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Fortschritte und Herausforderungen bei Typ-1-Diabetes im Kindesalter

junges Mädchen mit Diabetes-Equipment sitzt auf ihrem Bett im Kinderzimmer

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Fortschritte und Herausforderungen bei Typ-1-Diabetes im Kindesalter

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Diabetes bei Kindern und Jugendlichen

mgo medizin Redaktion

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Erschienen in: diabetes heute

Im Rahmen der Vorab-Pressekonferenz zur DDG-Herbsttagung 2025 präsentierte Prof. Dr. Beate Karges, Kinderdiabetologin am Bethlehem Gesundheitszentrum Stolberg und Vorstandsmitglied der Deutschen Diabetes Gesellschaft, aktuelle Entwicklungen in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in Deutschland. Der Fokus lag auf den erzielten Fortschritten durch moderne Diabetestechnologien, bestehenden Versorgungslücken sowie den gesundheitspolitischen Forderungen für eine bessere Betreuung dieser Patientengruppe.

Die Einführung moderner Diabetestechnologien wie kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) und automatisierter Insulinabgabesysteme (AID) hat die Behandlung in den letzten Jahren deutlich verbessert. Mittlerweile nutzen etwa 50 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen AID-Systeme. Dadurch ist die Behandlung effektiver und sicherer geworden: So erreichen inzwischen rund 40 Prozent der jungen Patientinnen und Patienten den Zielbereich der Glukosewerte (TIR), während die Rate schwerer Komplikationen von 15 auf 3 Prozent gesunken ist.

Trotz dieser positiven Entwicklung bestehen weiterhin erhebliche Versorgungslücken. Die Zahl der Neuerkrankungen bei Typ-1-Diabetes steigt jährlich um etwa 2,9 Prozent. Prof. Karges erklärte dazu auf Nachfrage von Stephanie Balz, dass diese Zunahme „nicht linear, sondern wellenartig, schwankt, dynamisch“ verlaufe. Während der Pandemie sei ein deutlicher Anstieg zu beobachten gewesen, was nicht nur durch das Infektionsgeschehen selbst, sondern auch durch begleitende Maßnahmen wie „Lockdown, Isolation, verstärkte Hygiene, veränderte Ernährungsgewohnheiten, weniger Bewegung und erhöhten Stress“ zu erklären sei. Nach der Pandemie habe sich die Inzidenz wieder rückläufig entwickelt. Am Beispiel Finnlands, das weltweit die höchste Inzidenzrate aufweist, zeigte Prof. Karges, dass „Lebensstil- und Lebensumfeld-Änderungen“ über Generationen hinweg eine Rolle spielen und die „Veränderung der Gesamtbevölkerung“ widerspiegeln. Die genaue Entstehung von Typ-1-Diabetes sei jedoch noch nicht abschließend verstanden: „Die Pathogenese ist verstanden, aber die Ätiologie (Krankheitsentstehung) ist noch nicht abschließend geklärt.“

Ein weiteres aktuelles Thema ist die Gewichtszunahme bei Kindern mit Typ-1-Diabetes. Der Anteil adipöser Kinder in dieser Gruppe ist von 1 auf 5 Prozent gestiegen. Auf Nachfrage von diabetes heute, warum dieser Anstieg trotz intensiver Schulungsprogramme für betroffene Familie zu Ernährung und Bewegung zu beobachten sei. Prof. Karges machte deutlich, dass die Zunahme der Adipositas „die Veränderung der Gesamtbevölkerung abbildet – es ist also ein gesamtgesellschaftliches Problem.“ Sie wies darauf hin, dass Adipositas und Rauchen bei Typ-1-Diabetes als Risikofaktoren für kardiovaskuläre Komorbiditäten zu sehen sind und Prävention daher besonders wichtig sei. Die Nutzung moderner Diabetestechnologie bringe zwar eine deutliche Erleichterung im Alltag, vor allem nachts, führe aber laut der Expertin mitunter auch dazu, dass Jugendlichen denken sie können endlich wieder „alles essen“. Die Lebensqualität verbessere sich dadurch, aber das zeigt, dass die Schulungsinhalte zu gesunder Ernährung und Bewegung weiter angepasst werden, um einer Gewichtszunahme vorzubeugen. Das betrifft aber nicht nur Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes, macht Prof. Karges deutlich.

