer Hauterkrankung betroffen sind, zu verbessern?

Neuhofer: Schätzungsweise 25 bis 30 % der Patienten mit dermatologischen Problemen, die isoliert auftreten oder im Zusammenhang mit anderen internistischen Erkrankungen stehen, kontaktieren zuerst ihren Hausarzt. Daher ist es für Allgemeinmediziner von großem Wert, über eine gewisse Grunderfahrung in den wichtigsten dermatologischen Diagnostiken zu verfügen – zumal wir in Europa im Durchschnitt immer älter werden und altersbegleitende Hauterkrankungen wie Hautkrebs vermehrt zu dia­gnostizieren sind. Vor diesem Hintergrund übernehmen unsere Kollegen in der Allgemein­medizin eine entscheidende Rolle: Sie können schwerwiegende Hauterkrankungen frühzeitig erkennen und bei Bedarf entsprechend über­weisen.

Einige Erkrankungen werden auch auf der Haut „sichtbar“ – teils, bevor es zu schwerwiegenden Symptomen kommt. Welche Bedeutung hat das für die Hausarztpraxis?
Bei zahlreichen Krankheitsbildern, insbesondere bei verschiedenen internistischen Erkrankungen, zeigt sich der dermatologische Aspekt zuerst als Begleitsymptomatik. Das reicht vom Herz über die Augen bis hin zu fast allen anderen Organen. Wenn sich auf der Haut Symptome zeigen, kann das wichtige Informationen für die eigene Dia­gnostik liefern – indem man von außen nach innen schließen kann. Deswegen ist es essenziell, dass auch ein Nicht-Dermatologe bestimmte dermatologische Zeichen erkennen kann, um näher auf eine mögliche innere Symptomatik oder Problematik zu schließen. So kann es beispielsweise sein, dass eine Candida-Entzündung aufgrund von Hautsymptomen entdeckt wird und letztendlich einen wichtigen Hinweis liefert, um einen bisher nicht erkannten Diabetes mellitus zu diagnostizieren. Vergleichbare Fallkonstellationen gibt es unter anderem auch bei Nieren- oder Lungenerkrankungen im Zusammenhang mit dem Symptom Juckreiz – oder bei Augen­erkrankungen, die dermatologisch sichtbar werden, zum Beispiel in Form der Rosazea.“

Infektiöse, entzündliche und Autoimmunerkrankungen, Hauttumore sowie klima- und umweltbedingte Hauterkrankungen und vieles mehr: Wie behält man den Überblick?
Allgemeinmediziner kommen in der Ausbildung meist nicht intensiv mit dermatologischen Fragestellungen in Kontakt. Es kann daher schwierig sein, die dermatologischen Entwicklungen bei den therapeutischen Möglichkeiten, die über Antibiotika oder Kortikosteroide hinausgehen, im Blick zu behalten. Beispielhaft zu nennen ist hier die fortschreitende Entwicklung bei den Biologika, die für die Therapie häufiger Hautkrankheiten extrem wichtig sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn solche Patienten in der eigenen Hausarztpraxis nicht an der Tagesordnung sind. Neue Medikamente in diesem Bereich sind außerdem oft kostenintensiv, es gilt also, mit Verordnungen mit Bedacht umzugehen. Der Allgemeinarzt in der Niederlassung hat dabei nicht die Möglichkeit, solche Patientenfälle wie in einem größeren Klinikum mit verschiedenen Fachabteilungen zu besprechen und sich so auf den neuesten Stand zu bringen.
Gerade bei der Atopischen Dermatitis tut sich aktuell viel. Auch bei Schuppenflechte gab es in letzter Zeit viele therapeutische Neuerungen. Hautkrebs, die Auswirkungen von UV-Bestrahlung sowie die Prävention und Hautkrebserkrankungen sind ebenfalls ein wichtiges Thema: Bei der Vergütung des Hautkrebs-Screenings durch die gesetzliche Krankenversicherung gibt es zwischen Deutschland und Österreich immer noch erhebliche Unterschiede. In beiden Ländern ist das Hautkrebsscreening eine Leistung der gesetzlichen Krebsfrüherkennung. In Österreich werden 60 Euro vergütet, in Deutschland 24 Euro. Auf der DERM alpin im Oktober wollen wir uns diesem Thema in einer Diskussionsrunde widmen.


Dr. med. Johannes Neuhofer, 
niedergelassener Dermatologie 
in Linz/Österreich, rief vor fünf ­Jahren gemeinsam mit Prof. Klaus Fritz, Dermatologe in ­Landau in der Pfalz den über­regionalen ­Kongress DERM alpin ins Leben, der jedes Jahr in ­Salzburg ­stattfindet.



Sie sprechen den DERM alpin Kongress in ­Salzburg vom 17. bis 19. Oktober an, den Sie mitveranstalten. Lohnt sich die Teilnahme für einen Arzt aus Deutschland?
Bei der Auswahl von Themen und Referenten legen wir stets großen Wert darauf, dass die Inhalte sowohl für die Kolleginnen und Kollegen in Österreich als auch für die Teilnehmenden aus Deutschland und zum Beispiel der Schweiz spannend sind. Wir erwarten auch dieses Jahr im Oktober in Salzburg erneut zahlreiche Kollegen aus anderen Fachbereichen wie Allgemeinmedizin, Chirurgie, Infektiologie, Onkologie etc. Der Wunsch nach einem aktiven fächerübergreifenden Austausch hat meinen Kollegen Prof. Klaus Fritz aus Deutschland und mich ja vor fünf Jahren dazu motiviert, diese Veranstaltung ins Leben zu rufen. Ich persönlich finde es jedes Jahr etwas ganz Besonderes, zusammen mit den anderen Teilnehmern fachliche Grenzen überschreiten zu dürfen – auch im Rahmen der lebhaften Diskussionen mit Kollegen zum Beispiel aus Deutschland.

Interview: Sabine Mack

Abb.: Pixel Shot – stock.adobe.com

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