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Gestationsdiabetes nach der Geburt: Neue Wege für eine bessere Nachsorge

Gestationsdiabetes nach der Geburt: Neue Wege für eine bessere Nachsorge

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Diabetes in der Schwangerschaft

mgo medizin

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Erschienen in: diabetes heute

Im Rahmen des DDG-Kongresses 2025 in Berlin diskutierten Dr. med. Friederike Weschenfelder (Universitätsklinikum Jena) und Dr. med. Heinke Adamczewski (Diabetesschwerpunktpraxis Köln) aktuelle Herausforderungen und neue Konzepte zur Nachsorge von Frauen nach Gestationsdiabetes. Direkt im Anschluss an ihren Workshop gaben sie im Interview spannende Einblicke in ihre Erfahrungen und Lösungsansätze.

„Wir schaffen es weiterhin, nur 40 % der Patientinnen trotz optimaler Versorgung und Motivation in der Nachsorge zu sehen.“

Dr. med. Friederike Weschenfelder

Die Gründe sind vielfältig – ein zentrales Thema ist der organisatorische und zeitliche Aufwand, den der klassische orale Glukosetoleranztest (oGTT), der zurzeit in den Leitlinien empfohlen wird, bedeutet. Junge Mütter müssen 4 bis 12 Wochen postpartum um die drei Stunden in der diabetologischen Schwerpunktpraxis verbringen.

Neue Wege: Risikostratifizierung und individualisierte Nachsorge

Die Expertinnen betonen, dass nicht alle Frauen nach Gestationsdiabetes das gleiche Risiko für die Entwicklung eines Diabetes aufweisen. Das Konzept der Risikostratifizierung basiert auf einer umfassenden Analyse von Nachsorgedaten von 5.444 Frauen mit Gestationsdiabetes aus dem deutschen GestDiab-Register. Dabei zeigte sich, dass das Risiko für einen manifesten Diabetes nach der Geburt bei Fehlen bestimmter Risikofaktoren – wie Insulintherapie in der Schwangerschaft, Adipositas, frühe GDM-Diagnose, Alter über 35 Jahre oder hoher 1-Stunden-Wert im oGTT – extrem niedrig ist. Erst ab zwei oder mehr dieser Risikofaktoren steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Diabetesnachweis im oGTT deutlich an. Diese wissenschaftliche Grundlage ermöglicht die Nachsorge gezielt zu individualisieren und den aufwendigen oGTT bei etwa drei Viertel der Frauen einzusparen, ohne relevante Diagnosen zu verpassen. [1]
Bei diesen Frauen mit niedrigem bis mittlerem Risiko reicht es gezielt Laborwerte (Nüchternglukose und HbA1c) zu erfassen. Der aufwendige oGTT kann entfallen – ein kurzer Termin (20 min), zu dem die jungen Mütter nüchtern in der Praxis kommen, genügt.
Die Expertinnen gehen dann von einer deutlich höheren Compliance bei den betrof­fenen Frauen aus.

Viele Frauen schreckt der Aufwand des klassischen oGTT ab – wir müssen neue, praktikablere Wege finden.“

Dr. med. Heinke Adamczewski

Für die Hochrisikopatientinnen bleibt der oGTT essenziell. Hier ist eine besonders intensive Beratung und Betreuung notwendig, um das individuelle Risiko zu vermitteln und die langfristige Nachsorge einzuleiten.

Digitalisierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit als Schlüssel

In dem Workshop stellten die Expertinnen zudem den neu entwickelten Nachsorgepass in Kooperation mit der AG Diabetes und Schwangerschaft der DDG sowie GestDiab vor. Der Pass dient als strukturierte Orientierung für Patientinnen und Praxen und enthält alle relevanten Vorsorgetermine. Er kann einfach heruntergeladen werden (siehe Infokasten).
Eine weitere wichtige Erkenntnis: Das Depressions-Screening nach Gesta­tionsdiabetes wird bislang zu selten durchgeführt, obwohl das Risiko für eine postpartale Depression erhöht ist. Das sei vielen Betroffenen nicht bewusst.
Auch die Nutzung digitaler Tools – etwa Apps oder QR-Codes – kann helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und Patientinnen besser zu erreichen. Gerade für Frauen mit Migrationshin­tergrund bieten solche Lösungen einen niedrigschwelligen Zugang zu der wichtigen Nachsorge.

Vergütung und politische Rahmenbedingungen

Für Patientinnen mit geringem Risiko bietet sich die Verknüpfung der Nachsorge für Gestationsdiabetes mit der postpartalen Kontrolle bei der Gynäkologin oder dem Gynäkologen als interessante Option an.
Ein Hemmnis für die Umsetzung optimaler Nachsorge ist die fehlende Vergütung bestimmter Leistungen, insbesondere des oGTTs. Viele Praxen verzichten aus ökonomischen Gründen auf diese sinnvolle Maßnahme.

„Es braucht mehr politische Unterstützung, damit präventive Maßnahmen wie der oGTT nicht an der Vergütung scheitern.“

Dr. med. Heinke Adamczewski

Hier ist politische Arbeit gefordert, um das Bewusstsein für die Bedeutung präventiver Nachsorge auch bei den Kostenträgern zu stärken.

Tipps für die Praxis

  1. Risikostratifizierung nutzen
    Nicht jede Patientin benötigt den aufwändigen oGTT. Prüfen Sie, ob eine Nachsorge mittels Nüchternblutzucker und HbA1c ausreicht – besonders bei Patientinnen mit niedrigem oder mittlerem Risiko.
  2. Depressions-Screening nicht vergessen
    Erhöhtes Risiko für postpartale Depressionen nach Gestationsdiabetes – ein kurzes Screening sollte fester Bestandteil der Nachsorge sein.
    Nutzen Sie dafür bpsw. den EPDS-Fragenbogen
  3. Digitale und mehrsprachige Angebote einsetzen
    Nutzen Sie Apps, QR-Codes oder digitale Plattformen, um auch nicht-deutschsprachige Patientinnen zu erreichen und die Nachsorge-Teilnahme zu erhöhen.
  4. Nachsorgepass nutzen
    Laden Sie hier den Nachsorgepass als PDF herunter.

Fazit und Ausblick

Die Nachsorge nach Gestationsdia­betes bleibt eine interdisziplinäre Herausforderung. Innovative Ansätze wie die Risikostratifizierung, digitale Tools und strukturierte Nachsorgepässe können die Teilhabe der Patientinnen deut­lich verbessern. Entscheidend bleibt der offene Dialog zwischen Diabeto­login­nen, Gynäkologinnen und anderen beteiligten Fachgruppen – und die kontinuierliche Anpassung der Versorgung an die Bedürfnisse der Patientinnen.

Literatur:
[1] Adamczewski H, Weber D, Klein J, Behling M, Kaltheuner M. Indications for the Postpartum Oral Glucose Tolerance Test—Data From the GestDiab Registry. Dtsch Arztebl Int. 2024 Apr 19;121(8):251–257. doi: 10.3238/arztebl.m2024.0034. [Paper]

Link zum Register zu Diabetes und Schwangerschaft:
https://www.windiab.de/gestdiab/

Bildquelle:© Fachverlage

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