Zur Versorgungssituation betonte die Kinderdiabetologin, dass sowohl die ambulante als auch die stationäre Betreuung unterfinanziert sei. Die Therapie bei Kindern und Jugendlichen erfordere einen hohen Personaleinsatz, eine altersgerechte, personalisierte Herangehensweise und die Berücksichtigung spezifischer Komorbiditäten. Zudem sei die flächendeckende Etablierung von Schulgesundheitsfachkräften notwendig, um Themen wie Ernährung, Bewegung und die praktische Unterstützung im Schulalltag zu vermitteln. Auch die Qualitätssicherung – etwa durch Monitoring und Evaluation von Therapieergebnissen sowie Versorgungsforschung – müsse weiter gestärkt werden, um Fortschritte sichtbar zu machen und Versorgungslücken zu schließen.

Im Bereich der Digitalisierung sieht Prof. Karges großes Potenzial, um Prävention und Therapie bei jungen Menschen zu unterstützen. Sie verwies darauf, dass „Betreuung über Telemedizin“ und „Gesundheits-Apps zur Berechnung der Kohlenhydrate“ gerade für Kinder und Jugendliche im Schulalltag einen großen Vorteil darstellen.

Auch genetische Aspekte wurden thematisiert. Auf Nachfrage von Helga Uphoff vom Diabetes-Portal DiabSite erklärte Prof. Karges, dass es „keine Inzidenz-Zunahme bei Nachkommen von Diabetikern“ gebe. Grundsätzlich sei das Risiko für Kinder etwas höher, wenn der Vater betroffen ist, aber dies habe keinen wesentlichen Einfluss auf die Dynamik der Inzidenz, da „Reproduktionsfähigkeit im jungen Lebensalter schon immer gegeben war“.

Abschließend betonte Prof. Karges folgende zentrale Forderungen für eine bessere Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes:

  • Die ambulante und stationäre Versorgung muss besser finanziert werden, um den hohen Personal- und Betreuungsaufwand abdecken zu können.
  • Es braucht eine flächendeckende Etablierung von Schulgesundheitsfachkräften, die Ernährung, Bewegung und praktische Unterstützung im Schulalltag vermitteln.
  • Die kontinuierliche Qualitätssicherung durch Monitoring, Evaluation und Versorgungsforschung muss weiter gestärkt werden, um den Therapieerfolg langfristig zu sichern.

Quelle: Pressemappe Vorab-Pressekonferenz der 19. Diabetes Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Statement von Prof. Dr. med. Beate Karges, 28. Oktober 2025, Seiten 9–10.

Literatur:

  • Holl RW, Karges B, Neu A. Therapieergebnisse bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes: Was haben wir in den letzten 30 Jahren erreicht? Kinder- und Jugendmedizin25(4):205-208, 2025
  • Robert Koch Institut Diabetes Surveillance
  • Karges B, Knip M. The Lancet Diabetes & Endocrinology, 13(1):6-7, 2025
  • Pressemitteilung „Pädiatrische Verbände fordern zügige Implementierung des DMPAdipositas für Kinder und Jugendliche“, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizinvom 17.07.2025
  • Statement der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG zu Änderungen der Verfügbarkeit vonInsulinen ab 2025, Oktober 2024
  • Karges B et al. The Lancet Diabetes & Endocrinology, 13(2):88-96, 2025
  • Pressemitteilung „Wenn Jugendliche erwachsen werden“, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin vom 17.07.2025
  • Pressemitteilung „Schulgesundheitspflege in Deutschland – massiver Nachholbedarf“,Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin vom 17.07.2025
  • WHO Global Action Plan on Physical Activity 2018–2030
  • S3-Leitlinie Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter, DDG 2023, S3-Leitlinie Diagnostik,Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter. Version 4: https://register.awmf.org/assets/guidelines/057-016l_S3_Diagnostik-Therapie-Verlaufskontrolle-Diabetes-mellitus-Kinder-Jugendliche_2023-11.pdf
  • Gregg EW et al. Diabetes Care 46(7):1316-1326, 2023

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