Mit 212 Ja- und 19 Nein-Stimmen sowie acht Enthaltungen sorgten die Delegierten des 129. Deutschen Ärztetags in Leipzig mit überwältigender Mehrheit für die Einführung der neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Aus allgemeinärztlicher Sicht wird vor allem die Stärkung der Beziehungsmedizin begrüßt.
Im Vorfeld des Ärztetags hatten vor allem fachärztliche Verbände die neue GOÄ bekämpft und viel Stimmung gemacht. Rund 50 Wortmeldungen zeigten großen Gesprächsbedarf zum Thema an. Am Ende ging es trotzdem schnell und sehr glatt. Die Bundesärztekammer und der Verband der privaten Krankenversicherer werden die neue GOÄ nun an das Bundesgesundheitsministerium weiterreichen und um eine Rechtsverordnung bitten. Die Klarheit und Geschlossenheit des Votums wird die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken unter Druck setzen, zumal sie sich ja bereits in Leipzig positiv zur GOÄneu geäußert hat. Eigentlich bleibt ihr kaum etwas Anderes als die GOÄ zu genehmigen – eigentlich …
Hausärzteverband lobt richtige
Entscheidung des Ärztetags
Eine richtige Entscheidung sehen die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier, in dem Votum: „Damit ist klar: Die Ärzteschaft steht hinter der GOÄ-Reform! Nach Jahrzehnten des Verhandelns ist das ein wirklicher Durchbruch. Die Bundesärztekammer mit Dr. Klaus Reinhardt an der Spitze hat gute Arbeit geleistet und den Reformprozess über Jahre hinweg geduldig und transparent vorangetrieben. Mit der neuen GOÄ würde nicht nur die Zuwendungsmedizin endlich vernünftig vergütet werden, sie würde auch für Transparenz und Rechtssicherheit sorgen. Die aktuelle Situation, bei der häufig weder die Patientinnen und Patienten noch die Kolleginnen und Kollegen nachvollziehen können, was warum wie abgerechnet werden muss, ist nicht länger hinnehmbar. Jetzt ist das Bundesgesundheitsministerium am Zug. Ärzteschaft und PKV haben geliefert und wie verlangt einen guten Kompromiss vorgelegt. Es gibt jetzt keine Ausreden mehr. Das Bundesgesundheitsministerium muss die GOÄ nun zeitnah erlassen – und zwar besser heute als morgen.“ In Leipzig trat auch Prof. Buhlinger-Göpfarth ans Rednerpult und stellte fest: „Das Wort, das Gespräch, die Beziehungsmedizin – das droht in den Hintergrund zu geraten.“ Die Allgemeinärztin freute sich über eine neue Gewichtung im Gesundheitssystem und sah gar eine „Renaissance des ärztlichen Selbstverständnisses“ am Horizont.
Die aktuelle Fassung der GOÄ stammt im Wesentlichen aus dem Jahr 1982 und wurde 1996 in Teilen novelliert. Private Krankenversicherung (PKV), Bundesärztekammer (BÄK) und Beihilfe hatten sich im letzten Jahr auf einen Entwurf für eine Reform der GOÄ geeinigt. Profitieren werden die Ärztinnen und Ärzte, die sich für ihre Patientinnen und Patienten und eine hochwertige, vertrauensvolle Kommunikation Zeit nehmen – von der Symptomabfrage über die Aufklärung der Diagnose bis hin zur Therapiebesprechung. „Nach jahrelanger Unterbewertung wäre das ein entscheidender Fortschritt für die sprechende Medizin“, so Buhlinger-Göpfarth. „Auch die intensive Betreuung unserer Patientinnen und Patienten, insbesondere auch derer mit mehreren chronischen Erkrankungen, wird in der neuen GOÄ endlich aufgewertet. Damit erweitert die Privatmedizin ihren Fokus und blickt neben der Gerätemedizin auch auf die zeitintensive Betreuung der Menschen.“
Neue GOÄ räumt mit „bürokratischem Overkill“ auf
Dr. Beier begrüßt das Ende einer überkomplexen und intransparenten alten Gebührenordnung. Für einen ganz normalen Versorgungsprozess müssten heute unzählige Ziffern aneinandergereiht werden. „Mit diesem bürokratischen Overkill räumt der neue GOÄ-Entwurf auf. Damit können sinnvolle Leistungen, wie etwa mehrere Impfungen während eines einzelnen Termins, endlich in einem Rutsch vorgenommen werden. Das wird unsere Praxen deutlich entlasten!“
Autor: Franz-Günter Runkel
Bildquelle:© Bundesärztekammer/Pressestelle



