Der diesjährige Nobelpreis für Medizin geht an Mary Brunkow, Fred Ramsdell und Shimon Sakaguchi. Die drei Wissenschaftler werden ausgezeichnet für die Erforschung der regulatorischen T-Zellen, die u.a. für die Krebsmedizin von großer Bedeutung sind.
Mary Brunkow wurde nachts durch einen Anruf mit schwedischer Nummer aus dem Schlaf gerissen. „Das ist doch nur Spam“, dachte sie, drehte sich um und schlief weiter. Doch sie hatte sich geirrt: Es war kein Spam, es war das Nobelkomitee.
Zusammen mit dem Japaner Shimon Sakaguchi und ihrem US-amerikanischen Kollegen Fred Ramsdell wird Mary Brunkow für die Erforschung der peripheren Immuntoleranz geehrt.
Entdeckung der peripheren Immuntoleranz
Im Jahr 1995 beschrieb der Japaner Shimon Sakaguchi im „Journal of Immunology“ erstmals die regulatorischen T-Zellen (Treg) als bis dato unbekannte Truppe von Immunzellen. Er war dem Phänomen der peripheren Immuntoleranz schon länger auf der Spur, aber erst die Arbeiten von Brunkow und Ramsdell lieferten einen Puzzlestein, der das Bild komplettierte. Die US-Amerikaner hatten das Foxxp3-Gen entdeckt, das grundlegend ist für eine schwere seltene Autoimmunstörung. Sakaguchi vermutete einen Zusammenhang zu seinen Forschungsergebnissen und sollte recht behalten, denn das Foxp3-Gen steuert die Entwicklung regulatorischer T-Zellen.
Regulatorische T-Zellen, die zu den T-Helferzellen gehören, drosseln die Aktivität immunologischer Effektorzellen. Sie sind ganz entscheidend für die Fähigkeit des Organismus, potenziell gefährliche Zellen anzugreifen, gesunde Körperzellen aber unbehelligt zu lassen. Gefährder dringen entweder in Form von Bakterien und anderen Erregern von außen ein, sie können aber auch durch maligne Entartung von Zellen im Körper entstehen. Gesunde Zellen ebenso wie maligne und infizierte Zellen weisen sich durch bestimmte Antigene auf ihrer Oberfläche aus und können so von den Immunzellen identifiziert werden. Anhand der Antigene treffen die Immunzellen die Entscheidung, ob sie angreifen oder nicht.
Tumorzellen locken regulatorische T-Zellen an
Regulatorische T-Zellen unterdrücken die Aktivität von Effektorzellen gegen normale Körperzellen. Fehlfunktionen der Treg können zu Autoimmunphänomenen führen. Aber auch bei Krebserkrankungen spielen Treg eine zentrale Rolle. Sie modulieren die Aktivität zytotoxischer T-Zellen, die dafür zuständig sind, maligne Zellen zu zerstören. Wie man heute weiß, infiltrieren nicht nur zytotoxische, sondern auch regulatorische T-Zellen das Tumorgewebe. Entscheidend für den Erfolg der Tumorabwehr ist das Verhältnis dieser beiden Fraktionen.
Krebszellen, die bekanntlich erfinderisch sind, besitzen die Fähigkeit, regulatorische T-Zellen für ihre Zwecke zu manipulieren. Sie produzieren Botenstoffe, mit denen sie Treg ins Tumorgewebe locken. Auf diese Weise regulieren sie die Aktivität der zytotoxischen T-Zellen herunter und entziehen sich so dem Zugriff der Immunsystems.
Damit werden regulatorische T-Zellen zu einer interessanten Zielstruktur innovativer Immuntherapien gegen Krebs. Die molekularen Mechanismen, die zur Unterdrückung der Effektorzellen führen, werden intensiv erforscht. Wirkstoffe, die darauf abzielen, regulatorische T-Zellen zu blockieren, befinden sich in der Entwicklung.
Quellen:
- Pressemitteilung der Nobel Foundation vom 6. Oktober 2025
- Pressemitteilung der Forschenden Pharmaunternehmen vfa vom 6. Oktober 2025
- Sakaguchi S et al: Regulatory T cells and immune tolerance. Cell 2008; 133:775 – 87.
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