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Anorexia nervosa: Gewichtszunahme verändert Epigenetik nicht

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Anorexia nervosa: Gewichtszunahme verändert Epigenetik nicht

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Erschienen in: neuro aktuell

Es wird schon lange vermutet, dass epigenetische Mechanismen bei der Essstörung Anorexia nervosa eine große Rolle spielen könnten. Eine aktuelle Studie des Instituts für geschlechtersensible Medizin der Universität Duisburg-Essen kommt nun zu einem überraschenden Ergebnis. Obwohl Menschen mit Anorexia nervosa während einer stationären Therapie innerhalb weniger Monate stark an Gewicht zunehmen, zeigen sich keine einheitlichen Veränderungen in ihren DNA-Methylierungsmustern. Damit widerspricht diese kürzlich in Scientific Reports veröffentlichte Untersuchung der Annahme, dass eine Gewichtszunahme unmittelbare epigenetische Effekte auslöst.

Auch an einem bereits häufiger untersuchten Kandidatengen (NR1H3-Gen), das in früheren Arbeiten widersprüchliche Ergebnisse gezeigt hatte, konnten keine Methylierungsveränderungen gezeigt werden.

Die Essstörung Anorexia nervosa ist eine schwerwiegende psychische Erkrankung. Das stark reduzierte Körpergewicht der Patientinnen und Patienten wird häufig durch ein restriktives Essverhalten aufrechterhalten. Neben psychologischen und sozialen Faktoren spielt auch die Biologie eine Rolle. Während über den Einfluss der genetischen Veranlagungen inzwischen Vieles bekannt ist, ist unklar, welchen Anteil epigenetische Prozesse haben.

Epigenetik als Schlüsselmechanismus

Unter der Epigenetik versteht man Veränderungen in der Genregulation, die nicht die DNA-Sequenz selbst betreffen, sondern durch chemische Modifikationen, wie die DNA-Methylierung, gesteuert werden. Solche Prozesse beeinflussen, welche Gene aktiv sind und welche nicht. Da die Epigenetik potenziell durch Umweltfaktoren, wie Stress oder auch Ernährung beeinflusst wird, gilt sie als Schlüsselmechanismus, um äußere Einflüsse auf Krankheiten zu erklären. Auch in der Regulation des Körpergewichts wird der Epigenetik eine relevante Rolle zugesprochen. „Wenn das Körpergewicht tatsächlich einen Einfluss hat, dann sollten gerade in stationär behandelten Menschen mit Anorexia nervosa klare Veränderungen nachweisbar sein. Einen solchen Effekt haben wir jedoch nicht beobachten können“, erklärt Dr. Luisa Rajcsanyi, den Ansatzpunkt des nun veröffentlichten Forschungsprojekts. Sie ist gemeinsam mit Dr. Miriam Kesselmeier aus Jena Erstautorin der Studie.

Kein einheitliches Muster bei den Teilnehmenden

Besonders interessierten sich die Forschenden für das NR1H3-Gen, das in früheren Studien widersprüchliche Befunde geliefert hatte. Während eine Untersuchung aus dem Jahr 2015 eine erhöhte Methylierung an diesem Gen festgestellt hat, zeigte eine Essener Studie von 2018 eher eine Reduktion. Im aktuellen, deutlich größeren Kollektiv mit 189 Erkrankten und 67 gesunden Kontrollpersonen ließ sich keiner dieser Befunde bestätigen. Auch bei drei Personen, die zu Beginn und zum Ende ihres stationären Aufenthalts untersucht wurden, blieben die Methylierungsmuster trotz deutlicher Gewichtszunahme stabil. „Was wir gesehen haben, waren starke interindividuelle Unterschiede zwischen den Patientinnen und Patienten“, sagt Prof. Anke Hinney, Leiterin der Sektion für Molekulargenetik Psychischer Störungen am LVR-Universitätsklinikum Essen und Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Geschlechtersensible Medizin am Universitätsklinikum Essen. „Jede Einzelne zeigte keine relevanten Veränderungen zwischen Aufnahme und Entlassung. Und auch bei der Betrachtung aller Teilnehmenden fand sich kein einheitliches Muster.“

DNA-Methylierung vermutlich nicht zentral

Die Forschenden schlussfolgern daraus, dass die DNA-Methylierung kurzfristig wahrscheinlich keine zentrale Rolle bei der Regulation des Körpergewichts spielt. Denkbar sei, dass Veränderungen entweder sehr subtil sind und somit mit der kleinen Stichprobe nicht nachweisbar waren oder erst langfristig sichtbar werden. Zudem variiert die DNA-Methylierung je nach Zelltyp, sodass andere Gewebe möglicherweise andere Ergebnisse zeigen könnten.
Dennoch trägt die Studie die Forschenden dazu bei, ein differenziertes Bild von den biologischen Grundlagen der Essstörung zu gewinnen und verdeutlichen zugleich die Grenzen aktueller epigenetischer Erklärungsansätze.

Quelle: Pressemeldung Universitätsklinikum Essen (idw, 25.9.25)

Zur Originalpublikation kommen Sie hier.

Bilderquelle: Sidewaypics – stock.adobe.com

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