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Leucin – Schlüssel zur mitochondrialen Energieproduktion

Schiefertafel mit der chemischen Formel von Leucin

Quelle: © Zerbor – stock.adobe.com

Leucin – Schlüssel zur mitochondrialen Energieproduktion

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mgo medizin Redaktion

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Erschienen in: diabetes heute

Aktuelle Forschung der Universität zu Köln zeigt, wie die Aminosäure Leucin die Zellenergie steigert und eröffnet neue Perspektiven für die Behandlung von Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes.

Mitochondrien sind die Kraftwerke unserer Zellen und spielen eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel. Um den wechselnden Energiebedarf zu decken, passen sie ihre Funktion flexibel an die verfügbaren Nährstoffe an. Bisher war jedoch unklar, wie einzelne Nährstoffe diese Anpassung konkret steuern.

Neue Erkenntnisse: Leucin als Regulator der Mitochondrienfunktion

Ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Thorsten Hoppe (Institut für Genetik und Exzellenzcluster CECAD, Universität zu Köln) hat einen neuen Mechanismus entdeckt, über den die essentielle Aminosäure Leucin die Funktion der Mitochondrien verbessert.

Leucin, das über die Nahrung aufgenommen werden muss und vor allem in eiweißreichen Lebensmitteln wie Milchprodukten, Fleisch und Hülsenfrüchten vorkommt, stabilisiert wichtige Proteine auf der äußeren Mitochondrienmembran. Diese Proteine sind entscheidend für den Import von Stoffwechselmolekülen in die Mitochondrien und somit für die Energieproduktion der Zelle.

Die Forschenden fanden heraus, dass Leucin den Abbau dieser Proteine verhindert, indem es das Qualitätskontrollprotein SEL1L herunterreguliert. SEL1L erkennt normalerweise beschädigte oder fehlgefaltete Proteine und leitet deren Abbau ein. Durch die Hemmung von SEL1L bleibt die Anzahl funktionsfähiger Membranproteine erhalten, was die Effizienz der Energieproduktion steigert.

Erkenntnisse aus der Originalpublikation

Die Studie, veröffentlicht in „Nature Cell Biology“, beschreibt einen konservierten, nährstoffabhängigen Mechanismus: Leucin hemmt den ubiquitinabhängigen Abbau der äußeren Mitochondrienmembranproteine. Dies führt zu einer Erweiterung der mitochondrialen Proteinzusammensetzung und einer verbesserten metabolischen Atmung.

Ein Mangel an SEL1L hat ähnliche Effekte wie Leucin: Die Menge der Membranproteine und die mitochondriale Atmung steigen. Störungen im Leucinabbau oder im Proteinumsatz der äußeren Mitochondrienmembran führen zu Funktionsstörungen der Mitochondrien und können sogar die Fruchtbarkeit beeinträchtigen – wie im Modellorganismus Caenorhabditis elegans gezeigt wurde. In menschlichen Lungenkrebszellen machten entsprechende Mutationen die Zellen widerstandsfähiger gegenüber der Hemmung des Proteinimports.

Relevanz für die Diabetologie

Für Diabetologinnen und Diabetologen ist diese Entdeckung besonders spannend:

  • Energiestoffwechsel und Insulinsensitivität:
    Eine effiziente mitochondriale Funktion ist essenziell für die Glukoseaufnahme und -verwertung. Leucin könnte die Insulinwirkung positiv beeinflussen, indem es die Energieproduktion in den Zellen verbessert.
  • Therapeutische Ansätze:
    Die gezielte Modulation von Leucin und SEL1L eröffnet neue Möglichkeiten zur Behandlung von Stoffwechselstörungen. Eine proteinreiche Ernährung könnte – im Rahmen einer ausgewogenen Diät – die mitochondriale Funktion unterstützen.
  • Risiken und Ausblick:
    Da SEL1L auch die Anhäufung geschädigter Proteine verhindert, sollte die Modulation dieses Proteins mit Bedacht erfolgen. Weitere Studien sind notwendig, um die praktische Umsetzung und die langfristigen Auswirkungen zu klären.

Praktische Empfehlungen

  • Ernährungsberatung:
    Menschen mit Diabetes profitieren von einer ausgewogenen, eiweißreichen Ernährung, die ausreichend Leucin enthält. Gute Quellen sind Milchprodukte, Fleisch, Hülsenfrüchte und Nüsse.
  • Individualisierte Therapie:
    Die neuen Erkenntnisse unterstützen den Trend zur personalisierten Ernährungstherapie bei Diabetes.

Fazit

Leucin beeinflusst nicht nur die Energieversorgung, sondern auch die Effizienz der Energieproduktion in den Zellen. Die Forschung der Universität zu Köln liefert wichtige Ansätze, wie Ernährung und gezielte Therapien zur Verbesserung des Energiestoffwechsels bei Diabetes beitragen können.

Quelle: Universität zu Köln (Köln, 31. Oktober 2025). Von der Nahrung zum Kraftstoff: Wie Leucin die Energieproduktion steigert [Pressemitteilung].

Originalpublikation: Li Q, Weiss K, Niwa F, Riemer J, Hoppe T. Leucine inhibits degradation of outer mitochondrial membrane proteins to adapt mitochondrial respiration. Nat Cell Biol. 2025 Nov;27(11):1889-1901. doi: 10.1038/s41556-025-01799-3. Epub 2025 Oct 31. [Paper]

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