Der BvDU-Landesvorsitzende Dr. Markus Schöne und Klinik-Chefarzt Prof. Markus Müller leiten die DGU-Arbeitsgemeinschaft „Sektorenübergreifende fachärztliche urologische Versorgung“. Sie machen Tempo, weil die Zeit drängt. Eine zunehmend unwirtschaftliche ambulante Grundversorgung und eine derzeit gleichfalls unwirtschaftliche ambulante Operationstätigkeit von Kliniken kommen zusammen. Beide Seiten versuchen, das Heft des Handelns zu ergreifen.
Auf der 65. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie im Pfalzbau Ludwigshafen ging es im Symposium des Berufsverbands der Deutschen Urologie um die Zukunft der ambulanten Urologie. Die einzige belastbare Zukunftsperspektive ist das ambulante bzw. sektorenübergreifende Operieren auf der Basis von Hybrid-DRGs. Aber: Erfolg oder Scheitern des Konzeptes werden von der adäquaten Finanzierung ambulanter OP-Zentren abhängen. Aus der Perspektive des niedergelassenen Urologen befasste sich der rheinland-pfälzische BvDU-Landesvorsitzende Dr. Markus Schöne mit den Erfordernissen der ambulanten Urologie, während der Chefarzt der Klinik für Urologie im Klinikum Ludwigshafen, Prof. Markus Müller, die Frage erörterte, wieviel Ambulantisierung für die urologischen Kliniken noch verkraftbar sei.
Klassische Basisversorgung verliert an Relevanz
Dr. Schöne warf einen Blick ins Jahr 2030: „Die Grundversorgung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab wird schwierig, weil die klassische Vorsorge in der Praxis an Relevanz verliert.“ Hintergrund ist der gravierende Umbruch in der Früherkennung des Prostatakarzinoms, die vielleicht schon 2027 keine Privatleistung mehr sein wird und anders strukturiert ist. Dabei bezog sich der niedergelassene Urologe aus Speyer unter anderem auf die neu strukturierten Programme der Früherkennung. Das traditionelle Modell der Früherkennung des Prostatakarzinoms mit digital-rektalem Tasten sowie der Bestimmung des PSA-Werts wird durch ein neues Leitlinien-Konzept der Vorsorge ergänzt bzw. ersetzt. Noch invasiver könnte die Einführung eines Primärarztsystems werden. Die ambulante Urologie müsste sich auf einen Rückgang der GKV-Leistungen in der Basis- und Grundversorgung einstellen. Um diesem Wandel zu begegnen, empfahl der BvDU-Landesvorsitzende eine Spezialisierung des urologischen Angebots.
„Operative Versorgung, onkologische Kompetenz und fachliche Spezialisierung“, betonte Dr. Schöne, „können den wirtschaftlichen Erfolg sichern.“ Hilfreich könne eine höhere Effizienz durch vernetzte Strukturen sein. Im Detail sprach Dr. Schöne größere Einheiten, Kooperationen und sektorenübergreifende Ansätze an. „Moderne Versorgungskonzepte verbessern die Behandlungsqualität. Spezialisierte Angebote schaffen Mehrwert für Patienten“, unterstrich der Facharzt für Urologie. Der Niedergelassene wiederum könne neue Erlösfelder erschließen, Kostenstrukturen optimieren und Synergien aus Kooperationen nutzen.
Fortschreitende Entwertung der EBM-Vergütung
Wie existentiell wichtig eine solche Strukturreform in der ambulanten Urologie ist, verdeutlichte Dr. Schöne an der ungünstigen Entwicklung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Permanent steigende Lohnkosten der medizinischen Fachangestellten, teure Mieten und wachsende Kosten für Energie, Hygiene, IT und Datenschutz erschwerten das Leben des niedergelassenen Urologen. „Auf der anderen Seite“, so Dr. Schöne, „führt die fehlende Dynamisierung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs zu einer realen Entwertung der Leistungsvergütung.“
Zur Dokumentation der wirtschaftlichen Entwicklung nannte Dr. Schöne Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Der Bundesvergleich weist zwischen 2022 und 2023 einen Anstieg des Honorarumsatzes pro Arzt um absolut 8,06 % auf 233.900 Euro aus. Relativ waren es 3,6 %. Der Fallwert je Patient wurde im selben Zeitraum aber nur um 0,59 % (absolut) bzw. 1,1 % (relativ) angehoben. Statistische Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz dokumentieren andererseits die Stagnation in der Facharztgruppe von 2018 bis 2023. Von 2022 bis Ende 2024 schwankte der Fallwert trotz steigender Kosten zwischen 55 und 59 Euro pro Patient, ohne dass ein verlässlicher Anstieg der Einnahmen zu verzeichnen gewesen ist.
Einzelpraxis-Kosten stiegen um 41% an
„Die Ausgaben in Einzelpraxen sind von 2015 bis 2022 um ca. 41 % gestiegen. Bei allen Praxen beträgt der Anstieg im selben Zeitraum rund 37 %. Das tarifliche Jahresbruttogehalt medizinischer Fachangestellten wuchs von etwa 25.900 Euro 2015 auf etwa 34.800 Euro in diesem Jahr an“, berichtete Dr. Schöne. Das bedeute einen Anstieg von rund 34 % in zehn Jahren. Eine Kostenanalyse der GKV-Ausgaben bei zwei Verteilungsmodellen zwischen Kassen- und Privatpatienten dokumentiert die Kostenlast der Praxen. Als Kalkulationsgrundlage einer Kostenrechnung ging der BvDU-Landesvorsitzende von 178 Euro Stundensatz im 70 – 30-Modell (GKV-vs. PKV-Anteil) sowie 190,71 Euro im 70 – 25-Verteilungsmodell aus. Das ist der errechnete Wert, den eine GKV-Praxisstunde im Durchschnitt an Kosten verursacht. Hier sind noch keine Arztkosten enthalten,
die pro Stunde bei 64,93 Euro liegen. Für die Mikrohämaturie einer 60-Jährigen sind dann 12,55 Minuten bzw. 13,40 Minuten verfügbar. Diese Zeiten umfassen den kompletten Patientenkontakt ohne Arzthonorar. Für Krebsvorsorge und BPH-Behandlung eines 55-jährigen Patienten bleiben rund 17 bzw. 18 Minuten übrig. Ein Prostatakarzinompatient hat 62 bzw. 66 Minuten für ein komplettes Quartal und ohne Arztlohn bzw. Gehalt zur Verfügung.

Ambulantes Operieren wird zur Zukunftshoffnung
Unter dem Strich bleibt das das ambulante Operieren als einzige Zukunftsoption niedergelassener Urologen übrig. Allerdings seien erhebliche Investitionen für ambulante OP-Zentren notwendig. „Medizinische Versorgungszentren und Klinik-Praxis-Kooperationen sind Zukunftsmodelle. Dabei werden flexible Arbeitszeitmodelle wichtig“. Sein Fazit: „Alles hängt von ressourceeffizienten Strukturen ab.“
In der nächsten Woche folgt die klinische Sicht auf die Dinge aus der Perspektive von Chefarzt Prof. Markus Müller.
Bis dahin grüßt Sie herzlich
Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum
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