Die im November 2025 vom Bundestag beschlossenen Budgetkürzungen zur Stabilisierung der GKV-Beiträge bedeuten laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) eine erhebliche zusätzliche Belastung für die Krankenhäuser in einer Phase der Unsicherheit durch die Krankenhausreform. Die Maßnahmen würden sich negativ auf die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung auswirken. Dies gelte auch für die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
In der Anhörung des Gesundheitsausschusses am 03.11.2025 hatte die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) deutliche Worte gefunden: Das Sparpaket könnte bereits Ende 2026 zu einer Finanzierungslücke von knapp 6 Milliarden Euro bei den Kliniken führen, so dass diese dann zunehmend gezwungen sein würden, sich von defizitären Bereichen zu trennen.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) ist der Auffassung, dass die beschlossenen Einsparungen die Versorgungsqualität beeinträchtigen werden und warnt zugleich davor, die derzeit schon prekäre Situation der psychiatrischen Kliniken weiter zu verschärfen.
„Die psychiatrische Versorgung braucht einen intelligenten und flexiblen Einsatz von Ressourcen – und keine Kürzungen! Leider haben die Argumente von Expertinnen und Experten aus Fachgesellschaften und Gremien den heutigen Beschluss nicht verhindern können.“
– Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN
Kliniken stehen wirtschaftlich schlecht dar
Die Budgetkürzungen seien alles andere als die von den Kliniken benötigte Verlässlichkeit und Planbarkeit, um den Herausforderungen der Krankenhausreform begegnen zu können. Schon jetzt bewerten mehr als 72 % der bundesdeutschen psychiatrischen Kliniken an Allgemeinkrankenhäusern ihre wirtschaftliche Lage als eher mäßig bis schlecht. Weitere Kürzungen würden diese Situation noch verschärfen und zu einer Einschränkung des psychiatrischen stationären Leistungsangebotes führen. Zugleich könnten diese Kürzungen dazu beitragen, das psychiatrische Versorgungs-Gefälle zwischen Stadt und Land und zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen weiter zu vertiefen.
Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL)
Die seit 2020 in den Krankenhäusern geltende Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) hat Untergrenzen für die Personalausstattung definiert. Kliniken, welche sie – auch nur temporär und in einzelnen Berufsgruppen – nicht einhalten können, müssen mit drastischen Strafzahlungen rechnen. Alleine diese werden in vielen Kliniken eine Abwärtsspirale auslösen: Bettenabbau, Stilllegung innovativer Angebote, Motivationsverlust der Mitarbeitenden – bis hin zur Schließung ganzer Kliniken. Sanktionen sind aus Sicht der DGPPN definitiv kontraproduktiv. Es wäre stattdessen angeraten, alternative sektorenübergreifende und flexible Modelle – idealerweise mit Globalbudgets – zu implementieren, die den Kliniken dabei helfen können, das vorhandene Personal bedarfsadaptiert effizienter einsetzen zu können. Solche Modelle nach § 64b SGB V wurden bereits in vielen Bundesländern erprobt und erfolgreich evaluiert, so dass sie in die Routineversorgung implementiert werden könnten.
Kürzungen der Innovationsfonds
Gerade an der Erprobung innovativer, sektorenübergreifender neuer Versorgungsformen und Vorhaben der patientennahen Versorgungsforschung werden massive Kürzungen vorgenommen. Nicht nur die aktuelle, sondern auch die zukünftige Versorgung würde somit gefährdet. Denn die beschlossene Halbierung der Mittel des Innovationsfonds von 200 auf 100 Millionen Euro sei „ein Schlag ins Gesicht der Forschung“. Die Mittelkürzungen fallen mit der Meldung zusammen, dass 2025 mit 268 Projekten eine Rekordzahl an Förderanträgen eingegangen ist.
„Ohne Forschung keine Zukunft. Wer den Innovationsfonds halbiert, kappt die Versorgung von morgen.“
– Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Past President der DGPPN
Versorgungsqualität steht auf dem Spiel
Im Blick auf die Versorgungssicherheit und Qualität im stationären Setting der Kliniken würden sich die Kürzungen im Zusammenspiel mit der Umsetzung der PPP-RL katastrophal auswirken. „Im Sinne der Patientinnen und Patienten ist nun der Gesetzgeber gefordert: Er sollte dafür sorgen, dass die Kürzungen nicht zu einer dauerhaften Absenkung der Mittel führen und gleichzeitig die PPP-RL-Sanktionen aussetzen. Auch sollte der Orientierungswert, der die Pflegepersonalkosten entwickelt, für die psychiatrischen Einrichtungen auf 3,26 % statt 2,98 % angesetzt werden, da sie – anders als die somatischen Kliniken – kein gesichertes Pflegebudget haben. Zugleich brauchen wir bessere Rahmenbedingungen: Mit der flächendeckenden Etablierung von Globalbudgets können wir kostenneutral bessere und flexiblere Behandlungen anbieten“, so die DGPPN-Präsidentin Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank.
„Wir können es uns als Gesellschaft nicht erlauben, die psychiatrische Versorgungsqualität aufs Spiel zu setzen!“



